Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zauber ferner Tage

Der Zauber ferner Tage

Titel: Der Zauber ferner Tage
Autoren: Kate Lord Brown
Vom Netzwerk:
besichtigen wir eben erst dein Haus und fahren danach die Küste hoch.«
    Das Auto verließ die Hauptstraße und rumpelte über einen einspurigen Weg, vorbei an einem knorrigen Olivenbaum, unter dem sich dunkle Schafe zum Schutz vor der Hitze versammelt haben. Die Reifen wirbelten ockerfarbenen Staub auf, als sie zum Dorf fuhren.
    »Hier ist es«, verkündete der Fahrer und bremste abrupt. Liberty schaute zum Fenster hinaus und sah eine hohe weiße Mauer.
    »Sind Sie sicher?«
    »Sí, Villa del Valle.« Der Fahrer küsste sein Kruzifix und steckte es sich wieder unter das T-Shirt. »Meine Großmutter wohnt hier im Dorf. Jeder kennt dieses Haus. Es hat mala sombra .«
    »Was?« fragte John.
    »Schlechte Energie.« Der Fahrer blickte misstrauisch auf das Tor.
    »Na, großartig. Ich hoffe, du hast einen guten Preis ausgehandelt«, raunte John ihr zu, als er aus dem Auto stieg. Er öffnete Liberty die Tür und half ihr hinaus. »Warten Sie auf uns?«, fragte er den Fahrer. »Wir brauchen dreißig Minuten.«
    »Ich bin in der Bar an der Ecke«, erwiderte der Mann.
    Liberty lugte durch den Spalt zwischen den soliden Metalltoren. Ihre Wange berührte die warme verblichene blaue Farbe. Sie erspähte einen wilden Garten, in Reihen gepflanzte Orangenbäume und in der Mitte ein quadratisches weißes Haus mit einem alten maurischen Glockenturm. John nahm ihr den Schlüssel ab und versuchte sich am Schloss.
    »Fidel, der Makler, meinte, es sei schwer zu öffnen«, erinnerte sich Liberty.
    Vor Anstrengung verzog John das Gesicht, dann gab das Schloss endlich nach.
    »Hola!«, sagte Liberty und winkte einer Frau, die gerade mit einem Korb am Arm vorbeiging. Quietschend öffnete sich das Tor. Die Frau warf ihnen einen kurzen Blick zu und wechselte rasch die Straßenseite.
    »Buh!«, sagte John zu Liberty. »Siehst du? Der Fahrer hatte recht. Alle denken, hier spukt es.«
    »Bist du mutig?«
    »Klar«, meinte er und schob die Tore weit auf, sodass das Sonnenlicht von der Straße als breites Parallelogramm auf den Weg fiel. Liberty ging voran. Vertrocknete Mandeln und Haselnüsse knirschten unter ihren Füßen, herabgefallene Orangen lagen unaufgesammelt im langen Gras und Bienen schwirrten um sie herum.
    »Ach, wie schön es hier ist!«, rief sie. Ihre Augen funkelten, Farbe stieg ihr in die Wangen. »Das ist es, wovon ich immer geträumt habe.«
    John nahm sie an der Hand und führte sie zum Fuß des Glockenturms. »Orientieren wir uns doch erst mal«, schlug er vor. Tastend stiegen sie die steinerne Wendeltreppe hinauf. »Pass auf. Hier ist eine Stufe locker.«
    Vom Bogengang aus blickten sie über das Dorf und die Orangenhaine hinweg. In der Ferne sahen sie die Umrisse der blauen Kuppeln von Valencia und das Meer, das im Sonnenlicht glitzerte.
    »Fidel hat mir erzählt, dass all das Land früher zum Haus gehört hat«, erklärte sie. »Ich bin so froh, dass wir zusammen hierhergefahren sind, dass wir das alles gesehen haben. Hier hat alles angefangen.« Sie versuchte sich vorzustellen, wie es gewesen war, als ihre Mutter hier gelebt hatte, und fragte sich, ob sie als Kind wohl in diesem Garten gespielt hatte. »Das wird Emma gefallen, meinst du nicht?«
    »Hey, immer mit der Ruhe. Wir haben das Haus noch nicht mal richtig in Augenschein genommen.« John half ihr die Treppe hinunter, und Liberty ging voraus zur Hintertür.
    »Die Schlüssel sollen angeblich irgendwo hier sein.« Sie tastete den Türrahmen ab, fuhr mit den Fingern über den rauen Putz. »Hier, ich hab ihn.« Sie hielt kurz inne und genoss die Vorfreude, die in ihr flatterte wie ein aufgescheuchter Vogel. Dann steckte sie den Schlüssel ins Schloss.
    »Erste Eindrücke?«, fragte sie.
    »Das Haus wurde vor Hunderten von Jahren gebaut.« John stieß die Fensterläden der Küchentüren auf, wandte sich wieder um und blickte hinauf zu den Deckenbalken. »Schau mal, wie massiv diese Wände sind.« Der Raum war leer bis auf einen schweren Holztisch in der Mitte. Auf den verstaubten Terracottafliesen waren ihre Schritte vom Gang her zu sehen. »Dieses Haus überlebt uns und auch noch Emma.«
    »Gut, sehr gut!«, freute sich Liberty. Vor Aufregung ballte sie die Hände zu Fäusten und hielt sie sich an die Brust. In ihrer Handtasche suchte sie nach ihrem Scheckheft. »Ich habe Fidel gesagt, er bekommt noch heute die Anzahlung, wenn es uns gefällt …«
    »Moment, Moment!« John lachte. »Ich will mich erst noch mal gründlich umsehen, okay?« Er warf sein Tweedsakko über
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher