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Dhampir - Seelendieb

Dhampir - Seelendieb

Titel: Dhampir - Seelendieb
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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Prolog
    Er verband keine freudige Erwartung mit der Aufgabe. Sie stellte nur einen weiteren Schritt auf dem Weg dar, und er war immer fähig gewesen, das Nötige zu tun.
    Von der Nachtwache entzündete Straßenlaternen hingen an hohen Pfählen und eisernen Halterungen an den Hauswänden; in dieser Straße waren die Abstände zwischen ihnen regelmäßiger als in anderen Vierteln der Stadt des Königs. Mattes Licht fiel nicht auf festgetretene Erde, sondern feuchtes Kopfsteinpflaster, und in seinem Schein zeigten sich Steinhäuser und keine Hütten aus Holz oder Flechtwerk mit Lehm. Dies war ein vornehmer Bereich der Stadt. Hier, unweit des Schlosses, lebten Angehörige des niederen Adels, Würdenträger und Beamte. Licht, Wärme und eine Aura der Behaglichkeit drangen zwischen den halb zugezogenen Vorhängen an den Fenstern hervor, die echte Glasscheiben vorzuweisen hatten. Hier war des Nachts alles ruhig.
    Er beobachtete die Straße von einer Ecke aus und vergewisserte sich, dass in der nächsten Zeit kein Wächter vorbeikommen würde. Dann schritt er leise über die Pflastersteine.
    Kühler Wind brachte den feuchten Geruch der Bucht aus dem Westen der Stadt heran. Kälte machte ihm nichts aus, trotzdem zog er den langen schwarzen Mantel enger um sich. So verschmolz er fast vollständig mit der Nacht, was ihn vor den Blicken von Leuten schützte, die noch einmal aus dem Fenster sahen, bevor sie zu Bett gingen. Er zog an seinen Lammfellhandschuhen und bewegte die Finger, bis der Stoff glatt saß.
    Kurze Zeit später erreichte er das gesuchte Haus, trat durchs eiserne Tor. Seine Hand ruhte leicht auf dem Geländer, als er die drei Stufen zur großen Eingangstür hochging. Verziertes, buntes Eschenholz zeigte detailreich von einem geduldigen Künstler geschnitzte Tauben und Kletterpflanzen. Zwei Laternen leuchteten zu beiden Seiten der Tür. Er streckte die Hand nach ihnen aus und drehte die Einstellräder für die Dochte, erst bei der rechten Laterne und dann bei der linken, bis die Flammen so klein geworden waren, dass sie fast erloschen. Dann griff er nach dem großen Messingring und klopfte zweimal, nicht öfter.
    Einige Sekunden verstrichen. Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit.
    Eine junge Frau spähte nach draußen. Sie war klein für ihre sechzehn Jahre, hatte dunkelbraune Ringellocken, die ihr auf die Schultern fielen, und trug ein lavendelblaues Kleid mit safrangelben Säumen. Zuerst blickte sie wachsam, doch dann erkannte sie den Mann vor der Tür und lächelte. Diese junge Dame hatte immer Mitleid mit den überarbeiteten Bediensteten und gab ihnen insgeheim einen Abend frei, ohne dass ihr Vater etwas davon wusste. Sie war allein im Haus, im friedlichsten, anständigsten Viertel der Stadt.
    »Oh, Vater ist heute Abend nicht da«, sagte sie. »Er ist im ›Haus des Ritters‹ und spielt Karten.«
    Der Mann antwortete nicht. Seine linke Hand schoss nach vorn, packte die junge Frau am Hals und zog sie zu seinem offenen Mund.
    Sie schnappte nach Luft, ließ den Atem aber nicht wieder entweichen.
    Er biss sie in die Kehle, bevor sie die Hände heben und versuchen konnte, ihn zurückzustoßen. Spitze Reißzähne bohrten sich durch die weiche Haut. Seine Kiefer arbeiteten, als er Fleisch und Adern zerriss. Schmerz und Schock lähmten die junge Frau, sodass sie nicht einmal schreien konnte. Die halb erhobenen Hände fielen schlaff nach unten und zitterten.
    Ihr Gewicht bedeutete ihm nicht s – er trug es mit der um ihren Hals geschlossenen Hand. Ihr Herzschlag wurde langsamer und unregelmäßig; er schüttelte sie, damit das Blut weiterhin floss. Es tropfte aus der Wunde auf den Kragen, und er beobachtete, wie es in ihr Leibchen und über die Brust floss, wie es von der Schulter über den Arm rann, bis es schließlich von den dünnen Fingern tropfte. Immer schwächer schlug das Herz, bis er es gar nicht mehr hörte. Er sah, wie ihre Augen kalt und leer wurden. Eine braune Haarlocke haftete am feuchten Hals, als ihr Kopf zur Seite baumelte.
    Mit der freien Hand riss er ihr Kleid auf, und zum Vorschein kam das blutverschmierte weiße Unterhemd. Er zerriss es ebenfalls und ließ die junge Frau wie eine schmutzige, zerbrochene Puppe auf die Veranda fallen. Dann drehte er sich um, kehrte durchs Tor zur Straße zurück und sah in beide Richtungen. Als er sicher war, dass sich niemand in der Nähe befand, ging er in die Richtung, aus der er gekommen war.
    Er holte ein Taschentuch hervor und wischte sich den Mund
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