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Deutschland macht dicht (German Edition)

Deutschland macht dicht (German Edition)

Titel: Deutschland macht dicht (German Edition)
Autoren: Dietmar Dath
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weiterkommt.«
    »Aber werden die, die hier die Stellung halten«, gab Vollfenster zu bedenken, »nicht von denen erwischt, die auf dieser Brücke schon unterwegs sind, wie du sagst?«
    »Das«, sagte der Kommunist grimmig, »scheint mit einberechnet zu sein. Wer hier bleibt, soll sich opfern.«
    »Toll. Dafür hab’ ich meinen Servicewagen stehen lassen«, schimpfte der Exteufel, der gleichwohl tapfer schoß und manchmal traf.
    »Es spielt sowieso keine Rolle«, sagte Ohne Titel brüsk. »Wenn wir schaffen, was der Hase vorhat, ist alles wieder wie vorher. Dann seid ihr nie hier gewesen, es wurde nie geschossen und so weiter – egal, ob ihr jetzt draufgeht oder nicht. Und wenn wir es nicht schaffen ...«
    »Dann können alle, die wirklich sterben und nicht endlos wiederkommen, um immer nur dasselbe durchzumachen, wahrscheinlich noch von Glück reden«, führte Vollfenster den Gedanken zu Ende.
    »Also gut. Wer bleibt, wer geht?« fragte die Exnuß. Erst wollte das keiner entscheiden, dann schlugen alle Menschen der Reihe nach sich jeweils selbst vor. Schließlich bellte Ohne Titel in denanschwellenden Schlachtenlärm: »Wenn wir noch lange rummachen, ist unsere Munition alle. Vollfenster schießt, als hätte er das noch nie gemacht.«
    Rosalies Vater verteidigte sich: »Ich hab’ das ja auch noch nie gemacht.«
    »Ja, aber die andern auch nicht, und die schießen besser«, sagte Ohne Titel. »Egal, du, Mandelbaum und der Opa, ihr kommt mit. Du bist nicht kriegstauglich, kennst aber die Monogenis-Soße. Und der Opa hat immerhin ein waches Hirn.«
    Der Kommunist widersprach zornig: »Ich habe diese drei Leute hier angeworben, damit sie den Widerstand organisieren, und nicht, damit sie auf irgendeiner Brücke im Nimmerland die Stellung halten.«
    »Wenn sie auf dieser Brücke im Nimmerland lange genug die Stellung halten, dann ist das der Widerstand«, sagte Ohne Titel.
    Damit war es entschieden.

39.
Fragmentflirren
     
    Der große Knall, mit dem der Kamikäse entzweiging, fuhr Rosalie als gewaltiger Schreck in alle Knochen. So erschüttert war sie auf ihrem Drehstuhl, daß sie ganz vergaß, wie allein sie war. Deshalb sagte sie: »Was war das? Geht jetzt die Welt unter?«
    Als ihr klar wurde, daß niemand, weder Mensch noch Hase, antworten würde, stand sie auf, ging zur Tür, öffnete sie vorsichtig, linste hinaus und fand einen Flimmerschimmer am Ende des Gangs. Es war dasselbe Flirrwallen und Leuchtweben, das vor wenigen Stunden Hilde Pinguin in einer weltenweit entfernten Villa bezaubert hatte.
    Als Rosalie vorsichtig um die Ecke trat, hinter der sie die Quelle des bewegten Glanzes vermutete,hörte sie Hendrik, den sie nicht sah, weil das Gleißen ihn verdeckte, heiser rufen: »Nicht näherkommen! Bleib’ da drüben!«
    »Hendrik? Was ist das? Alles klar bei dir?«
    »Ich glaub’ schon. Da war ... da waren zwei ... Frau Pinguin und ein Käse, die ...«
    »Cleas Mutter? Wo, hier drin?«
    »Was glaubst du denn, wo, auf der Love Parade?«
    Etwas Schönes, das zugleich schrecklich war, passierte vor Rosalies Augen. Direkt hinsehen konnte sie nicht; knapp dran vorbeizugucken war berückend genug. Gelbes und Rotes, Gesten, Musik, das blitzte und sang in der verteilten, lebendigen Gesamtheit ums Licht, dann zerfloß es wieder und war weg. Verbunden schienen die einzelnen Eindrücke durch ein unbeschreibliches Medium, in dem sie schwammen und das all die Fragmente aufeinander bezog, zueinander drängte. Was war das: Milch?
    »Hendrik?«
    »Ja doch! Paß auf ... Ich sag’ dir, wie wir’s machen. Ich habe doch diesen komischen Lageplan im Kopf, den mir das Bild-Dings erklärt hat. So. Ich gehe jetzt durch die Tür links. In dem Raum da dreh’ ich mich einmal um mich selbst. Dann laufe ich rückwärts bis zur zweiten Tür, dann soll ich wieder auf dem Flur sein, auf dem ich hergekommen bin. Angeblich. Von da aus geh’ ich weiter, bis ich zu dir komme. Und du rührst dich nicht von der Stelle, ja? Sonst verfehlen wir uns, und das wollen wir nicht, richtig?«
    »Okay, aber ... Was ist hier eigentlich passiert? Was ist das für’n Licht?«
    »Das ... es sieht aus wie das, was mit meiner Hand passiert ist, als sie ... als ich sie wiedergekriegt hab’. Aber es klappt nicht, es hängt irgendwie, es geht viel langsamer als bei mir, es ... ähm ... stockt oder so ...«
    Rosalie erkannte, was er meinte: ein Expandieren, gefolgt von einer Kontraktion, dann wieder Expansion. Systole, Diastole. »Es pulsiert.«
    »Genau. Das
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