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Der zeitlose Winter

Der zeitlose Winter

Titel: Der zeitlose Winter
Autoren: James A. Owen
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Gegenteil verkehren. Dabei solltest du dich mit den Sternenkonstellationen über dir verankern, um nicht selbst die Orientierung zu verlieren. Wenn du einmal begonnen hast, darfst du auf gar keinen Fall mehr loslassen – sonst werden die Muster in sich zusammmenfallen und durcheinander geraten. Kannst du das schaffen?«
    Fischmehl blinzelte einige Male, während er ins Feuer starrte. Dann richtete er sich zu seiner vollen Größe auf. »Ich bin Archäo-Astronom. Ich tue, was ich tun muss.«
     

     
    Duk zeigte Fischmehl die Stelle am Hang, die er aufsuchen musste, und nach einem hastigen und tränenreichen Abschied machte sich der junge Kartograf auf den Weg, um die Welt zu retten.
    »Was denkst du?«, fragte Duk.
    »Ich denke, er ist sehr tapfer«, sagte Bragi schniefend.
    »Nein, ich meine, glaubst du, er kann es schaffen?«
    »Ich denke, er ist sehr tapfer.«
     

     
    Es dauerte nicht lange, bis der Sturm heran war.
    Ein dunkler Nebel wirbelte von den Wolken herunter und hüllte die Hänge von Kailas ein. Innerhalb weniger Minuten war Fischmehl vom Kloster aus nicht mehr zu sehen. Bragi und Duk, die aufmerksam Ausschau hielten, konnten nicht feststellen, ob er bereits begonnen hatte, bis sie die Lichter sahen, die Meru abstrahlte – und das Schreien begann.
    Der erste Schrei ließ den vor sich hin schmollenden Hammurabi aufblicken. Auf den dritten Schrei hin eilte er auf die Feisterasse vor dem Tor des gompa hinaus.
    »Was ist los? Was geschieht mit ihm?«
    »Er tut, was nur er tun kann«, sagte Duk schlicht. »Er tut, was er tun muss.«
    »Könnt ihr ihm nicht helfen? Keiner von euch?«
    Das Kind schüttelte den Kopf. »Wir haben nicht die Kraft dazu. Das Verankern bedarf einer besonderen Ausbildung oder besonderer Fähigkeiten, und wir besitzen keins von beidem.«
    »Ich bin sein Bruder«, widersprach Ham. »Ist es nicht möglich, dass ich das gleiche Potenzial in mir trage?«
    »Ich weiß es nicht«, gab Duk zu. »Ich weiß nur, dass vier Anker die Welt auf eine Umkehrung vorbereiten sollten, und da keiner der Ankoriten hier ist, haben wir nur einen - nur Fischmehl.«
    »Nicht, wenn ich ihm helfe.«
    »Ich dachte, du hättest gesagt…«
    »Zum Teufel mit dem, was ich gesagt habe. Die Menschen erzählen eine Menge Blödsinn, und ich bin da keine Ausnahme. Wird es etwas nützen, wenn ich mich ihm anschließe?«
    Der junge Buddha, der Skalde und der Pilot blickten zu dem Feld hinüber, wo Fischmehl stand. Wirbelnde Lichter und ungezügelte Energien tanzten in immer dichteren Trauben um ihn herum. Seine ausgebreiteten Arme krümmten sich unter der Belastung, den Kopf hatte er weit in den Nacken geworfen. Über dem Heulen des Windes und dem Lärm der Nebelgeschöpfe, die ihn wild umkreisten, konnten sie einen gequälten Verzweiflungsschrei hören. Fischmehl hielt das Gewicht der Welt und es brachte ihn um.
    Ham warf Duk erneut einen Blick zu, während der Wind ihm sein Halstuch ins Gesicht peitschte. »Wird er es überleben? Hat ein einzelner Mensch das jemals geschafft?«
    »Ja«, sagte Duk, »obwohl die Welt einen furchtbaren Preis dafür gezahlt hat, und das auch dann, wenn es ihm gelingt.«
    »Wie werden wir wissen, ob es ihm gelungen ist?«
    »Wir werden immer noch am Leben sein.«
    »Und wenn er versagt?«
    »Dann spielt das keine Rolle mehr.«
    Ham zog sein Halstuch enger und presste sich an den Felsen, als ein Nebelgebilde, das die Gestalt von Dämonen zu haben schien, vorbeihuschte. »Dann können wir also nur warten und hoffen, dass Fischmehl es übersteht?«
    Der Buddha blickte Ham voll Bedauern an. »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Du sagtest, dass es schon einmal ein einzelner Mensch durchgestanden hat – dass Fischmehl es schaffen könnte.«
    »Nein«, sagte Duk und schüttelte langsam den Kopf. »Ich sagte, dass er die Aufgabe allein erfüllen kann. Ich habe nicht behauptet, dass er den Prozess überleben würde.«
    Ham starrte den jungen Buddha an, während ihm die Bedeutung seiner Worte klar wurde. Erneut wandte er sich der Tür zu. Das Licht und der Sturm auf dem Abhang wurden mit jedem Augenblick stärker. Dann warf er einen Blick auf den Kopf des Skalden, der sichtlich unter der eigenen Machtlosigkeit litt. Als er wieder den Buddha ansah, erblickte er statt seiner das Gesicht eines anderen Kindes, eine längst verblasste Erinnerung. Er blickte ihm in die Augen und fasste einen Entschluss.
    »Ich werde zu ihm hinausgehen. Ich werde ihm helfen.«
    »Nein!«, schrie Duk über das Kreischen des
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