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Der Wald des Vergessens

Der Wald des Vergessens

Titel: Der Wald des Vergessens
Autoren: Reginald Hill
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sagte: »Ich gehe zu ihm.«
    »Was? Nein!« protestierte Thomas.
    »Mrs. Batty«, sagte Pascoe. »Fühlen Sie sich frei, zu ihm zu gehen und ihn, so gut Sie können, vorzubereiten, aber ich gehe hinauf zu ihm, welche Einwände auch immer von Ihrer Familie kommen. Finden Sie nicht, daß ich das Recht habe?«
    Sie argumentierte nicht lange mit ihm, sondern erhob sich sogleich und verließ das Zimmer.
    David Batty lachte lauthals los: »Ich hab mir schon gedacht, daß du zu guter Letzt dahinterkommst, Peter. Du hast einen Verstand, dem kein Trick entgeht. Um das zu erkennen, muß man schon selbst so gestrickt sein!«
    Beim Verlassen des Zimmers machte Pascoe einen Bogen um Thomas, der sich nicht rührte.
    Mit leichtem Schritt rannte er die Treppe hinauf, sah eine offene Tür und ging auf sie zu.
    In einem großen, luftigen Schlafzimmer mit Blick über die hohe Grenzmauer in Richtung Kirche und das alte Dorf Kirkton sah er Janet Batty auf einer Bettkante, die Arme um die Schultern eines Greises gelegt, der von Kissen gestützt wurde. Sein Gesicht war fast zum Totenschädel abgemagert, aber sein weicher, weißer Haarschopf fiel ihm noch immer in die Stirn, und die Augen, die starr auf Pascoe gerichtet waren, waren strahlendblau und hellwach.
    Da füllten sie sich wie die seiner Tochter mit Tränen.
    »Peter«, sagte er mit gebrochener Stimme. »Du bist es … nach all den Jahren … ich habe es nicht gewußt … nicht damals … ich schwöre es …«
    Er sieht nicht mich, dachte Pascoe. Er sieht den anderen Peter, der für ihn gestorben ist.
    »Was hast du nicht gewußt?« fragte er, obwohl ihm die Antwort bekannt war, er sie aber von diesem Fleisch gewordenen Geist hören mußte.
    »Daß wir Brüder sind«, sagte Bertie Grindal.
    Brüder. Hatte sein Urgroßvater es gewußt? Hatte seine Mutter etwas zu ihm gesagt, als er sie auf dem Totenbett in Cromer besucht hatte? War das der Grund dafür, daß Arthur so lange gezögert hatte, ihm von ihrer Erkrankung zu erzählen? Er würde noch einmal die Tagebücher lesen müssen, um Antworten auf diese Fragen zu finden. Vielleicht waren sie ja nicht vorhanden. Und vielleicht wollte er sie gar nicht wissen.
    Janet Batty hatte angefangen zu sprechen.
    »Er hat sich entscheiden müssen, Großvater hat sich entscheiden müssen.«
    Zwischen dem legitimen Erben und dem sozialistischen Bastard?
    »Keine Wahl«, sagte Pascoe, die Augen fest auf den alten Mann im Bett geheftet.
    »Gerade habe ich es auseinanderdividiert«, sagte Davids Stimme hinter ihm. »Es ist eigentlich komisch, aber weil bei dir eine weitere Generation dazwischenliegt, müßte ich so etwas wie dein Halbonkel zweiten Grades sein. Herzlich willkommen in der Familie!«
    Nun löste Pascoe den Blick von dem alten Mann und seiner blassen Tochter und richtete ihn langsam auf David Batty und dessen Vater hinter ihm auf dem Vorplatz.
    Ihm fiel ein, wie er Ellie verraten hatte …
ich habe mich immer in Tagträumen ergangen, daß ich entdecken würde, ein Wechselbalg zu sein und in Wirklichkeit eine völlig andere Familie zu haben, mit der ich einen Neuanfang machen konnte …
Und hier stand sie, seine neue Familie, und er konnte sie neben seine alte stellen, die so sehr wenig erfolgreich gewesen war. Es machte keinen Sinn, hier rumzustehen. Es war Zeit für einen Neuanfang …
    Eine Art wildes Gelächter stieg in ihm auf angesichts der schwarzen Komödie des Ganzen, und seine Schultern zuckten, da er es unterdrückte.
    »Kein Anlaß zur Sorge«, sagte David. »Ich bestehe nicht auf meinem Recht, Onkel genannt zu werden.«
    »Das ist nett von dir«, sagte Peter Pascoe. »Dennoch sollte der Mensch auf seinen Rechten bestehen. Warum erläutere ich dir jetzt nicht ein paar der deinen?«
    Und ohne einen Blick zurück auf den Greis im Bett zu werfen, nahm er den verdutzten David Batty am Arm und zog ihn mit sanfter Gewalt die Treppe hinunter.

Fünf
    A ndy Dalziel parkte sein Auto an derselben Stelle gegenüber Cap Marvells Wohnung, wo er schon vier Abende zuvor gestanden hatte.
    Es war auch wieder fast dieselbe Zeit, und während er im Auto saß, unentschlossen, was er als nächstes tun sollte, sah er sie wieder, nur diesmal kam sie aus dem Mietshaus und ging in Richtung Garagen. Wie ein Mann, der allen Mut zusammengenommen hat, um zum Zahnarzt zu gehen, und dann die Praxis geschlossen findet, wußte Dalziel nicht, ob er froh oder enttäuscht sein sollte.
    Der Morgen wäre besser, entschied er. Er hatte einen langen,
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