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Die Rache der Liebe

Die Rache der Liebe

Titel: Die Rache der Liebe
Autoren: Johanna Lindsey
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    Wessex, 879
    Er betrat die weite Halle von Wyndhurst, und jede Frau, die sich darin aufhielt, unterbrach ihre jeweilige Beschäftigung, um ihn mit Blicken zu verfolgen. Daran war nichts Ungewöhnliches. Es passierte, wann immer er mit Frauen zusammentraf; selbst hier, in seinem Heim, konnten sie nicht anders, als ihn anzustarren. Und in Wyndhurst spielte es wahrlich keine Rolle, dass er Wikinger und sie alle Angelsachsen waren oder dass Verbindungen zwischen beiden Völkern fast immer mit Blutvergießen einhergingen. Erst letztes Jahr hatten sich ihre Männer zu einem erneuten Kriegszug gegen die dänischen Wikinger im Norden entschlossen.
    Es war auch nicht Furcht, die diese Frauen derart bannte, wenngleich dieser kampferprobte, starke Wikinger im Zweifelsfalle durchaus furchteinflößend wirken konnte, noch lag es an seiner enormen Größe, mit der er sogar ihren Herrn, Lord Royce, der selbst ein außergewöhnlich hochgewachsener Mann war, noch überragte. Nein, es lag einzig und allein daran, dass diese Frauen noch nie einen so ungewöhnlich attraktiven Mann gesehen hatten, wie Selig Haardrad einer war.
    Er besaß nicht nur einen Körper, um den ihn selbst die nordischen Götter beneidet hätten, sondern war darüber hinaus mit einem engelsgleichen Gesicht gesegnet: mit Augen, die sich wie ein Sommergewitter verdüstern konnten und dann wieder hell wie poliertes Silber erstrahlten, mit markanten Wangenknochen, die seine vollkommene Nase nur noch mehr betonten, und mit herrlich geschwungenen Brauen, rabenschwarz wie seine lange, volle Mähne. Und seine Lippen waren so sinnlich, dass es jeder Frau, die ihm begegnete, unwillkürlich danach verlangte, sie zu kosten.
    Eigentlich hätten die Frauen mittlerweile an seinen Anblick gewöhnt sein müssen, weilte er doch schon seit sechs Jahren in ihrem Land, genauer gesagt, seit jener Zeit, als er mit seinen norwegischen Wikingern hier eingefallen war und dabei beinahe umgekommen wäre. Aber selbst durch die Vertrautheit hatte seine Faszination keinerlei Einbuße erlitten. Und niemand war dagegen immun. Weder die alte Eda im Küchenbereich am Ende der Halle, obwohl sie als erste aus ihrer ehrfürchtigen Starre erwachte und die anderen Frauen anknurrte, wieder an ihre Arbeit zurückzukehren, noch die junge Meg, die im Kreise ihrer Hofdamen vor den geöffneten Fenstern im vorderen Bereich der Halle saß und nähte.
    Meghan war erst zehn und vier Jahre alt, aber dennoch seufzte sie verträumt auf und wünschte bei sich, dieser Wikinger wäre jünger und nicht doppelt so alt wie sie. Sicher, für eine Heirat wäre sie allemal alt genug. Bestand die Notwendigkeit, ein Bündnis zu festigen, konnten sogar Babys miteinander verheiratet werden. Aber Royce, Meghans Bruder, bedurfte derlei Allianz nicht und war außerdem selbst bereits durch Heirat mit Selig verwandt. Abgesehen davon liebte er Meghan zu sehr, um überhaupt in Betracht zu ziehen, sie in absehbarer Zeit aus dem Haus gehen zu lassen, und Meghan war mit ihrem Leben bisher auch völlig zufrieden.
    An der linken Seite der langen Halle saß Seligs Schwester Kristen an einem der um ein großes Fass Ale aufgestellten Tische, wo sich die Männer zu versammeln pflegten. Für gewöhnlich entging ihr die Wirkung, die er auf ihre Frauen ausübte, doch angesichts des Schweigens, das heute seinen Auftritt begleitete, kam sie nicht umhin, sein Nahen zu bemerken. Sie registrierte, wie er einige Frauen mit einem Lächeln bedachte und andere wieder, die er näher kannte - was auf die Mehrzahl der Frauen zutraf -, mit einem vertraulichen Zwinkern. Zuviel Zwinkerei für Kristens Dafürhalten.
    Kristens Gatte Royce, der neben ihr saß, machte dieselbe Beobachtung und raunte ihr nun leise zu: »Er sollte heiraten und diese armen Geschöpfe aus ihrer Not befreien. «
    »Was für eine Not?« schnappte sie zurück. »Er gibt sich wahrhaft viel Mühe, den Damen glückliche Seufzer zu entlocken. Die Notlage wäre dann gegeben, wenn er tat sächlich heiraten würde. Und warum sollte er, verfügt er doch über Frauen jeden Alters, die sich ihm in zwei Ländern willig an den Hals werfen, ganz zu schweigen von dem Aufruhr, den er auf jedem Markt verursacht?«
    »Dann war es in Norwegen genauso?«
    »Immer.« Sie stieß einen Seufzer aus.
    Royce lachte stillvergnügt in sich hinein, da er wußte, dass Kristen über die zahllosen Eroberungen ihres Bruders, einschließlich jener in der Halle, nicht im geringsten verstimmt war. Diese beiden
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