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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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für'n Tag is.«
    Hartung ritt zwei Runden um den Abreiteplatz, leicht, elegant, auf einer Laska, die schwerelos wirkte, völlig entkrampft und ruhig. Nach der zweiten Umrundung hielt er vor Luisa Gironi an. Sie hatte das Kinn auf beide Hände gestützt und sah Hartung von unten herauf an. Hinter den dunklen Gläsern der großen Sonnenbrille konnte man ihre feurigen Augen nur ahnen.
    »Sie sind nicht gekommen«, sagte sie in jenem singenden Deutsch, das den Reiz südländischer Frauen noch vermehrt. »Nun komme ich zu Ihnen.«
    »Ich habe Ihnen einen Brief geschickt, Signorina.«
    »Und ich habe ihn zerrissen, ohne ihn gelesen zu haben.«
    »Das war ein Fehler. Er hätte Ihnen Auskunft gegeben.«
    »Ich will keine Auskunft«, sagte Luisa ungehemmt, »sondern Sie.«
    »Signorina Gironi!«
    »Soviel von Pferden verstehen Sie, und so wenig von Frauen?« Sie warf den Kopf hoch, und ihre Hände klammerten sich plötzlich um den Zaun. Ihr schönes Gesicht, geteilt von der Sonnenbrille, war voller Leidenschaft. »Ich habe zweimal auf Sie gewartet, habe auf meinem Bett gelegen, bis es Morgen wurde, habe das Bett und die Kissen und mich selbst geschlagen, bis ich keine Luft mehr bekam. Glauben Sie, daß eine Frau wie ich das erträgt?«
    Horst Hartung zog Laskas Kopf zurück. Fast unmerklich hatte sie ihn nach vorn gestreckt und schob jetzt die Nüstern hoch. Bevor sie zubeißen konnte, riß Hartung an der Olivenkopftrense. Luisa Gironi bemerkte es nicht, sie achtete nur auf Hartung.
    »Wären Sie jetzt auf Sizilien, wären Sie schon tot!« sagte sie gepreßt. »Und ich werde Sie noch töten. Um 14 Uhr beginnt das Turnier, ich warte auf Sie bis 12 Uhr auf meinem Zimmer. Kommen Sie nicht, leben Sie von da an mit dem Tod zusammen.«
    Sie drehte sich brüsk um und ging davon. Langsam, wiegend, eine der schönsten Frauen, die Hartung je gesehen hatte. Verblüfft starrte er ihr nach. Dann lachte er vor sich hin und ritt weiter. Mit der Pistole ins Bett, dachte er und schüttelte den Kopf. Verrückt. Schade um so viel Schönheit, wenn dahinter nichts als Exaltiertheit und Launen stecken. Wie ein Kind, das nur diese Puppe haben will. Nur diese eine Puppe!
    Hartung trieb Laska in einen vollen Galopp. Mit gestrecktem Körper schoß sie über den Platz. Fallersfeld, der neben Romanowski stand, räusperte sich.
    »Beim Zeitspringen gewinnt sie immer«, sagte er unwillig. »Vorausgesetzt, sie kommt über die Hindernisse. Ein schneller Gaul. Sssst!« Er schob die Sportmütze in den Nacken. Laska war über ein Übungs-Doppelriek geflogen, weit über den Stangen, elegant und langgestreckt. »Aber zu unruhig, viel zu unruhig.« Fallersfeld nahm die Mütze ab, er schwitzte plötzlich, wenn er an das Turnier dachte. Ein Windstoß zerzauste seine schneeweißen Haare. »Romanowski, kennen Sie das verdammte Weib da drüben, das eben weggeht?«
    »Nee, Herr Baron. Aber wo Herr Hartung is, sind ooch die Weiber.«
    »Leider, Pedro, leider. Kommt eigentlich Angela?«
    »Ick weeß nich, Herr Baron. Da hat's Krach jejeben. Zwee Jahre nur Arbeit mit der Laska und kaum Zeit für die Liebe, det macht ooch een Engel wie Angela nich mehr mit.«
    Hartung probierte Laska durch. Verschiedene Gänge, Gehorsamsübungen, kurze, schnelle Wendungen. Sie gehorchte wie eine gut geölte Maschine. Und Hartung vergaß alle Warnungen und vor allem den sizilianischen Racheschwur: Ab 12 Uhr leben Sie mit dem Tod zusammen!
    Auf den Turnierplatz von Aachen schien die strahlendste Sonne dieses Vorsommers. Die Tausende von Menschen, das Farbenspiel der flatternden Fahnen, das weite Rund des Parcours mit den Hindernissen, an denen noch letzte Korrekturen vorgenommen wurden, die kleine Gruppe von Schiedsrichtern, an der Spitze Turnierleiter Graf Hellberg, die jedes Hindernis abschritten und kontrollierten, dieses ganze Fluidum von spannungsgeladener Erwartung auf einen Kampf von Pferd und Reiter um einen der begehrtesten Preise des Turniersports, diese geballte Erregung verlor sich völlig hinter dem Stadion, wo die Reiter zusammenstanden und die Pferdehalter die gesattelten Stars herumführten, bewegten und wie kostbare Juwelen bewachten.
    Auch Romanowski war dabei, aber er führte Laska immer abseits hin und her.
    »Hau ab mit deinem Saubiest«, hatten die anderen Pferdehalter ihm zugebrüllt, als er mit Laska herankam. Sie tänzelte, hatte die Nüstern hochgeschoben und wieherte mit blanken Zähnen. Ein Kampfschrei: Aus dem Weg – jetzt komme ich!
    Romanowski griff fester in
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