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Der vierzehnte Stein

Der vierzehnte Stein

Titel: Der vierzehnte Stein
Autoren: Fred Vargas
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warst nicht mehr verliebt?«
    »Doch. Keine Ahnung.«
    »Trotzdem bist du hinter den Mädchen hergelaufen?«
    »Ja.«
    »Also hast du sie getäuscht, und das tat deiner Puppe weh.«
    »Ja.«
    »Und dann, irgendwann, hast du dein Wort gebrochen und bist ohne Empfehlung auf und davon?«
    »Man könnte es nicht besser sagen.«
    »Hast du dir deshalb an jenem Abend in der Schleuse die Kante gegeben?«
    »Unter anderem.«
    Sanscartier trank sein Glas Champagner in einem Zug aus.
    »Nimm’s nicht persönlich, aber daß du dir soviel blaue Flecken holst, liegt daran, daß du dich in deiner Strickarbeit verhedderst. Kannsta mir folgen?«
    »Sehr gut.«
    »Ich bin kein Rätsellöser, aber ich würde sagen, du solltest deinen Grips richtig festhalten und deine Lichter anknipsen.«
    Adamsberg schüttelte den Kopf.
    »Sie betrachtet mich von sehr fern und wie eine verdammte Gefahr.«
    »Tja, wenn dir so ist, daß du ihr Vertrauen wiedergewinnen willst, kannst du’s ja immer noch versuchen.«
    »Und wie?«
    »Na, wie auf der Baustelle. Sie reißen die abgestorbenen Baumstümpfe raus und pflanzen junge Ahornbäume.«
    »Na, wie?«
    »Wie ich’s dir gerade gesagt hab. Sie reißen die abgestorbenen Baumstümpfe raus und pflanzen junge Ahornbäume.«
    Sanscartier zeichnete mit seinem Finger Kreise auf seiner Schläfe, um anzudeuten, daß die Aktion ein wenig Nachdenken erforderte.
    »Setz dich drauf und dreh dich rum?«
    »Genau so, Schumm.«
    Um zwei Uhr morgens gingen Raphaël und sein Bruder zu Fuß nach Hause, im Gleichschritt, im gleichen Rhythmus.
    »Ich fahre ins Dorf, Jean-Baptiste.«
    »Ich komme mit. Brézillon hat mir eine Woche Zwangsurlaub verordnet. Ich sehe wohl etwas mitgenommen aus.«
    »Glaubst du, daß die Kinder da oben beim Waschplatz noch immer Kröten explodieren lassen?«
    »Daran zweifle ich nicht, Raphaël.«

65
     
    Die acht Mitglieder der Quebec-Mission begleiteten Laliberté und Sanscartier nach Roissy, zum Flug um 16 Uhr 50 nach Montreal. Es war das sechste Mal in sieben Wochen, daß sich Adamsberg auf diesem Flughafen wiederfand, in sechs unterschiedlichen Gemütsverfassungen. Als sie unter der Anzeigentafel zusammentraten, war er beinahe erstaunt, daß Jean-Pierre Emile Roger Feuillet nicht mit dabei war, ein anständiger Kerl, dieser Jean-Pierre, dem er gern die Hand geschüttelt hätte.
     
    Er hatte sich ein paar Meter von der Gruppe entfernt mit Sanscartier, der ihm seine Spezialwetterjacke mit zwölf Taschen schenken wollte.
    »Aber Achtung«, erklärte Sanscartier, »für ’ne Jacke ist die ziemlich ausgetüftelt, denn man kann sie wenden. Mit der schwarzen Seite bis du gut geschützt, Schnee und Wasser fließen an dir ab, ohne daß du was davon merkst. Und mit der blauen Seite erkennt man dich gut im Schnee, aber sie ist nicht wasserdicht. Da wirst du naß. Also kannst du sie ganz nach Laune mal so und mal so rum tragen. Nimm’s nicht persönlich, ist wie im Leben.«
    Adamsberg fuhr sich durch sein kurzes Haar.
    »Ich verstehe«, sagte er.
    »Nimm sie«, sagte Sanscartier und stopfte Adamsberg die Jacke unter den Arm. »So wirst du mich nicht vergessen.«
    »Die Gefahr besteht nicht«, murmelte Adamsberg.
    Sanscartier klopfte ihm auf die Schulter.
    »Knips deine Lichter an, nimm deine Skier und mach dich auf den Weg, Schumm. Und nix für ungut.«
    »Grüß das Eichhörnchen vom Dienst von mir.«
    »Criss, du hattest es bemerkt? Gérald?«
    »So heißt es?«
    »Ja. Nachts verkriecht es sich in dem kleinen Loch in der Regenrinne, die mit Frostschutzmittel eingeschmiert ist. Gerissen, findsta nicht auch? Und tagsüber will es seinen Dienst tun. Weißta, daß es Kummer hatte?«
    »Ich weiß von nichts. Ich war ja selbst in einem Loch.«
    »Hattasta mitgekriegt, daß er sich ’ne Puppe angelacht hatte?«
    »Na, klar.«
    »Tja, seine Puppe hat das Spiel irgendwann aufgegeben. Da war Gérald nur noch ’n Wrack, er ist den ganzen Tag in seinem Loch hockengeblieben. Also hab ich ihm abends zu Hause Nüsse geknackt und sie ihm morgens neben die Regenrinne gelegt. Nach drei Tagen ist er schließlich weich geworden und hat wieder gefressen. Der Boß hat rumgebrüllt, welcher Trottel dem Gérald Nüsse mitgebracht hätte, aber ich hab meinen Rand gehalten, kannsta dir vorstellen. Er hatte mich ja schon wegen deiner Sache mächtig auf dem Kien.«
    »Und jetzt?«
    »Er lag nicht allzu lange vor Anker, der Gérald, dann hat er wieder seinen Job gemacht, und die Kleine ist
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