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Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurueck

Titel: Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurueck
Autoren: Axel Hacke , Michael Sowa
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uns gerade damit aber auf die Schönheit von Irrtümern aufmerksam macht und darauf, dass wir von unseren eigenen Fehlleistungen in einer Weise profitieren können, die wir nicht für möglich gehalten hätten.
    Sprachwissenschaftler vertreten gelegentlich die These, man höre nur, was man kenne, gleiche also alles Gehörte mit einem inneren Wortspeicher ab und suche, wenn das vernommene Wort dort nicht vorkomme, sozusagen die Vokabel heraus, die ihm am ähnlichsten sei. Das kann allenfalls ein Teil der Wahrheit sein. Denn das Wort »wunderbar« muss im Sprachschatz eines Knaben viel eher vorhanden sein als »Wumbaba«. Warum hat sich Herr P. dann trotzdem verhört?
    Ich behaupte: weil es ein Bedürfnis des Menschen nach Phantasie, Witz und Originalität gibt, weil er Wesen wie den Wumbaba schaffen möchte und jede Gelegenheit dazu beim Schopfe greift – und wenn es ein Claudius-Lied ist.
    Die falsch gehörten Texte sind fast immer die besseren. Einmal hat ein Sänger daraus Konsequenzen gezogen. Leser K., vonGeburt Amerikaner, machte mich darauf aufmerksam, dass In-A-Gadda-Da-Vida (die Platte, die Iron Butterfly berühmt machte) eigentlich In the Garden of Eden heißen sollte. Sänger Doug Ingle trug im Studio seine Komposition samt Text vor, Ron Bushy, der Schlagzeuger, fragte nach dem Titel, verstand ihn aber falsch und schrieb eben In-A-Gadda-Da-Vida unter die Noten. Und dabei blieb es, Gott sei Dank.
    Übrigens verdanke ich die Entdeckung der meisten Geschichten, Wörter und Geschöpfe in diesem Buch den Lesern meiner Kolumne Das Beste aus meinem Leben im Magazin der Süddeutschen Zeitung , diesmal vor allem aber denen, die mir nach Lektüre des Weißen Negers Wumbaba ihre eigenen Verhörer schickten.
    Danke schön!
    Und nun hinein ins Vergnügen.
Scharlachwürstchen, Fleischhals und der Schlächter Müller: Wunderwesen des Verhörens
    Besonders schön finde ich, wenn aus dem Verhören heraus Wesen entstehen, die es vorher nicht gab, seien es Tiere, seien es Menschen, seien es so fabelhafte Existenzen wie eben Wumbaba oder der Erdbeerschorsch, in den sich ein Erzbischof einmal wunderbarerweise verwandelte. Diese Reihe wird nun um einiges länger werden, zunächst um einige Verhörwesen aus der Tierwelt.
    Aus Magdeburg schrieb mir Frau H., sie habe als Kind immer ein eigenartiges Vogelwesen besungen, das in Alle Vögel sind schon da vorkam, genauer gesagt, in dessen zweiter Strophe:
    » Wie sie alle lustig sind,
    Flink und froh sich regen!
    Amsel, Drossel, Fink und Star
    Und die ganze Vogelschar…«
    Die kleine H. sang:
    » Wie sie alle lustig sind,
    Fink und Frosichregen,
    Amsel, Drossel, Fink und Star
    Und die ganze Vogelschar…«
    Gewundert habe sie sich bloß, so, H., »warum der Fink zweimal darin vorkam«, den Frosichregen habe sie hingenommen, während unsereiner sich gleich ein Bild macht von einem fröhlichen kolibriartigen Wesen, einer Art Clown der Vogelschar – ganz anders übrigens als die »hohe Wonnegans«, von der Frau A. aus München berichtet.
    A. kam 1927 zur Welt, ihre Eltern aber hatten einen Freund, der 1900 geboren worden war. Zum Schicksal dieses Jahrgangs gehörte es, in der Schule die Kaiserhymne Heil dir im Siegerkranz singen zu müssen:
    » Heil dir im Siegerkranz,
    Herrscher des Vaterlands!
    Heil, Kaiser, dir.
    Fühl in des Thrones Glanz
    Die hohe Wonne ganz:
    Liebling des Volks zu sein!«
    Statt »hohe Wonne ganz« hörte jener Knabe »hohe Wonnegans« und stellte sich einen Kaiser auf einem goldenen Thron vor, das Zepter in der linken Hand, den rechten Arm um eine hohe Wonnegans gelegt, deren goldenes Gefieder er mit den Fingern befühlte.
    Das führt direkt zum Brief von Herrn F. aus Saarlouis, der von Freunden erzählt, die in den achtziger Jahren in Paris ein iranisches Kindermädchen hatten, das sich mit den Eltern oft über persische Politik unterhielt. Dabei wurde immer wieder »le shah d’Iran« erwähnt, der böse und grausam war. Die Kinder konnten sich unter einem »shah« wenig vorstellten, verstanden »le chat d’Iran« und stellten sich vor, im Iran habe eine böse Katze geherrscht.
    Wobei sie dort auf dem Pfauenthron des Schahs gesessen hätte! Eine Katze! Man mag sich nicht vorstellen, was sie mit der hohen Wonnegans angestellt hätte…
    Weil wir gerade beim Schah sind: Frau S. aus Hamburg schrieb, eines ihrer Lieblingslieder sei Sympathy for the Devil von den Rolling Stones, wobei sie jahrzehntelang sang:
    » When I saw it was a time for a change
    Killed the
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