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Der zeitlose Winter

Der zeitlose Winter

Titel: Der zeitlose Winter
Autoren: James A. Owen
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gefreut hat und trauerte, als er unserer Familie fremd wurde. Ich war es, die ihn geliebt hat, als er auszog, um für die Dinge zu kämpfen, an die er glaubte. Und als die, mit denen er sich verbündet hatte, diesem Glauben gemäß beschlossen, meinem Leben ein Ende zu machen, habe ich ihn immer noch geliebt.
    Hammurabi hat meinen Tod nicht verschuldet. Er hat bei der Gestaltung dieser Welt die Rolle gespielt, die ihm zugedacht war, genauso wie du. Jetzt scheinen eure beiden Rollen vereint zu sein. Und die Hoffnung, dass die Söhne einer Mutter in einer gemeinsamen Sache vereint werden, ist die Hoffnung, die der Welt Bedeutung verleiht.«
    Fisch starrte ihn mit offenem Mund an. »Du… willst du damit sagen… dass du…?«
    »Ich war, wer ich war«, sagte Duk und streckte die Hand aus, um das tränenbefleckte Gesicht vor sich zu streicheln. »Hätte jenes Leben nicht so geendet, wie es vorgesehen war, dann hätte ich nicht das Leben, das ich jetzt habe – und es ist so ein wunderbares Leben, Fah’ish Maeel.«
    Darauf konnte der junge Mann nichts mehr erwidern. Stattdessen sank er schluchzend in die Arme des Kindes und blieb lange Zeit so liegen.
     

     
    Nachdem Ham aufgewacht war und sich an Bragis recht annehmbaren Spiegeleiern gesättigt hatte – »nach Cowboy-Art« nannte er sie –, verbrachten Fisch und er den größten Teil des Tages damit, sich von den Ereignissen der vorangegangenen Nacht zu erholen. Über die Dinge, die Duk Fischmehl erzählt hatte, verlor niemand ein Wort, und im Augenblick wollte Fisch es dabei belassen.
    Während die Brüder sich ausruhten, gingen Duk und Bragi nach draußen, um einige Angelegenheiten zu besprechen. Insbesondere ging es ihnen um einen Namen, der auf seltsame Weise heraufbeschworen worden war.
    »Saturn.«
    »Bist du sicher, dass er Saturn gesagt hat?«, fragte Duk. »Lucius neigt zur Weitschweifigkeit und er sagt eine Menge Dinge – besonders wenn er wütend ist.«
    »Ja«, sagte Bragi. »Ich bin sicher. Ich habe mich allerdings erst wieder daran erinnert, als dieser Bursche, Pickering, den Namen ebenfalls hat fallen lassen. Und das ist einmal zu oft, das kann kein Zufall sein.«
    »Du hast Recht. Ich weiß nicht viel über diesen ›Saturn‹, nur was ich in der Bibliothek darüber erfahren habe. Was weißt du über ihn?«
    »Nur wenig aus eigener Erfahrung«, gab der Skalde zu. »In den Sagas kam er selten vor, und im altnordischen Pantheon hat er keine Rolle gespielt. Mein Wissen beschränkt sich also auf das, was ich über ihn gelesen habe. Eines hat mich jedoch beunruhigt, wenn auch nur wegen der entfernten persönlichen Verbindung: Loki wurde mit Saturn gleichgesetzt, der ebenfalls seiner göttlichen Eigenschaften entkleidet worden war, und beide wurden als Prototypen des christlichen Satan betrachtet. Der vorletzte Tag der Woche, der Loki geweiht war, hieß im Altnordischen ›Laugardag‹ oder ›Waschtag‹. In manchen deutschen Dialekten ist das vorchristliche Wort ›Saterdag‹ für ›Samstag‹ erhalten geblieben. Allerdings soll es sich nicht von Saturn ableiten, sondern von Sataere, dem im Hinterhalt lauernden Dieb und dem germanischen Gott des Ackerbaus, der als eine weitere Verkörperung Lokis angesehen wird.«
    »Es gibt also eine doppelte Verbindung zu Loki. Interessant.«
    »Das kann man wohl sagen«, stimmte Bragi mit einem Nicken zu. »Wenn man die ursprünglichen altnordischen Quellen betrachtet – die meistens von mir stammen, ich weiß also wovon ich spreche –, gibt es keine Bezugnahmen auf Sataere oder Saturn. Einigen Gelehrten zufolge ist das altenglische Wort Sataere jedoch von Saturn abgeleitet.«
    »Was bedeutet, dass es sich dabei um keine eigenständige Gottheit handelt«, sagte Duk.
    »Vermutlich«, stimmte Bragi zu. »Außerdem scheint nicht Loki, sondern Njörd der altnordische Gott zu sein, der die größte Ähnlichkeit mit Saturn aufweist. Laut Grimms Deutscher Mythologie soll Saturn ursprünglich eine germanische Gottheit gewesen sein. Eine andere Schule vertritt die Auffassung, dass Saturn fälschlicherweise zu den angelsächsischen oder griechischen Göttern gezählt wird: Der Saturn, der in den frühesten Mythologien auftaucht, soll in Wirklichkeit der chaldäische Gott Saturn gewesen sein und mit den anderen in keinerlei Beziehung stehen, außer durch falsche Zuweisung.«
    »Nun«, sagte Duk gedehnt, »wer er gewesen ist, muss im Augenblick ein Rätsel bleiben, während wir dringendere Probleme zu bewältigen
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