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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vier Spender aufgetrieben und sie fotografiert. Alles Slumbewohner, die eine Niere verkauft haben. Zwei Frauen und zwei Männer. In Kalkutta wird illegaler Organhandel getrieben, und Sie nennen das einen kalten Nudelbrei!«
    »Jeder Mensch kann über seinen Körper frei verfügen«, sagte Sadrapan steif. »Bei uns genauso wie bei Ihnen in Deutschland.«
    »Deutsche Transplantationszentren wie Hannover, Berlin-Steglitz, Bonn, München oder Ulm kaufen sich keine lebenden Nieren. Man verpflanzt nur Nieren von Verstorbenen. Nie würde man sich auf einen Organhandel einlassen, schon aus ethischen Gründen nicht.«
    »Hier ist nicht Hannover oder München, sondern ein Hotel in Kalkutta.« Sadrapan sog wieder an seinem Trinkhalm. »Sehen Sie es doch emotionsloser, Mr. Drewitz. Dieser Organverkauf hat einen doppelten, menschenfreundlichen Sinn: Ein Kranker wird vor dem Tod gerettet, und ein armer Hund aus den Slums wird ein für seine Begriffe wohlhabender Mann. Das kann man sogar einen sozialen Effekt nennen.«
    Drewitz starrte den Oberstaatsanwalt an, als habe dieser durch die Gegend gespuckt. So etwas gibt es doch nicht, dachte er. Das kann doch nicht wahr sein. »Ich kenne sogar den Namen, die Adresse des größten Organhändlers in Kalkutta«, sagte er. »Chandra Kashi in der Bartala Street.«
    »Wir kennen ihn.«
    »Sie kennen ihn und unternehmen nichts?«
    »Das ›Laboratorium‹ von Mr. Kashi ist ein renommiertes medizinisches Unternehmen. Viele Krankenhäuser schicken ihm Präparate; seine Analysen sind immer von größter Genauigkeit. Sein Ruf ist untadelig.«
    »Wenn ich Ihnen Zeugen vorführe, denen man eine Niere herausgenommen hat, die an Kashi verkauft –«
    »Und Sie glauben, daß Ihre Zeugen die Aussagen länger als achtundvierzig Stunden überleben? Mr. Drewitz, sind alle deutschen Journalisten so naiv wie Sie?«
    »Und die beste Transplantationsklinik liegt –«
    »Am Alipur-Park, in der Belvedere Road«, ergänzte Sadrapan unbeeindruckt.
    »Ein Dr. Ratja Banda.«
    »Ein von den Göttern gesegneter Chirurg.«
    »Die Staatsanwaltschaft weiß also, daß von Kashi gekaufte Nieren von Dr. Banda ausgewählten reichen Dialytikern implantiert werden?«
    »Vergessen Sie den Namen Dr. Banda, Mr. Drewitz.«
    »Ich fange erst richtig an, mich für ihn zu interessieren.«
    »Was bringt es? Was glauben Sie, was mit mir passiert, wenn ich gegen Dr. Banda ermitteln lasse? Ich werde mich in einer dreckigen Kleinstadt im Inneren des Landes wiederfinden. Dr. Bandas Ruf ist unantastbar. Auch Sie würden wie gegen eine Gummiwand laufen. Mr. Drewitz, suchen Sie sich ein anderes Thema für eine Reportage. Sie glauben doch wohl nicht, daß ein deutscher Journalist den Alltag in Kalkutta verändern kann?«
    »Wenn es in einer weltweit bekannten Illustrierten steht –«
    »Sie sind wirklich von einer umwerfenden Naivität. Die, die es angeht, kaufen keine Illustrierte, weil sie kein Geld haben und nicht lesen können, und die, um die es geht, sind eine festgefügte Gemeinschaft von Freunden, die keiner sprengen kann. Was heißt weltweiter Skandal? In Kalkutta kräht kein Hahn danach. Und was heißt hier Ethik? Wir sind dankbar für jede Niere – woher sie kommt, ist keine Frage wert.«
    »Ich habe Beweise, daß aus Bangladesch Frauen nach Kalkutta entführt, dort ermordet und ihre Organe verkauft werden. Auch an Dr. Ratja Banda.«
    »Sie haben dafür Beweise? Kennen Sie die Mörder?«
    »Wir haben Zeugen, die die ausgeschlachteten Leichen gesehen haben.«
    »Schon wieder Zeugen mit geringster Lebensdauer.« Sadrapan winkte lässig ab. »Und schon wieder Dr. Banda. Schreiben Sie lieber über die Kinderprostitution; auch dagegen können wir nichts tun. Damit ernähren sich Tausende von Familien. Hunderttausende, Mr. Drewitz.«
    »Sie sehen es also als normal an, daß ein Millionär sich eine neue Niere oder sogar ein neues Herz kaufen kann und Tausende von armen Kranken warten vergeblich und sind zum vorzeitigen Tod verurteilt?«
    »Das ist eine Realität, die niemand ändern kann.«
    Drewitz blätterte wieder in seinen Papieren. »Nur ein Beispiel aus Deutschland, Mr. Sadrapan: Im vergangenen Jahr wurden in den deutschen Transplantationszentren zweitausenddreihundertachtundfünfzig Nieren verpflanzt. Auf den Wartelisten aber stehen über zehntausend Dialysepatienten mit einer Wartezeit von drei Jahren. Und es werden immer mehr, jährlich fast dreitausend Erwachsene und hundert Kinder! Viele von ihnen werden sterben, weil es
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