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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in Kontakt gekommen?«
    »Wir hatten immer Kontakt miteinander.« Tawan schloß die Augen. Die Erinnerung überfiel ihn. Erinnerungen an die schönen Stunden in der dreckigen Slumhütte mit dem Wellblechdach. »Sie war ein wunderschönes Mädchen, und sie war meine Schwester und meine Geliebte.« Er öffnete die Augen und suchte Dr. Baghas Blick. »Entsetzt, Doktor?«
    »Ja und nein. Aber ich weiß jetzt, daß Sie sich bei Ihrer Schwester angesteckt haben. Nun sind wir einen Schritt weiter. Ihre Liebe kann Ihr Tod sein – ich sage es Ihnen so klar und ehrlich, wie Sie mir gegenüber ehrlich gewesen sind.«
    Tawan nickte schwach. »Ich weiß, daß ich sterben muß«, sagte er leise. »Aber ich habe es geschafft, daß Vinja einmal eine reiche Frau sein wird. Ich habe nur für sie gearbeitet – das macht mich stolz und glücklich. Ihre Mutter war die einzige Frau, die ich wirklich geliebt habe.«
    »Und die Sie jetzt tötet.«
    »Ich nehme es als Strafe hin.«
    Dr. Bagha faltete die Hände, als wolle er beten. Seine innere Unruhe wuchs. »Sie haben eine Niere gespendet?« fragte er.
    »Ja.«
    »Kennen Sie den Namen des Empfängers?«
    »Nein.«
    »Wer hat Sie operiert?«
    »Das kann ich nicht sagen.«
    »Sie müssen es sagen!« schrie Dr. Bagha plötzlich und beugte sich zu Tawan vor. »Hören Sie, Sie müssen es! Der Nierenempfänger muß unterrichtet und gewarnt werden. Wir werden Sie zwingen, den Operateur zu nennen.«
    »Sie können mich in Stücke reißen – ich sage es nicht.«
    »Darauf lasse ich es ankommen.«
    Wütend verließ Dr. Bagha das Isolierzimmer und rief von seiner Ordination aus die Staatsanwaltschaft an. Er schilderte den Fall und bat darum, auf Tawan Zwang auszuüben, damit er den Namen des Chirurgen nannte. »Es geht um ein weiteres Menschenleben, Sir!« rief er ins Telefon. »Wenn es nicht schon zu spät ist! Der Nierenempfänger muß gewarnt werden!«
    Schon am nächsten Tag erschien Oberstaatsanwalt Ramesh Sadrapan am Krankenbett von Tawan. Er bat darum, mit dem Kranken allein gelassen zu werden, und nickte Tawan zu, als die Tür zufiel.
    »Ich sage nichts«, flüsterte Tawan.
    »Sie brauchen auch nichts zu sagen.« Sadrapan winkte ab. »Ich weiß, wer Sie operiert hat. Er ist ein guter Freund von mir. Ich werde ihn auch nicht verraten.«
    »Danke.«
    »Halten Sie sich tapfer, Mr. Alipur. Wissen Sie übrigens, daß der Sohn eines meiner Kollegen, der junge Raimur Sura, sich in Ihre Tochter Vinja verliebt hat?«
    »Nichte, Sir, Vinja ist meine Nichte. Ich habe es seit dem letzten Ball im Hotel geahnt. Ein schönes Paar.«
    »Werden Sie schnell wieder gesund und richten Sie eine rauschende Hochzeit aus. Ich lade mich schon jetzt selbst ein.«
    »Natürlich werden Sie eingeladen, Sir.« Tawan lächelte verzerrt. »Auch wenn ich nicht mehr sein werde.«
    Draußen auf dem Flur wartete Dr. Bagha auf den Oberstaatsanwalt, lief nervös hin und her und zuckte herum, als die Tür des Isolierzimmers aufschwang. »Was ist?« rief er. »Hat er den Namen genannt?«
    »Nein. Und zwingen können wir ihn nicht mehr – der Mann ist ja todkrank.«
    »Dr. Sadrapan, es geht um ein anderes Menschenleben! Der Nierenempfänger hat oder bekommt vielleicht die gleiche Krankheit. Es geht mir nicht um den Namen des Chirurgen, es geht mir nur um den Namen des Empfängers! Da tickt in dessen Niere eine Zeitbombe.«
    »Ich kann nichts tun, Doktor.« Sadrapan hob die Schultern. »Es ist nicht mein Stil, Sterbende zu quälen.« Er nickte kurz und verließ das Hospital.
    In der neunten Woche nach seiner Einlieferung starb Tawan Alipur. Vinja, Sangra und Dr. Kasba standen an seinem Bett. Seit zwei Tagen lag er im Koma. Er sah nichts mehr; ob er etwas hörte, wußte man nicht. Vinja betete, den Kopf gegen seine Schulter gedrückt, Sangra weinte lautlos, und Dr. Kasba holte ab und zu eine Flasche Gin aus seiner Tasche, setzte sie wie eine Trompete an den Mund und trank mit langen Schlucken.
    Um 3 Uhr 27 nachts hörte Tawans Herz zu schlagen auf. Ein Assistenzarzt stellte den Tod fest.
    Bereits um 7 Uhr morgens wurde Tawan verbrannt. Seine Asche trug Vinja zum Fluß und streute sie ins Wasser an der Stelle, die Onkel Tawan ihr gezeigt hatte und wo ihre Mutter gestorben war. Sangra und Dr. Kasba warfen der wegschwimmenden Asche einen Kranz nach, ein letzter Gruß der Menschen, die den Verstorbenen geliebt hatten. Erst später, als alle gegangen waren, kam Subhash, der Taxifahrer, ans Ufer des Hugli, kniete nieder und betete. Dann
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