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Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurueck

Titel: Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurueck
Autoren: Axel Hacke , Michael Sowa
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Axel Hacke & Michael Sowa
    DER WEISSE NEGER WUMBABA KEHRT ZURÜCK
    Zweites Handbuch des Verhörens
    Verlag Antje Kunstmann
Das weiß der Neger Wumbaba: Rückblick und Vorbemerkung
    Diesem Buch ist ein anderes Buch vorausgegangen, Der weiße Neger Wumbaba heißt es. Es geht darin, kurz gesagt, um das Missverstehen gesungener Texte. Um das Verhören, besser: das Sichverhören. Denen, die den Wumbaba nicht kennen, erkläre ich es mal mit einer Geschichte. Allen anderen frischt es vielleicht die Erinnerung auf.
    Vor vielen Jahren trug ich bei einer Lesung einen Text vor, in dem beschrieben wurde, wie es ist, wenn man gesungene Texte immer falsch versteht. Wenn man diesen Irrtum tief in sich aufnimmt, lange dort verwahrt, um dann bei möglichst unpassender Gelegenheit vor möglichst vielen Leuten (die alle den richtigen Text kennen) das Falsche möglichst laut vorzutragen.
    Nach der Lesung sprach mich Herr P. aus München an. Er erklärte mir, ihm sei es genauso gegangen, schon als Kind habe er Matthias Claudius’ berühmtes Lied Der Mond ist aufgegangen falsch verstanden. Im Original heißt es da:
    » Der Wald steht schwarz und schweiget,
    und aus den Wiesen steiget
    der weiße Nebel wunderbar.«
    Der Herr erklärte mir, er hingegen habe immer gehört:
    » Der Wald steht schwarz und schweiget,
    und aus den Wiesen steiget
    der weiße Neger Wumbaba.«
    Ich dachte, das sei eigentlich der bessere Text, jedenfalls der zeitgemäßere. Denn »weißer Nebel« – das war zu Claudius’ Zeiten reine, wunderbare Poesie, doch heute? Bei Konzerten jeder x-beliebigen Boygroup steigt weißer Nebel auf, umwabert seltsamste, in den Marketingbüros der Plattenmanager geschaffene Kunstgestalten, blasse Kommerzgeschöpfe. Fast muss man froh sein, dass deutsche Großverlage nicht die Romanautoren der Saison bei ihren Lesungen aus weißen Schwaden hervortreten lassen.
    Der weiße Neger Wumbaba aber ist eine radikal poetische, fremdbesondere und – gelassen lächelnd über jeder politischen Korrektheit stehend – im Grunde ganz unzeitgemäße Figur, wie sie vielleicht nicht gerade Claudius, aber doch Morgenstern oder Ringelnatz hätten erfinden können. Heinrich Heine übrigens hat sich sogar daran versucht. In einem seiner letzten Werke, den Geständnissen (ich verdanke den Hinweis darauf Frau L. aus Hitzacker), schildert er – sehr frei aus einem zeitgenössischen Reisebericht zitierend – den König der Aschanti, eines afrikanischen Stammes, wie er von einem britischen Maler »conterfeit« wurde. Der Künstler bemerkte bei der Arbeit eine wachsende Unruhe des Königs, der offensichtlich einen Wunsch auf der Zunge hatte, doch damit nicht herausrückte. Der Maler, so Heine, »drang jedoch so lange in Seine Majestät, ihm ihr allerhöchstes Begehr kund zu geben, bis der arme Negerkönig endlich kleinlaut ihn fragte: ob es nicht anginge, daß er ihn weiß malte?« Heine weiter: »…jeder Mensch ist ein solcher Negerkönig, und jeder von uns möchte dem Publikum in einer anderen Farbe erscheinen, als die ist, womit uns die Fatalität angestrichen hat«.
    So ist es. Wumbaba – das sind wir alle.
    Als das Buch erschienen war, geschah Merkwürdiges. Sehr oftwurde nun der Titel des Buches missverstanden, ein bisschen zunächst in der Süddeutschen Zeitung , in einem Inserat, das ankündigte, ich würde öffentlich aus Der weiße Neger Wumbumba lesen. Dann in der Zeit , wo man neben einem der Bilder aus dem Buch lesen konnte, es entstamme dem Werk von Axel Hacke und Michael Sonsa (sic!) Der weiße Neger Wumaba . Schließlich in den Buchläden, deren Inhaber mir schrieben, man habe das Büchlein unter den Titeln Der weiße Jäger Wumbaba oder Das weiß der Neger Wumbaba verlangt. Und am Ende in einem Brief des Veranstalters vom Göttinger Literaturherbst , in dem es hieß: »… mit Interesse habe ich von Ihrem neuen Buch Der weiße Nigger gehört.« Gehört! Kurz zuvor hatte ich im Frankfurter Mousonturm unter anderem eine Geschichte mit dem Titel Jesus Beuys vorgelesen, entnahm aber zwei Tage später der Lokalpresse, ich hätte mich mit den Jesusboys beschäftigt. Klingt nach einer Zwölf-Mann-a-capella-Truppe, auf Gospel spezialisiert.
    Ich war nahe daran zu denken, das Buch habe ein Virus freigesetzt, das Wumbaba-Virus nämlich. Was für eine egozentrische Denkweise! Das Virus ist schon seit langer Zeit unterwegs.
    Die Geschichte des Verhörers und ihre literarische Verarbeitung wird im Weißen Neger Wumbaba ausführlich behandelt. Sie
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