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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter
Autoren: Dean R. Koontz
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des Verfolgers symbolisieren, der sein Opfer immer im Blick hatte und über sein Verhalten zu Gericht saß.
    Blödsinn. Eine miserable Analyse. Ethan konnte bei diesem Wetter, das düstere Spekulationen geradezu herausforderte, noch so sehr nachbrüten, er kam nur zu banalen und nutzlosen Schlussfolgerungen.
    Trotzdem gingen ihm die apfelfeuchten Worte einfach nicht aus dem Sinn:
    DAS AUGE IM APFEL? DER WACHSAME WURM? DER WURM DER ERBSÜNDE? HABEN WORTE EINEN ANDEREN ZWECK, ALS VERWIRRUNG ZU STIFTEN?
    In seiner Frustration war er richtig dankbar, dass kurz nach zehn das Telefon läutete und ihn vom Fenster zum Schreibtisch lockte.
    Es war Laura Moonves, eine alte Freundin aus seiner Zeit beim LAPD, wo sie in der Datenstation der Kriminalpolizei arbeitete. Sie hatte für ihn den Besitzer eines Wagens recherchiert. Der jetzige Fall war erst das zweite Mal, dass er ihre Freundschaft innerhalb eines Jahres auf diese Weise ausnutzte.
    »Ich hab deinen Übeltäter«, sagte Laura.
    »Vorläufig steht er nur unter Verdacht«, sagte Ethan.
    »Der drei Jahre alte Honda ist auf einen Rolf Herman Reynerd in West Hollywood zugelassen.« Sie buchstabierte alle drei Namen und gab dann die Adresse durch.
    »Was haben sich die Eltern bloß dabei gedacht, ihren Sprössling Rolf zu nennen?«
    In Sachen Namen war Laura ein wandelndes Lexikon. »Wieso? Das ist ein richtig maskuliner Name aus dem Deutschen. Er kommt von Rudolf, was so viel wie ›ruhmreicher Wolf‹ bedeutet. Ethan heißt übrigens ›beständig‹ und ›gefestigt‹, aber das weißt du ja.«
    Vor zwei Jahren waren sich die beiden ziemlich nahe gekommen, und aus Lauras Sicht war Ethan alles andere als beständig und gefestigt gewesen. Genau diese beiden Eigenschaften hätte sie gern an ihm gesehen, aber er hatte in seinem Leben einfach zu viele Blessuren davongetragen, um ihr zu geben, was sie brauchte. Vielleicht war er auch nur zu dumm gewesen.
    »Ich hab im Strafregister nach ihm gesucht, aber da war Fehlanzeige«, fuhr Laura fort. »In der Datenbank der Zulassungsstelle steht ›Haarfarbe: braun, Augen: blau, Geschlecht: männlich‹. Das gefällt mir, ich krieg nämlich nicht genügend männliches Geschlecht. Größe: ein Meter fünfundachtzig, Gewicht: einundachtzig Kilo. Geburtsdatum: 6. Juni 1972; also ist er jetzt einunddreißig.«
    Ethan hatte alles auf einem Notizblock mitgeschrieben. »Danke, Laura. Jetzt schulde ich dir was.«
    »Na, dann sag mir doch mal – wie groß ist sein Johnny?«
    »Steht das nicht in der Datenbank?«
    »Ich meine nicht den von diesem Rolf, sondern den von Manheim. Hängt er ihm bis zu den Knöcheln oder bloß bis zu den Knien?«
    »Ich hab seinen Johnny zwar noch nie gesehen, aber Probleme beim Gehen hat er offensichtlich nicht.«
    »Schnucki, vielleicht könntest du mich ja mal mit ihm bekannt machen?«
    Ethan war immer schleierhaft geblieben, weshalb sie ihn Schnucki nannte. »Der Typ würde dich zu Tode langweilen, Laura, und das ist die reine Wahrheit.«
    »So hübsch wie der ist, würde ich gar keine gepflegte Unterhaltung brauchen. Ich würde ihm einfach einen Lappen in den Mund stopfen, die Lippen zukleben, und dann ab ins Paradies.«
    »Eigentlich ist es mein Job, Leute wie dich von ihm fern zu halten.«
    »Der Name Truman ist aus zwei alten englischen Wörtern abgeleitet«, sagte Laura. »Er bedeutet ›standhaft, treu, vertrauenswürdig, beständig‹.«
    »Selbst wenn du mir Schuldgefühle machst, verschaffe ich dir keine Verabredung mit diesem Kerl. Außerdem, war ich nicht immer treu und vertrauenswürdig?«
    »Schnucki, wenn du bloß fünfzig Prozent zu bieten hast, heißt das noch nicht, dass du deinen Namen auch verdienst.«
    »Du warst sowieso zu gut für mich, Laura. Du hast mehr zu bieten, als ein Hohlkopf wie ich schätzen kann.«
    »Ich würde wirklich gern mal einen Blick in deine alte Personalakte werfen«, sagte Laura. »Bestimmt sind da mehr olivgrüne Sternchen für Schleimscheißerei drin als in jeder anderen Akte im Archiv.«
    »Reicht’s jetzt allmählich? Hör mal, mir geht die ganze Zeit der Name Rolf im Kopf herum. Ruhmreicher Wolf – ergibt das irgendeinen Sinn? Was muss ein Wolf tun, um berühmt zu werden?«
    »’ne Menge Schafe reißen, würde ich mal sagen.«
    Nachdem Ethan sich von Laura verabschiedet hatte, fiel wieder leichter Regen. Ohne den stürmischen Wind küssten die Tröpfchen allerdings kaum die Fensterscheiben.
    Ethan griff zur Fernbedienung, um den Fernseher und das Videogerät
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