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Der Wald des Vergessens

Der Wald des Vergessens

Titel: Der Wald des Vergessens
Autoren: Reginald Hill
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anmerken, aber der Frau gelang es nicht so ohne weiteres.
    Pascoe lehnte sich vor und richtete das Wort an sie. »Ich meine natürlich den meiner Urgroßväter, den Ihr Herr Vater, Herbert Grindal, mit eigener Hand getötet hat, nicht meinen anderen Urgroßvater, dessen Hinrichtung er nur zugelassen hat.«
    Mrs. Battys Augen schwammen in Tränen. Ihr Mann sah aus, als wollte er sich in einen Anfall von Entrüstung hineinsteigern, doch als seiner Frau die Tränen über die Wangen liefen, schien er sich zu sagen, daß es keinen Sinn hatte, sich aufzuplustern, um einen Ausweg aus der Situation zu finden.
    Er sagte: »Wie …?«
    Pascoe sagte: »Ich besitze das Tagebuch, das Feldwebel Peter Pascoe bis zum Vorabend seiner Hinrichtung führte. Ich habe außerdem das Tagebuch des Offiziers eingesehen, der als sein Verteidiger bei der Verhandlung fungierte, und ich weiß, was Ihr Herr Vater, Mrs. Batty, im einzelnen ausgesagt hat, und ich kenne außerdem den der Aussage beigefügten Brief, den Ihr Großvater geschrieben hat.«
    Daß er so tat, als habe er seine Kenntnisse aus Studholmes Tagebuch, schien ihm glaubwürdig genug, um Poll Pollingers Vertrauen nicht zu mißbrauchen.
    »Jetzt würde ich noch gern wissen«, fuhr er fort, »was Sie mir über die Angelegenheit zu sagen haben. Ich sollte Sie warnen, daß die Ermittlungen zur Todesursache von Stephen Pascoe noch laufen, und so wie die Dinge im Augenblick stehen, werde ich mich gezwungen sehen, bei der Leichenschau zu sagen, was ich entdeckt habe.«
    Sollten sie ruhig wissen, daß er wie alle Paranoiden vor nichts zurückschreckte!
    »Das sind doch wohl kaum Dinge für die Medien, Mr. Pascoe«, protestierte Batty. »Es würde niemandem etwas nützen, in die Schlagzeilen der Regenbogenpresse zu kommen.«
    »Finden Sie? Ich kann nicht erkennen, wie es meiner Familie schaden könnte«, erwiderte Pascoe. »Schlimmer als in den vergangenen achtzig Jahren können meine Vorfahren nicht gebrandmarkt werden.«
    »Ich verstehe wirklich nicht, worum hier eigentlich soviel Theater gemacht wird, um Himmels willen«, sagte David Batty ungeduldig. »Das ist doch alles Schnee von gestern! Genau darüber schien sich Ihr dicker Boss Gedanken zu machen, Peter. Zu beweisen, daß die Sache vor so langer Zeit passiert ist, daß sie ihn weder Zeit kostet noch seine Statistik verschlechtert.«
    Pascoe betrachtete ihn kalt. David Batty war ein Mensch mit sehr wenig Moralgefühl. Wenn man das wußte, stand es ganz anders mit seiner verbindlichen, lockeren Art.
    Doch das war kein Grund, sich seiner nicht zu bedienen. Er zwang sich das Lächeln eines jungen Mitverschwörers auf die Lippen.
    »Stimmt, David«, sagte er. »Aber wenn ich den Deckel auf die Büchse tun will, muß ich erst einmal genau wissen, was ich unter dem Deckel verstecke, damit ich nicht aus Versehen etwas entweichen lasse.«
    Der pragmatische Trugschluß fiel auf verständnisvolle Ohren.
    »Zeigen wir ihm doch den Brief«, sagte Batty. »Dann weiß er, daß wir alle daran beteiligt sind.«
    Seine Eltern tauschten fragende Blicke aus, aber ihr Sohn wartete nicht auf eine Antwort, sondern stand auf und verließ den Raum. Einen Augenblick später kam er mit einem alten beigen Umschlag zurück.
    »Da«, sagte er und ließ den Umschlag in Pascoes Schoß fallen. »Das sollte die letzten Lücken schließen.« Pascoe öffnete das Kuvert und entnahm ihm ein einzelnes Blatt, das mit einer säuberlichen Handschrift bedeckt war.
    Die Überschrift war in Blockschrift geschrieben.
     
    AUSSAGE VON
    ARTHUR HERBERT GRINDAL
    30. NOVEMBER 1917
    Noch eine Stimme aus der Vergangenheit. Wann würden sie je schweigen?
    Er begann zu lesen.
     
    Ich, Arthur Herbert Grindal aus Kirkton im County Yorkshire, versichere, bei klarem Verstand zu sein und im folgenden eine wahre und genaue Beschreibung der Todesumstände von Stephen Pascoe, ebenfalls aus Kirkton, zu geben.
    Am Abend des vergangenen 27. November besuchte ich meinen Sohn Bertie, der wegen Verwundungen, die er in Flandern erlitten hatte, im Offiziershospital Wanwood House, Mid Yorkshire, lag. Er befand sich in einem ziemlich verzweifelten Zustand, weil er gerade erfahren hatte, daß der Feldwebel seines Zugs, Peter Pascoe, Vetter des oben genannten Stephen Pascoe, durch ein Exekutionskommando hingerichtet worden war, nachdem er der Feigheit vor dem Feind für schuldig befunden worden war. Bertie, der an einem Nervenleiden erkrankt ist, das als Neurasthenie diagnostiziert wurde, dadurch
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