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Der Vampir

Der Vampir

Titel: Der Vampir
Autoren: Carter Brown
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Türschwelle; und Imogen wies ihn an, den Gästen die Zimmer zu zeigen. Robert und Nigel Carlton folgten
ihm hinaus, Penny hielt sich dicht hinter ihnen, und Boris und ich bildeten die
Nachhut. Wir waren eben an der Tür angelangt, als Imogen sagte:
    »Mr. Baker — ob ich wohl noch
ein Wort mit Ihnen sprechen dürfte ?«
    »Aber gern.« Ich kehrte zu ihr
zurück.
    Sie wartete, bis Boris
verschwunden war, und kam dann durch das Zimmer in ihrem raschelnden
staubgrauen Gewand rasch auf mich zu. »Ich möchte Ihnen gern etwas zeigen .«
    »Großartig !« sagte ich verdutzt.
    Ich folgte ihr hinaus in die
Diele, wo ich Boris gerade noch oben an der Treppe verschwinden sah. Imogen ging auf eine Tür zu, die im hinteren Teil der Diele
hinter der Treppe lag, und öffnete sie. Dahinter lag ein langer, trübe
beleuchteter Korridor, und je weiter ich ihn hinabging, desto mehr begannen die
kurzen Härchen in meinem Nacken sich zu sträuben. Der Gang endete an einer
dicken Eichentür, die heftig knarrte, als Imogen sie
öffnete. Sie blieb einen Augenblick lang stehen und sah mich mit höflichem
Gesichtsausdruck an. »Haben Sie ein Streichholz, Mr. Baker ?«
    Ich kramte in meiner Tasche,
fand die Zündhölzer und gab sie ihr. Gleich darauf flammte das Streichholz auf
und beleuchtete einen angelaufenen Silberkandelaber, der gleich neben der Tür
auf einer altertümlichen Holzkommode stand. Imogen zündete die Kerzen an und winkte mir zu, einzutreten. Der Raum wirkte wie eine
Art Verlies, war etwa dreieinhalb Meter im Quadrat, hatte Steinwände und keine
Fenster. An der Wand hing ein Bild, und in dem matten Licht konnte ich gerade
noch erkennen, daß es sich um einen Mann in einer Rüstung handelte.
    »Nach Alarics Tod«, sagte Imogen leise, »verbannte sein ältester Sohn es aus der
Hauptgalerie und hängte es hier auf. Er veranlaßte auch den örtlichen Barden,
den Fluch auf eine Holztafel einzugravieren — was vermutlich erklärt, warum das
in Reimform geschehen ist. Die Tafel wurde ebenfalls
hier an der Wand angebracht. Dieser Raum ist also in gewisser Weise ein Altar
mit umgekehrten Vorzeichen. Niemand hat durch die Jahrhunderte hindurch hier
etwas verändert .«
    Sie trat näher an die Wand und
hielt den Kandelaber so hoch, damit ich die Inschrift auf der Holztafel lesen
konnte.
     
    Der
Schwarze Ritter bittere Rache nahm,
    auf
heimlichen Flügeln der Tod herankam,
    den
Geist der Erstgeborenen zu verwirren
    und
sie dann in den frühen Tod zu führen.
    Verloren
der Schatz — und
doch nicht verloren,
    Widersinn
für die als Weise erkoren.
    So
bliebe es wohl bis zum Ende der Zeit,
    kehrt’
nicht zurück der Bastard in anderm Kleid.
     
    Ich räusperte mich nervös, als
ich fertig gelesen hatte, und warf einen Seitenblick auf Imogen .
Ihre Augen glänzten warm im Kerzenlicht in einer Art gespannter Erwartung. Dann
hob sie langsam den Kandelaber etwas höher, so daß das Licht direkt auf das
Porträt fiel. Ich starrte es eine ganze Weile an, schloß meine Augen für eine
noch etwas längere Zeitspanne, öffnete sie dann zögernd wieder und betrachtete
es erneut. Entweder hatte ich soeben meinen Verstand verloren oder ein bärtiger
Larry Baker starrte mich dort seinerseits an.
    »Es ist eine verblüffende
Ähnlichkeit«, murmelte Imogen mit tiefer kehliger Stimme. »Ich habe es sofort bemerkt, als wir uns
in der Diele begegneten .«
    »Ja ?« krächzte ich. »Nun ja, vermutlich ist das einfach ein Zufall. Nicht?«
    Sie brach in ein leises
spöttisches Lachen aus. »Das bezweifle ich außerordentlich, Mr. Baker. Weit
eher ein Werkzeug des Schicksals.«
    »Wie bitte?«
    Ihre dunklen Augen glühten in
einem seltsamen Licht. »>Kehrt’ nicht der Bastard zurück in anderm Kleid...<«, zitierte sie mit gefühlvoller Stimme.

DRITTES KAPITEL
     
    I mogen sagte am Fuß der geschwungenen
Treppe gute Nacht. Ich drückte mich an der Ritterrüstung vorbei und sprang in
Windeseile die Stufen empor. Oben bog ich links in einen breiten Korridor ein,
der an einer Reihe geschlossener Türen vorbeiführte — ich schaffte es sogar,
meinen Phantasievorstellungen, was sich dahinter wohl abspielen mochte, Einhalt
zu gebieten — und gelangte zu einer Wand, an der sich der Korridor T-förmig
teilte. Imogen hatte mir eine detaillierte
Beschreibung gegeben, wie ich in mein Zimmer im Ostflügel käme; und hier —
daran erinnerte ich mich deutlich — mußte ich mich nach links wenden, was ich
auch tat. Und in diesem Augenblick begannen die Scherereien;
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