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Der zeitlose Winter

Der zeitlose Winter

Titel: Der zeitlose Winter
Autoren: James A. Owen
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haben.«
    »Da hast du wohl Recht.«
    »Es ist zu schade«, sagte Duk, während sie in die Höhle zum wärmenden Feuer zurückkehrten, »dass wir niemanden fragen können, der damals gelebt hat.«
    »Selbst wenn wir es täten«, sagte Bragi mit einem Anflug von Resignation, »müsstest du das übernehmen – mit mir spricht sie nicht mehr.«
     

     
    »Was müssen wir tun?«, fragte Hammurabi ungläubig und mit offenem Mund.
    »Wir müssen doch ins Innere der Bibliothek gelangen«, sagte Duk. »Eine Menge Fragen können nur dort beantwortet werden. Wir müssen herausfinden, was mit den Ankoriten passiert ist, die sich eigentlich darum kümmern sollten. Außerdem macht das Verankern die Ereignisse nicht vollkommen rückgängig. Wir müssen die richtige Geschichte ausfindig machen und an ihren angestammten Platz zurückbringen, damit alles wieder in Ordnung kommt. Außerdem bleibt noch die Frage, wer die Umkehrung überhaupt verursacht hat. Diese Dinge können wir an keinem anderen Ort herausfinden – wir müssen uns Zutritt zu Meru verschaffen.«
    »Was?«, rief Ham noch einmal aus. »Ins Innere des Berges? Aber ich dachte, du hättest gesagt, es gäbe keine Möglichkeit hineinzugelangen.«
    »Nein«, sagte Fisch langsam, »es gibt durchaus eine Möglichkeit.«
    »Du meinst doch nicht etwa…«, sagte Ham und starrte den kindlichen Buddha ungläubig an.
    »Doch«, sagte Fisch. »Wir müssen kora um den Berg laufen – eintausend Mal, um genau zu sein.«
    »Keine Sorge«, sagte Bragi lachend. »Vor morgen braucht ihr nicht anzufangen.«
     

     
    Bei Einbruch der Dunkelheit riss die Wolkendecke erneut auf - Duk und Bragi zufolge ein gutes Omen – und enthüllte einen wunderschönen funkelnden Sternenteppich.
    »Das ist ein schöner Stern«, sagte Duk und wies auf ein Funkeln im Süden.
    »Welcher?«, fragte Fischmehl.
    »Dort drüben.« Duk lenkte Fischs Blick auf einen hellen Punkt am Himmel.
    Hammurabi kam mit einer Tasse Tee in der Hand aus der Höhle geschritten. »Hey«, sagte er aufgeräumt, »ich glaube, ich habe endlich das Rätsel mit dem Chamäleon gelöst.«
    »Tatsächlich?«
    »Es wird genau die Farbe behalten, die es gehabt hatte, als es auf den Spiegel gesetzt wurde.«
    Duk lächelte. »Sehr gut. Und was sagt dir das über das ›Runen lesen‹?«
    »Es sagt mir«, sagte Ham, »dass man das Wissen, nach dem man sucht, in Wahrheit vielleicht bereits in sich trägt.«
    »Eine sehr weise Bemerkung.«
    »Äußerst tiefsinnig«, stimmte Fisch zu und unterdrückte ein Grinsen.
    »Wenn ich noch einen Magen hätte«, rief Bragi aus, »würde ich mich glatt übergeben.«
    »Hey«, sagte Ham. »Wer hat Lust auf Abendessen?«
    »Ach, halt die Klappe«, sagte Bragi.

 
EPILOG
Der Glücksstern
     
    Während Ham und Duk darüber stritten, was sie zum Abendessen zubereiten sollten und sich zum Kochen ins gompa zurückzogen, blickte Bragi zu Fischmehl hinüber, der in den Nachthimmel hinaufstarrte, und stupste ihn mit der Nase an.
    »Was ist los, Junge?«, fragte Bragi, als sie die Terrasse endlich für sich hatten. »Überlegst du, was du dir wünschen könntest?«
    Fischmehls Gesichtsausdruck war ernst. Er blickte noch einen Augenblick lang himmelwärts und wandte sich dann dem Skalden zu. »Dieser Punkt, dort oben links – das ist kein Stern«, sagte er tonlos. »Es kann keiner sein.«
    »Wo?«
    Fischmehl kniete nieder und lenkte Bragis Blick auf das Sternbild, das er betrachtete – Taurus, der Stier. »Dort, am unteren Ende des Sternenhaufens.«
    »Die Plejaden?«
    »Ja. Was weißt du über sie?«
    »Nun«, sagte Bragi, »die Plejaden bestehen eigentlich aus Tausenden von Sternen, mit bloßem Auge sind aber höchstens sechs erkennbar. Ich glaube mich allerdings an eine Zeit zu erinnern, als es sieben waren…«
    »So wie jetzt.«
    »Hmm«, meinte Bragi. »Es sind sieben, nicht wahr? Von den alten griechischen Seeleuten wurden sie ›Segelsterne‹ genannt, und sie setzten ihre Segel nur, wenn sie zu sehen waren.«
    »Weißt du«, fuhr er nach einer Weile fort, »auf der ganzen Welt herrschte einmal der Glaube, dass es in den Plejaden einen Ort gibt, der den entferntesten Anfangspunkt in der Geschichte der Menschheit darstellt. In jener Epoche galt diese Sternenkonstellation als Zentralgestirn für alle Religionen, Kalender, Mythen, Traditionen und Symbolsysteme. Dieser Glaube ist im menschlichen Unterbewusstsein tiefer verwurzelt als jeder andere Urmythos. Die Menschen des Altertums glaubten, dass diese
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