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Der Vampir, den ich liebte

Der Vampir, den ich liebte

Titel: Der Vampir, den ich liebte
Autoren: Beth Fantaskey
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draußen im Studio hinterm Haus gerade seinen Kurs Tantrisches Yoga, an
dem lauter durchgeknallte, sexbesessene Hippies teilnahmen. Also beschloss
Mom, dass ich erst mal meinen Teil der Hausarbeit erledigen sollte.
    Und dann
erschien Lucius zu früh zum Abendessen.
    Ich war
gerade in der Scheune und mistete die Ställe aus, als ich aus dem Augenwinkel
einen Schatten wahrnahm, der auf die offene Scheunentür fiel.
    »Wer ist
da?«, rief ich nervös, immer noch schreckhaft nach den Ereignissen des Tages.
    Ich erhielt
jedoch keine Antwort. Eine ungute Ahnung beschlich mich. Mom hat ihn
eingeladen, rief ich mir ins Gedächtnis, während ich zusah, wie ein
hochgewachsener europäischer Austauschstudent über das staubige Gelände auf
mich zustolzierte. So gefährlich kann er also nicht sein.
    Moms
Billigung hin oder her, ich hielt meine Mistgabel fest umklammert. »Was machst
du hier?«, fragte ich, als er näher kam.
    »Was sind
denn das für Manieren?«, beklagte Lucius sich mit seinem hochnäsigen Akzent.
Jeder seiner langen Schritte wirbelte kleine Staubwolken auf. Er blieb etwa
zwei Meter vor mir stehen und wieder staunte ich über seine Größe. »Eine Dame
brüllt nicht quer durch die Scheune«, fuhr er fort. »Und was für eine Art von
Begrüßung war das?«
    Hält mir
der Typ, der mir den ganzen Tag nachspioniert hat, etwa gerade einen Vortrag
über Etikette? »Ich
hab dich gefragt, was du hier willst«, wiederholte ich und packte die Mistgabel
noch ein wenig fester.
    »Deine
Bekanntschaft machen, natürlich«, antwortete er und warf mir einen langen,
prüfenden Blick zu. Er ging sogar um mich herum und betrachtete meine
Kleidung. Als ich mich umdrehte, um ihn ja nicht aus den Augen zu lassen, sah
ich, wie er die Nase rümpfte. »Gewiss brennst du darauf, mich ebenfalls
kennenzulernen.«
    Nicht
wirklich ... Ich
hatte keine Ahnung, wovon er redete, aber die Art, wie er mich von oben bis
unten musterte, fand ich alles andere als angenehm. »Warum starrst du mich so
an?«
    Er blieb
stehen. »Du reinigst hier doch nicht etwa die Ställe? Sind das Fäkalien an deinen Schuhen?«
    »Ja«,
antwortete ich, verwirrt von seinem Tonfall. Was kümmert es ihn, was an
meinen Schuhen klebt? »Ich miste jeden Abend die Ställe aus.«
    »Du?« Er wirkte verblüfft – und entsetzt.
»Irgendjemand muss es ja tun«, erklärte ich. Warum denkt er, das ginge ihn
etwas an?
    »Ja, also
... da, wo ich herkomme, haben wir Leute dafür. Personal.« Er rümpfte die
Nase. »Du – eine Dame von deinem Rang – solltest niemals eine so niedere Arbeit
verrichten. Das ist anstößig.«
    Bei diesen
Worten umklammerte ich die Mistgabel wieder fester – aber diesmal nicht aus
Furcht. Lucius Vladescu war nicht nur einschüchternd. Er war entnervend. »Hör
mal, ich habe die Nase ziemlich voll davon, dass du mir ständig
hinterherschleichst. Und dein Getue geht mir erst recht auf
die Nerven«, fuhr ich ihn an. »Wofür hältst du dich eigentlich? Und warum
verfolgst du mich dauernd?«
    In Lucius'
schwarzen Augen flackerten Ärger und Ungläubigkeit auf. »Deine Mutter hat dich
immer noch nicht informiert, oder?« Er schüttelte den Kopf. »Dr. Packwood hat
geschworen, dass sie dir alles erzählen würde. Deine Eltern sind allem Anschein
nach nicht besonders gut darin, Versprechen zu halten.«
    »Wir ...
wollten später reden«, stammelte ich. Sein Zorn schwächte meine Empörung ein
wenig ab. »Dad unterrichtet Yoga ...«
    »Yoga?«
Lucius lachte auf. »Ihm ist es wichtiger, seinen Körper in einer Abfolge
lächerlicher Stellungen zu verbiegen, als seine Tochter über den Pakt zu
informieren? Und was für eine Art Mann praktiziert ein derart pazifistisches
Hobby? Männer sollten für den Krieg trainieren, statt ihre Zeit damit zu
verschwenden, ›Om‹ zu singen und von innerem Frieden zu philosophieren.«
    Vergiss
das Yoga und das Philosophieren. »Pakt?
Was für ein Pakt?«
    Aber Lucius
starrte nur in das Gebälk der Scheunendecke hinauf, lief mit hinter dem Rücken
verschränkten Händen auf und ab und murmelte aufgebracht vor sich hin. »Das
läuft nicht gut. Ganz und gar nicht gut. Ich habe die Ältesten gewarnt, dass
man dich schon vor Jahren nach Rumänien hätte zurückrufen sollen, dass du
niemals eine geziemende Braut sein würdest ...«
    Moooment
mal. »Braut?«
    Lucius
hielt inne und drehte sich auf dem Absatz zu mir um. »Ich werde deiner
Unwissenheit langsam überdrüssig.« Er kam auf mich zu, beugte sich vor und
blickte mir fest in
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