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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Jetzt hat's die Lunge erwischt. Tawan, du mußt in ein Krankenhaus. Nicht zu Dr. Banda, das ist eine chirurgische Klinik. Du gehörst in eine gute Klinik für Innere Medizin.«
    »Kennen Sie eine? Oder soll ich nach Amerika fliegen? Ich kann es mir leisten. Oder nach Europa? Nach Frankreich oder Deutschland? Sie sollen dort die besten Ärzte haben.«
    »Für einen so langen Transport bist du noch zu schwach. Das Hospital für Infektionskrankheiten hier in Kalkutta wäre das Richtige für dich. Ich werde sehen, ob ich ein Bett für dich bekomme.«
    Eine halbe Stunde später holte ein Krankenwagen Tawan ab und brachte ihn ins Hospital. Er brauchte nicht liegend transportiert zu werden, er konnte gehen; aber zwei Sanitäter mußten ihn stützen. Dr. Kasba begleitete ihn im Krankenwagen, Sangra und Vinja fuhren mit einem Taxi hinterher. Nach einer langen Diskussion am Telefon mit dem Chefarzt war es gelungen, für Tawan ein Einzelzimmer zu bekommen. Es war eine Auszeichnung, und Tawan erhielt sie auch nur deshalb, weil Dr. Kasba ihn als einen Patienten von Dr. Ratja Banda vorstellte.
    Vier Tage lag Tawan dann im Hospital und wurde nach den neuesten Methoden untersucht, aber man sagte ihm nicht die Ergebnisse, auch nicht Vinja, die jeden Tag an seinem Bett saß und immer wieder sagte: »Du mußt gesund werden, Onkel Tawan. Und du wirst gesund, weil ich es will. Ich bete jeden Abend für dich im Tempel. Die Götter werden dich beschützen.«
    Am fünften Tag rief der Chefarzt, nach Vorliegen aller Tests, Dr. Kasba an. Seine Stimme klang sehr besorgt. »Mein lieber Kollege«, sagte er, »was Sie mir da mit Mr. Alipur gebracht haben, ist ein ziemlich faules Ei.«
    »Darum liegt er ja bei Ihnen«, antwortete Dr. Kasba trocken. »Ich nehme an, Sie wissen mehr als ich.«
    »Wir haben ja auch andere diagnostische Mittel als Sie. Zunächst: Die Hautverfärbungen sind Kaposi-Sarkome. Sie metastasieren über die Lymphe; es ist unaufhaltsam.«
    »Das … das habe ich befürchtet. Die von mir angewandte Chemotherapie hat versagt.«
    »Völlig. Hinzu kommt eine Immunschwäche, von der wir noch nicht wissen, welche Ätiologie sie hat. Wir warten auf Berichte amerikanischer Ärzte, die sich mit einer bisher unbekannten Form der Immunschwäche befassen. Wenn wir sie vorliegen haben, wissen wir mehr und können unsere Untersuchungen entsprechend den neuen Erkenntnissen verfeinern. Bis dahin können wir Mr. Alipur leider nur symptomatisch behandeln. Mit anderen Worten: Wir therapieren ins Blaue hinein. Merkwürdig ist, daß Mr. Alipurs Kaposi-Sarkome nicht behandlungsfähig sind. Klassische Kaposis kann man therapieren, aber hier versagt alles. Da müssen noch unbekannte Faktoren hereinspielen.«
    Nach zwei Wochen zeigte sich bei Tawan ein rasanter Verfall. Sein Gesicht wurde knochig, an verschiedenen Stellen erschienen die braunen Flecken, sein Atem wurde flach und qualvoll. Zeitweise war er ohne Besinnung, aber dann wieder so klar bei Verstand, daß er sogar Zeitungen lesen konnte und die Kraft hatte, die Blätter in der Hand und vor seine Augen zu halten.
    Eine solche Phase der Wachheit nutzte der Chefarzt aus, um tiefer in Tawans Leben einzudringen. »Ich heiße Numar Bagha«, sagte er und setzte sich zu Tawan auf die Bettkante. »Ich möchte mehr von Ihnen wissen, Mr. Alipur.«
    »Was wollen Sie wissen, Doktor?«
    »Mehr von Ihrem Leben. Fangen wir ruhig mit Ihrer Kindheit an. Wie war sie?«
    »Grauenhaft. Ich bin in den Slums aufgewachsen – muß ich Ihnen mehr sagen?«
    »Nein.« Dr. Bagha schüttelte den Kopf. Das Wort Slums genügte, um zu wissen, wie Mr. Alipurs Jugend gewesen war. »Und weiter?«
    »Ich hatte noch eine Schwester, die Mutter meiner Nichte Vinja. Sie mußte wie ich Geld verdienen und wurde eine Kinderhure. Entsetzt Sie das?«
    »Nein. Es gibt in Kalkutta Zehntausende von Kinderhuren. Warum besucht Sie Ihre Schwester nicht? Sie sind, wie ich höre, ein reicher Mann geworden – unterstützen Sie nicht Ihre Schwester?«
    »Sie ist tot. Seit über acht Jahren.«
    »Woran ist sie gestorben?«
    »Das weiß keiner. Auf ihrem Körper bildeten sich Flecken, die zu Geschwüren wurden und sie so schwach machten, daß sie einfach am Flußufer einschlief und starb. Niemand konnte ihr helfen.« Tawan starrte Dr. Bagha mit geweiteten Augen an. »Ist es möglich, daß ich die gleiche Krankheit habe, Doktor?«
    »Ich weiß es nicht. Noch nicht. Haben Sie einmal irgendwo am Körper eine Wunde gehabt und sind mit Ihrer Schwester
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