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Ein verführerischer Schuft

Ein verführerischer Schuft

Titel: Ein verführerischer Schuft
Autoren: Stephanie Laurens
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    Bastion Club
Montrose Place, London
15. März 1816

    »Es ist noch ein ganzer Monat, bis die Saison offiziell beginnt, aber die Hyänen haben sich schon wieder zur Jagd zusammengerottet.« Charles St. Austell ließ sich in einen der hochlehnigen Stühle um den Mahagonitisch im Versammlungsraum des Bastion Clubs sinken.
    »Wie wir es vorhergesagt haben.« Anthony Blake, der sechste Viscount Torrington, nahm ihm gegenüber Platz.
    »Der ganze Trubel auf dem Heiratsmarkt grenzt schon fast an Hysterie.«
    »Hast du davon schon etwas zu spüren bekommen?« Deverell setzte sich neben Charles.
    »Ich muss zugeben, ich warte noch den rechten Moment ab und halte mich so lange bedeckt, bis die Saison richtig losgeht.«
    Tony verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
    »Meine Mutter mag zwar vielleicht in Devon leben, aber sie hat einen würdigen Statthalter in meiner Patentante Lady Amery. Wenn ich mich auf ihren Gesellschaften nicht wenigstens kurz blicken lasse, kann ich mich darauf verlassen, am nächsten Morgen eine scharf formulierte Nachfrage zu erhalten, weshalb ich ferngeblieben sei.«
    Die anderen lachten - schicksalsergeben, zynisch oder mitfühlend -, während sie Platz nahmen. Christian Allardyce, Gervase Tregarth und Jack Warnefleet setzten sich ebenfalls an den Tisch, dann richteten sich aller Augen gleichzeitig auf den leeren Stuhl neben Charles.
    »Trentham lässt sein Bedauern ausrichten.« Am Kopf des Tisches gab sich Christian nicht die Mühe, eine ernste Miene zu behalten.
    »Zugegeben, er klang nicht wirklich aufrichtig. Er hat geschrieben, er habe heute eine dringendere Verabredung, wünsche uns aber Freude an und Erfolg in unserem Vorhaben. Er rechnet damit, innerhalb einer Woche wieder in der Stadt zu sein und freut sich darauf, uns sechs in der sich abzeichnenden Mühsal nach Kräften beizustehen.«
    »Wie überaus freundlich von ihm«, spottete Gervase; alle grinsten.
    Trentham - Tristan Wemyss - war der Erste von ihnen, dem es gelungen war, das zu erreichen, was sie alle sich vorgenommen hatten. Sie mussten alle heiraten; dieses gemeinsame Ziel war der Grund für diese Idee hier, diesem Club gewesen - die letzte Bastion gegen die ehestiftenden Horden der guten Gesellschaft.
    Die sechs, die noch ledig waren, hatten sich hier versammelt, um die letzten Neuigkeiten auszutauschen. Tony war sich sicher, dass er derjenige war, der die größte Verzweiflung verspürte, allerdings konnte er sich selbst nicht erklären, weshalb er sich so rastlos, so frustriert fühlte, als wäre er auf dem Sprung, bereit zum Angriff - jedoch ohne, dass ein Feind in Sicht wäre. So unruhig war er seit Jahren nicht gewesen. Andererseits war er in den vergangenen Jahren ja auch kein Zivilist gewesen oder eben nur ein gewöhnlicher Gentleman.
    »Ich schlage vor, dass wir uns alle vierzehn Tage treffen«, erklärte Jack Warnefleet.
    »Wir müssen schließlich auf dem Laufenden bleiben.«
    »Dem stimme ich zu.« Gervase nickte.
    »Und wenn einer von uns irgendetwas Dringendes zu berichten hat, berufen wir ein Treffen außer der Reihe ein. Bedenkt man, mit welchem Tempo sich die Dinge derzeit in der Gesellschaft verändern, sind zwei Wochen die Grenze - bis dahin haben wir eine völlig neue Ausgangssituation.«
    »Ich habe gehört, die Hüterinnen von Almack’s spielen mit dem Gedanken, dieses Jahr die Saison vorzeitig zu eröffnen, so groß ist das Interesse.«
    »Stimmt es denn, dass man immer noch Kniehosen tragen muss?«
    »Sicher. Sonst muss man damit rechnen, dass einem der Einlass verwehrt wird.« Christian hob seine Brauen.
    »Allerdings muss ich erst noch herausfinden, weshalb das schlimm sein sollte.«
    Die anderen lachten. Sie fuhren fort, Informationen auszutauschen - über gesellschaftliche Ereignisse, die neueste Mode und die angesagten Zerstreuungen - und wandten sich dann Warnungen vor einzelnen Matronen zu, vor heiratswütigen Müttern, allgemein den Drachen des ton sowie den schlimmsten Schreckschrauben und alten Hexen, kurz all denen, die ahnungslosen Junggesellen auflauerten, um sie in die Ehefalle zu locken.
    »Lady Entwhistle sollte man unbedingt aus dem Weg gehen - wenn sie einen erst einmal in den Klauen hat, ist es teuflisch schwer, sich daraus wieder zu befreien.«
    So versuchten sie mit der schweren Aufgabe fertig zu werden, die vor ihnen lag.
    Sie alle hatten die letzten zehn Jahre oder sogar mehr in den Diensten der Regierung Seiner Majestät verbracht - als Agenten mit inoffiziellen Aufträgen, um
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