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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort
Autoren: Fred Vargas
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die Debatte begann eine Wendung zu nehmen, die Wissenschaft schien dem Obskurantismus noch einmal Einhalt zu gebieten. Danglard begann gerade über die Gase zu reden, die mitunter, je nach der chemischen Zusammensetzung der Erde, statt dem Körper zu entweichen, ihn aufbliesen wie einen Ballon und die Haut spannten, als er vom Lärm eines umgeworfenen Fressnapfs in der oberen Etage unterbrochen wurde, Cupido die Treppe herunter- und auf den Empfang zuraste, ohne sich um Hindernisse zu scheren. Er hielt in seinem Lauf nicht einmal inne, als er einen charakteristischen Kläfflaut Richtung Kopiergerät entsandte, auf dem ausgestreckt Die Kugel lag, die beiden Vorderpfoten im Leeren.
    »Hier wiederum«, bemerkte Danglard, als er das Tier vor Freude außer sich vorbeirennen sah, »erleben Sie weder Wissen noch Wahn. Nur grenzenlose, bedingungslose, reine Liebe. Sehr selten beim Menschen, und auch sehr gefährlich. Und doch hat Cupido Manieren, er sagt dem Kater Lebewohl, sogar mit einer Spur von Bewunderung und Bedauern.«
    Der Hund war an Émile hochgeklettert, japsend, leckend, sich in sein Hemd krallend, hielt er sich an seiner Brust fest. Émile hatte sich hinsetzen müssen und legte sein Schlägerhaupt auf den Rücken des Tieres.
    »Sein Kot«, sagte Danglard zu ihm, »war übrigens derselbe wie auf deinem Lieferauto.«
    »Und der Liebesbrief des alten Vaudel? Hat er dem Kommissar weitergeholfen?«
    »Sehr. Er hat ihn zum Sterben in ein stinkendes Grabgewölbe geführt.«
    »Und der Durchgang im Keller von Mutter Bourlant, hat der ihm geholfen?«
    »Auch sehr. Er hat ihn zu Doktor Josselin geführt.«
    »Ich habe diesen Angeber nie gemocht. Wo ist er, der Chef?«
    »Du willst ihn sehen?«
    »Ja, ich will nicht, dass er mir Schwierigkeiten macht, wir könnten die Sache einvernehmlich regeln. Mit dem Fingerzeig, den ich ihm gegeben habe, verfüge ich über ein Tauschobjekt.«
    »Was für eine Sache denn?«
    »Das sage ich nur dem Chef.«
    Danglard wählte Adamsbergs Nummer.
    »Kommissar, Cupido klebt derzeit an Émile, der seinerseits mit Ihnen zu sprechen wünscht, um die Sache zu regeln.«
    »Was für eine Sache?«
    »Keine Ahnung. Er will nur mit Ihnen darüber reden.«
    »Persönlich«, beharrte Émile, »es ist wichtig.«
    »Wie geht es ihm?«
    »Gut, allem Anschein nach, er trägt eine neue Jacke, mit einer blauen Anstecknadel im Knopfloch. Wann kommen Sie?«
    »Ich bin an einem Strand in der Normandie, Danglard, ich fahre gleich zurück.«
    »Was machen Sie dort?«
    »Ich musste mit meinem Sohn reden. Wir sind beide nicht gerade brillant, aber wir kommen schon klar miteinander.«
    Wie auch nicht, dachte Danglard. Tom war kein Jahr alt, er konnte noch nicht sprechen.
    »Ich habe Ihnen x-mal gesagt, dass sie in der Bretagne sind, nicht in der Normandie.«
    »Ich spreche von meinem anderen Sohn, Danglard.«
    »Welchem ...?«, fragte Danglard, unfähig, seinen Satz zu beenden. »Welcher andere?«
    Eine rasende Wut auf Adamsberg stieg augenblicklich in ihm hoch. Hatte der Hund, kaum war Tom geboren, auf seine unbekümmerte Art schon wieder woanders herumgevögelt.
    »Wie alt ist dieser andere?«, fragte er scharf.
    »Acht Tage.«
    »Schuft«, zischte Danglard.
    »Es ist aber so, Commandant. Ich war nicht darüber informiert.«
    »Verdammt, Sie sind nie informiert.«
    »Und Sie lassen mich nie ausreden, Danglard. Für mich ist er acht Tage alt, für die anderen neunundzwanzig Jahre. Er sitzt neben mir und raucht. Seine beiden Hände sind verbunden. Paole hatte ihn letzte Nacht auf den Louis-treize-Sessel genagelt.«
    »Der Zerquetscher«, sagte Danglard schwach.
    »Genau, Commandant. Zerk. Armel Louvois.«
    Danglard sah mit leerem Blick auf Émile und seinen Hund, gerade so lange, um die neuen Gegebenheiten zu analysieren.
    »Das ist ein Bild, nicht wahr«, begann er wieder. »Sie haben ihn adoptiert oder so was.«
    »Mitnichten, Danglard, er ist mein Sohn. Umso mehr hat Josselin sich einen Spaß daraus gemacht, gerade ihn zum Sündenbock zu wählen.«
    »Ich glaube es nicht.«
    »Sie vertrauen doch Veyrenc? Bitte, fragen Sie ihn. Es ist sein Neffe, und er wird Ihnen viel Gutes über ihn erzählen.«
    Adamsberg lag halb hingestreckt auf dem Strand und zeichnete mit der Fingerspitze große Motive in den Sand. Zerk, die Arme auf dem Bauch, die Hände von der örtlichen Betäubung noch schmerzfrei, ließ sich von der Sonne bescheinen, sein Körper lag schlaff da, wie der Kater auf dem Kopiergerät. Danglard ließ alle in
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