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Der Widerstand

Der Widerstand

Titel: Der Widerstand
Autoren: David Weber
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beabsichtigten, ihn dafür bezahlen zu lassen. Seine Belagerung von Harfleur war erfolgreich gewesen, aber es hatte einen ganzen Monat gedauert, um die Kapitulation zu erzwingen. Und als das endlich geschafft war, hatten in seinen eigenen Reihen zahllose Krankheiten um sich gegriffen. Dieses Problem, die Verluste auf dem Schlachtfeld und die Notwendigkeit, seine Eroberung durch eine Garnison zu sichern, hatten seine über zwölftausend Mann starken Streitkräfte auf unter neuntausend schrumpfen lassen, von denen gerade mal fünfzehnhundert Rüstung tragende Ritter und Waffenknechte waren. Die übrigen rund siebentausend Mann waren Bogenschützen, die mit ihren Langbögen auf größere Distanzen eine todbringende Armee darstellten (sofern die Umstände für den Einsatz dieser Art von Waffen günstig waren), die aber hoffnungslos unterlegen waren, wenn es dem Gegner gelang, bis auf Schwertlänge an sie heranzukommen. Und wenn man ganz ehrlich war, dann stellte Harfleur eigentlich gar kein so beeindruckendes Ergebnis für einen solchen Feldzug dar. Und deshalb schickte Henry zwei Wochen nach der Kapitulation der Hafenstadt seine Leute zurück nach Calais im Norden Frankreichs, da diese Stadt fest in der Hand der Engländer war. Dort sollten sich seine Truppen im Verlauf des Winters neu aufstellen.
    Vielleicht wäre ein Rückzug der Armee auf dem Seeweg die klügere Lösung gewesen, aber Henry hatte sich für den Landweg nach Calais entschieden. Mancher mochte es als den Hochmut eines jungen Mannes bezeichnen, aber seinem jugendlichen Alter zum Trotz war Henry V. ein erfahrener Krieger, der mit sechzehn zum ersten Mal auf einem Schlachtfeld gestanden hatte. Andere mochten von Arroganz reden, aber natürlich nicht in seiner Gegenwart. Es war strategisch gesehen vielleicht sogar sinnvoll, um wenigstens etwas Beeindruckenderes als Harfleur von dieser Unternehmung zu retten, sodass er der Curia Regis, dem englischen Parlament, etwas vorlegen konnte, wenn es im anstehenden Winter über weitere Gelder für das Militär entscheiden sollte. Ganz gleich, was ihn auch angetrieben haben mochte, auf jeden Fall beschloss er, nach Calais zu ziehen und dabei Feindesland zu durchqueren, als wollte er beweisen, dass dieser Feind ihn nicht aufhalten konnte.
    Dummerweise hatten die Franzosen etwas ganz anderes vor und stellten eine Armee auf, um der englischen Invasion den Weg zu versperren. Auch wenn diese Armee nicht mehr schnell genug ankam, um Harfleur zu retten, und auch wenn sie nur unwesentlich größer war als die Streitmacht, mit der Henry in Richtung Calais aufbrach, blieb ihr noch Zeit, sich zu vergrößern. Zudem gelang es den Franzosen, Henry am Überqueren der Somme zu hindern, und tatsächlich schafften sie es, ihn vom Fluss aus ein Stück nach Süden und damit noch weiter weg von Calais zu treiben, bis er eine Furt finden konnte, wo sich ihm kein Widerstand entgegenstellte.
    Zu der Zeit war die französische Streitmacht sehr zum Leidwesen der Engländer auf fast sechsunddreißigtausend Mann angewachsen.
    Und genau das war der Grund, weshalb Henry an diesem Morgen so missmutig in den Nebel schaute. Im Angesicht einer vierfachen Übermacht des Gegners hatte er sich für eine Verteidigungsposition entschieden, bei der er davon ausging, dass sie die Franzosen innehalten lassen würde, war ihnen doch immer noch schmerzlich in Erinnerung, was sich an Orten wie Crécy und Poitiers zugetragen hatte. Für den Augenblick hielt sich seine Armee am südlichen Ende eines schmalen, lang gezogenen Feldes zwischen den Wäldern von Agincourt und Tramecourt auf. Die freie Fläche war vor Kurzem umgepflügt worden, und ihre lockere Erde hatte sich nach einem ohnehin verregneten Herbst bei einem Wolkenbruch in der vergangenen Nacht mit Wasser vollgesogen.
    Die Franzosen waren den Engländern zahlenmäßig weit überlegen, sowohl was die Ritter zu Pferd und die Ritter zu Fuß als auch die Waffenknechte anging. Deren schwere Rüstungen verschafften ihnen im Nahkampf einen erheblichen Vorteil über die Bogenschützen, die keinerlei Schutz gegen Waffen aller Art vorweisen konnten, die aber mehr als achtzig Prozent von Henrys Streitkräften ausmachten. Also hatte er seine wenigen Ritter und Waffenknechte so platziert, dass sie den mittleren Abschnitt seiner Reihen schützten, während sich die Bogenschützen an den Flanken scharten. Das Ganze ergab eine recht standardmäßige englische Formation, doch er hatte auch etwas Neues zu bieten: lange
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