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Der Zauber ferner Tage

Der Zauber ferner Tage

Titel: Der Zauber ferner Tage
Autoren: Kate Lord Brown
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wallendem Haar lehnte sich lächelnd über die eiserne Balkonbrüstung.
    »Was hat er vor? Macht er ihr den Hof?«, fragte John, als der Fahrer wieder einstieg.
    »Nein, das ist seine Frau«, antwortete er und ließ den Motor an.
    »Das gefällt mir«, meinte Liberty und lehnte sich wieder zurück. Als sie losfuhren, drehte sie sich um und sah dem Mann nach, der voller Liebe und Leidenschaft sang. »Siehst du? Wenn du ein paar Mal für Di gesungen hättest, wärst du vielleicht nicht in der Situation, in der du dich jetzt befindest.« Sie versetzte John einen leichten Stups.
    »Und jetzt zum Strand?«, fragte der Fahrer und sah sie im Rückspiegel an. »Soll ich Sie nach Malvarossa fahren?«
    »Warum nicht?«, antworteten John und Liberty gleichzeitig.
    Liberty drückte dem Fahrer ein Bündel Peseten in die Hand. »Das ist zu viel«, meinte er bescheiden.
    »Nehmen Sie es.« Sie schloss seine Faust um das Geld. »Sie waren ein wunderbarer Führer, vielen Dank.«
    »Wenn Sie Paella essen wollen, gehen Sie ins La Pepica«, rief er Ihnen noch durch das offene Fenster zu, als er sich wieder in den Verkehr einreihte. »Wir treffen uns dann später am Strand.«
    »Hast du Hunger?«, fragte Liberty, als sie Arm in Arm die Promenade entlanggingen. Auf dem Gehsteig tummelten sich Paare und Gruppen von jungen Leuten, die beladen mit Kühltaschen und Decken in Richtung Strand unterwegs waren.
    »Nein. Du?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Lass uns doch einfach eine Flasche Wein kaufen und an den Strand gehen.«
    John schlängelte sich durch die Menge und steuerte auf eine Bar zu. Liberty wartete auf ihn und betrachtete die Sonne, die auf den Horizont herabsank. Der Sonnenuntergang färbte den Himmel violett und golden.
    »Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Hier ist der Teufel los. Die halbe Stadt muss heute Abend unterwegs sein.« Er präsentierte die Weinflasche wie ein Sommelier. »Ich habe sie schon für uns öffnen lassen. Aber es gibt leider nur Plastikbecher.«
    »Das ist doch perfekt«, meinte sie. »Ist das nicht schön?« Liberty schlüpfte aus ihren Schuhen. Hand in Hand gingen sie hinunter ans Wasser und suchten sich einen freien Platz auf dem Sand.
    »Geht das?« John breitete sein Jackett aus, damit sie sich daraufsetzen konnte. Mit den Zähnen zog er den Korken aus der Flasche und goss zwei Gläser ein. Anschließend saßen sie Seite an Seite und blickten hinaus aufs Meer. Die Luft roch nach dem Rauch der vielen Lagerfeuer an der Küste, die ersten Feuerwerkskörper explodierten am Himmel.
    »Worauf trinken wir?«
    »Auf die Zukunft.« Liberty zwang sich, unbekümmert zu klingen.
    »Auf die Zukunft.« John trank seinen Wein und musterte sie dabei über den Rand seines Bechers. Für einen kurzen Moment blieb die Zeit stehen. Liberty hatte das Gefühl, ganz oben auf einer Achterbahn angelangt zu sein, kurz bevor die Wagen in die Tiefe rasten.
    In der Nähe schaltete jemand einen CD-Player ein, Musik schallte durch die Nacht, Gitarrenklänge stiegen in die Luft auf wie Blasen. »Tanz mit mir«, bat sie ihn, stand auf und zog ihn mit sich. Sie gesellten sich zu den anderen. John drehte sie mit einer eleganten Armbewegung weg von sich. Dann zog er sie wieder zu sich, seine Hand in ihrer, den Arm um ihre Taille gelegt.
    »Das fühlt sich vertraut an«, flüsterte er, die Lippen an ihrem Ohr. Die Musik und die Hitze der Lagerfeuer verschmolzen um sie herum. Liberty löste sich von ihm. Sie sahen sich in die Augen, ihre Finger berührten sich kaum. Da war es wieder, dieses Kribbeln in der Magengrube, wie beim freien Fall. Die Musik wechselte die Tonart.
    »Kann ich dich etwas fragen?«, bat sie ihn, als er sie wieder zu sich zog. Seine Wange ruhte an ihrer Schläfe.
    »Alles, was du möchtest.«
    »Was würdest du tun, wenn du nur noch ein paar Monate zu leben hättest?«
    John hörte schlagartig auf zu tanzen. Er schnappte nach Luft und schüttelte langsam den Kopf. »Nein …«, begann er.
    »Ist schon gut.« Sie blickte zu ihm auf, berührte ihn zärtlich an der Wange. Sie küssten sich, ließen ihre Lippen aufeinander ruhen und lösten sich schließlich langsam. »Noch weiß es niemand. Ich habe es weder Em noch Mum erzählt. Ich möchte nicht, dass sie Mitleid für mich empfinden.«
    »Mitleid? Mensch, Liberty, ich wusste, dass du wieder krank warst, aber ich dachte … ich dachte, die Behandlung wäre erfolgreich verlaufen.« Er verzerrte vor Schmerz das Gesicht. »Ich habe dich mein ganzes Leben lang
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