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Der wahre Hannibal Lecter

Titel: Der wahre Hannibal Lecter
Autoren: Jaques Buval
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eingesetzten Inspektoren überwacht wurden. Der verantwortliche Sir Edmund du Crane ordnete an, dass 53 der 113 veralteten Anstalten wegen der menschenunwürdigen Haftbedingungen geschlossen wurden.
    Die Einzelhaft sollte der Abschreckung und Läuterung dienen. Du Cranes Überzeugung lautete: »Der Gefangene kann, ganz allein in seiner Zelle, eher die Fehler seiner strafbaren Handlung erkennen.«
    So wurden Haftbedingungen geschaffen, die der Delinquent nicht vergessen sollte. In den ersten Wochen der Haft musste der Gefangene auf einer Holzplanke schlafen und war Tag und Nacht allein in seiner Zelle. Bewährte er sich, durfte er in einer Tretmühle arbeiten, entweder in seiner Zelle oder in einem anderen Raum zusammen mit anderen Gefangenen. Das Sprechen während der Arbeit war strikt untersagt. Das Tragen von einheitlicher Anstaltskleidung war Vorschrift. Briefe und Besuche waren zunächst verboten. Erst nach drei Monaten lockerten sich die Bedingungen, und der Gefangene durfte alle drei Monate Besuch erhalten. Allerdings durfte der Häftling seinen Besuch nicht ansehen, sondern musste ihn mit dem Gesicht zur Wand empfangen.
    Gefangene, die eine mehr als dreijährige Haftstrafe zu verbüßen hatten und sich während ihres Gefängnisaufenthaltes tadellos verhielten, konnten von nun an darauf hoffen, ein Viertel ihrer Haftzeit erlassen zu bekommen. Ausgenommen von diesen Vergünstigungen waren allerdings Schwerverbrecher.
    Im Jahre 1895 setzte mit dem »Gladstone Report« ein erneutes Umdenken bei den Verantwortlichen der Strafanstalten ein. Das zu erreichende Ziel war nun nicht mehr die Abschreckung, sondern auch die charakterliche Besserung der Gefangenen. Die verhassten Tretmühlen wurden abgeschafft.
    In Gemeinschaftsräumen erhielt ein Großteil der Häftlinge Arbeit unter menschenwürdigen Bedingungen. Die Häftlinge wurden medizinisch versorgt, durften sich Bücher ausleihen und sogar an Weiterbildungskursen teilnehmen. Jugendhaft-anstalten für Gefangene bis zum Alter von 23 Jahren wurden gebaut. Deren Haftzeit durfte jedoch nicht länger als drei Jahre sein. Um das Jahr 1900 erhielten ausgewählte Gruppen von straffällig gewordenen Jugendlichen sogar die Möglichkeit, auf Kosten der Anstalt eine spezielle, längerfristige Ausbildung zu absolvieren.

Reformen im 20. Jahrhundert

    Die als Peterson-Ära bekannte Epoche brachte weitere Reformen, ausgelöst durch die Vielzahl an Beschwerden von Kriegsgefangenen aus dem Ersten Weltkrieg, die in den Gefängnissen untergebracht worden waren. Das obligatorische Kahlscheren der Haare und die Sträflingskleidung wurden nach und nach abgeschafft. Es wurden Hygienebedingungen geschaffen, die annähernd der Genfer Konvention für Menschenrechte entsprachen. Die tägliche Arbeitszeit wurde auf sieben Stunden festgelegt. Die Verordnung, nach der nur Gefangene, die mehr als vier Jahre einzusitzen hatten, rauchen durften, wurde allmählich aufgehoben.
    Die Diensthabenden der Jugendstrafanstalten trugen keine Uniformen mehr. Sogar der Kontakt zwischen Wärtern und Gefangenen war nun erwünscht. Sommercamps wurden eingeführt und zahlreiche Jugendarrestanstalten eröffnet. In einer der härtesten Strafanstalten des Landes, in Wakefield, durften Erwachsene 1936 zum ersten Mal unter offenen Bedingungen im New Hall Camp schlafen. Da das auch in der Bevölkerung nicht auf Kritik stieß, wurde dieses Angebot beibehalten.
    Während des Zweiten Weltkrieges kam es durch den Zustrom von Kriegsgefangenen zu erheblichen Problemen.
    Eine fortgesetzte personelle Unterbesetzung stand nun einer unvorstellbaren Überbelegung der Gefängnisse gegenüber. Bis zu 15 Personen wurden in eine Zelle gepfercht, die eigentlich für zwei bis drei Insassen vorgesehen war. Betten in der benötigten Anzahl waren nicht vorhanden. Es kam zu brutalen handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen den Kriegsgefangenen und den eigentlichen Sträflingen. Der Unmut begann zu eskalieren. Lebenslängliche, die nichts zu verlieren hatten, ließen die Ausländer spüren, wer Herr im Hause war.
    Die überforderten Beamten wagten sich kaum noch in die Gefängnisgänge. Auch sie mussten um ihr Leben bangen. So zogen sie es vor, bei vielen der zum Teil tödlich endenden Vorfälle wegzusehen. Meist waren die abgemagerten Kriegsgefangenen die Unterlegenen bei diesen Auseinandersetzungen. In ihren Sterbeurkunden stand dann irgendeine erfundene Krankheit.
    Als die letzten Kriegsgefangenen die Zellen verlassen hatten,
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