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Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurueck

Titel: Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurueck
Autoren: Axel Hacke , Michael Sowa
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muss an dieser Stelle ergänzt werden um den Hinweis auf den Österreicher Dr. Kurt Ostbahn alias Ostbahn-Kurti alias Willi Resetarits, der in einer Sendung namens Trost & Rat auf Radio Wien schon in den neunziger Jahren des Öfteren auf das von ihm so genannten Owi-lacht-Syndrom zu sprechen kam, womit das Missverstehen von Liedtexten und eine daraus entstehende, völlig neue Aussage des Liedes gemeint war. Bestes Beispiel ist eben die berühmte Owi-lacht-Zeile aus Stille Nacht :
    » Stille Nacht, heilige Nacht
    Gottes Sohn, o wie lacht
    Lieb aus deinem göttlichen Mund.«
    Die Verhörenden (und ihre Zahl ist groß bei diesem populärsten aller Verhörer) hören »Gottes Sohn Owi lacht«, woraus sich im Grunde ganz und gar
     neue und bis heute unbeantwortete theologische Fragestellungen ergeben. Wer ist Owi, Gottes Sohn? Ein Bruder Jesu? Ungeliebt? Unbekannt? Verschollen? Und
     wer ist der »Einsam«, den wir zu Beginn des Liedes kennenlernen, wenn es heißt:
    » Stille Nacht, heilige Nacht!
    Alles schläft, Einsam wacht.«
    Ostbahn jedenfalls hat sich diesen Fragen im Radio wieder und wieder gewidmet, überliefert ist sein Herumrätseln am Bibeltext in der Kindheit: »Und dann heißt es ja, der Herr ist Mensch geworden und hat unter uns gewohnt. Und i hab des nie verstanden, weu unter uns hod gwohnt a gewissa Navratil.«
    Schon Ende der neunziger Jahre entstand im österreichischen Mailboxsystem BlackBox ein Forum, in dem sich Dreißigjährige an ihre Kindheit
     erinnerten. Daraus wurde ein Buch, Wickie, Slime und Paiper . Man kann dort nachlesen, dass zum Beispiel »Silvio« zu Beginn der Nachrichten immer
     verstand: »Dies sind die heutigen Schlachtzeilen«. Und sich darüber gar nicht wunderte, ging es doch immer um Mord und Totschlag in der Welt. Ich bin
     dann meinerseits nicht mehr sonderlich erstaunt, dass mir Frau P. aus dem Fränkischen schreibt, sie habe am Ende der Nachrichten beim Wetterbericht immer
     gehört »Mit Leichenschauern ist zu rechnen«, wenn in Wahrheit nur kleine Regenfälle angekündigt wurden. Wenigstens werden ja die Lottozahlen
     gewaltfrei, »ohne Gewehr« nämlich, bekannt gegeben, ein Verhörer,von dem mir Dutzende von Lesern berichteten. Es wäre indes gar
     nicht nötig gewesen. Ich hatte selbst das »ohne Gewähr« immer so verstanden, als Kind. Denn das Wort »Gewähr« hatte ich noch nie gehört oder
     gelesen, ein kleines Spielzeuggewehr aber besaß ich.

    Interessanter Punkt: Zwar gibt es an jeder Ecke Bücher über Versprecher, Stilblüten und Ähnliches, in all diesen Sammlungen aber werden Fehlleistungen anderer angehäuft. Bei den Verhörern jedoch erinnern sich die Menschen meistens eigener Missgeschicke. Das macht mir das Thema so sympathisch: Es ist von Selbstironie begleitet, oft auch von Erinnerungsseligkeit und Sentimentalität. Denn ein Versprecher ist immer eine Sache des Moments, er wird sofort erkannt. Verhörer aber begleiten Menschen manchmal ein Leben lang.
    Leser S. aus Bornheim bemängelte übrigens am Einbandbild des Weißen Negers Wumbaba , es sei ein Vollmond zu sehen, obwohl es bei Claudius heiße:
    » Seht ihr den Mond dort stehen? –
    Er ist nur halb zu sehen…«
    Warum, schrieb S., »lassen Sie Wumbaba auf dem Einband vom Vollmond bescheinen? Da er kein schwarzer, sondern ein weißer Neger ist, wäre er auch bei schwächerem Mondlicht zu sehen.« Und weiter: »Die Frage ist ja letztlich, ob Wumbaba nicht vielleicht nur dann wunderbar aus den Wiesen steigt, wenn der Mond nur halb zu sehen ist. Anhaltspunkte dafür, dass er mondsüchtig ist, sind ohnehin nicht ersichtlich. Es spricht also viel – eigentlich alles – dafür, dass Sie in einer Neuauflage ein bisschen gelbe Farbe sparen und den Mond halbieren.«
    Man könnte es sich einfach machen und S. entgegenhalten, er habe Claudius nicht vollständig zitiert, denn es heißt in Wahrheit:
    » Seht ihr den Mond dort stehen? –
    Er ist nur halb zu sehen,
    Und ist doch rund und schön!«
    Das würde bedeuten, dass der Maler, zu dessen Aufgaben es gehört, in seinen Bildern auch das Nichtsichtbare sichtbar zu machen, jedes Recht der Welt hat, den Mond so darzustellen, wie er in Wahrheit ist, nämlich »rund und schön«. Wenn es dem Wumbaba nicht gelingt, sich im Wörtlein »wunderbar« zu verstecken, soll auch der Mond sich nicht hinter einer Wolke verbergen dürfen.
    Aber S.’ Brief drängt auf eine Auseinandersetzung mit dem Wesen des Wumbaba hin, der in seiner Erscheinung einem Irrtum entspringt,
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