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Der Vampir, den ich liebte

Der Vampir, den ich liebte

Titel: Der Vampir, den ich liebte
Autoren: Beth Fantaskey
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schmiegte. »Bitte sagen Sie mir, dass es irgendetwas Genießbares
in diesem Haus gibt.«
    Mom wandte
sich zu Lucius um. »Könntest du freundlicherweise eine Weile ruhig sein,
während ich Jessica alles erkläre?«
    Lucius
verneigte sich leicht, sein glänzendes blauschwarzes Haar schimmerte unter der
Küchenlampe. »Natürlich. Fahren Sie fort.«
    Mom
richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich. »Aber wir haben dir nicht die
ganze Geschichte erzählt, weil das Thema dich damals zu sehr aufzuregen
schien.«
    »Dann ist
jetzt wohl ein guter Zeitpunkt«, schlug ich vor. »Schlimmer als gerade könnte
ich mich nicht aufregen.«
    Mom nippte
an ihrem Tee und schluckte. »Ja, also, die Wahrheit ist: Deine Eltern wurden
von einem wütenden Mob getötet, der versuchte, sein Dorf von Vampiren zu befreien.«
    »Von
Vampiren?« Das war nicht lustig.
    »Ja«,
bestätigte Mom. »Vampire. Deine Eltern gehörten zu der Gruppe Vampire, die ich
damals erforschte.«
    Okay, ich
war es gewöhnt, Worte wie Elfen oder Erdgeist oder sogar Troll aus ihrem Mund zu hören. Ich meine, folkloristische Kulturen und Legenden
waren das Forschungsgebiet meiner Mom. Und Dad hatte in seinem Yoga-Studio
durchaus schon Seminare über »Engelkommunikation« abgehalten. Aber bisher war
ich eigentlich ziemlich sicher gewesen, dass selbst meine durchgeknallten
Eltern nicht an Filmmonster à la Hollywood glaubten. Sie konnten nicht
ernsthaft davon ausgehen, dass meine leiblichen Eltern sich in Fledermäuse
verwandelt oder in Sonnenlicht aufgelöst hatten oder dass ihnen große Reißzähne
gewachsen waren. Oder etwa doch?
    »Ihr habt
gesagt, ihr hättet eine Art Kult studiert«, flüsterte ich. »Eine Subkultur mit
einigen ungewöhnlichen Ritualen ... Aber ihr habt niemals etwas von Vampiren gesagt.«
    »Du warst
immer schon sehr rational veranlagt, Jessica«, erwiderte Mom. »Du hast nichts
übrig für Dinge, die man nicht mit Mathematik oder Naturwissenschaft erklären
kann. Dein Vater und ich hatten Angst, dass die Wahrheit über deine leiblichen
Eltern dich zutiefst verstören könnte. Also haben wir uns bewusst ... vage
ausgedrückt.«
    »Das heißt,
meine leiblichen Eltern haben tatsächlich geglaubt, sie seien Vampire?«,
kiekste ich.
    Mom nickte.
»Also ... ja.«
    »Sie haben
nicht nur gedacht, sie seien Vampire«, brummte Lucius. Er hatte sich
seinen Stiefel zurückgeholt und hüpfte nun auf einem Fuß herum, während er versuchte,
ihn wieder anzuziehen. »Sie waren Vampire.«
    Während ich
unseren Gast ungläubig anstarrte, ging mir der abscheulichste Gedanke der Welt
durch den Sinn. Diese Rituale, auf die meine Mom angespielt hatte, diese Rituale
meiner leiblichen Eltern ... »Sie haben doch nicht .. wirklich Blut getrunken
...«
    Der
Ausdruck auf Moms Gesicht sagte alles und einen Moment lang hatte ich das
Gefühl, ohnmächtig zu werden. Meine leiblichen Eltern: perverse, geistig
gestörte Blutsauger.
    »Sehr, sehr
lecker übrigens«, bemerkte Lucius. »Sie haben nicht zufällig etwas davon hier,
anstelle dieses Tees ...«
    Mom warf
ihm einen Blick zu.
    Lucius
runzelte die Stirn. »Nein, vermutlich nicht.«
    »Menschen
trinken kein Blut«, beharrte ich. Meine Stimme klang ungewöhnlich schrill.
»Und es gibt keine Vampire!«
    Lucius
verschränkte ärgerlich die Arme vor der Brust. »Entschuldigung. Ich stehe
direkt vor dir.«
    »Lucius, bitte«,
sagte Mom mit dem ruhigen, aber ernsten Tonfall, den sie für schwer
kontrollierbare Schüler reservierte. »Jess braucht jetzt etwas Zeit, das alles
zu verdauen. Sie hat eine analytische Neigung, die dazu führt, dass sie sich
allem Paranormalem widersetzt.«
    »Ich
widersetze mich allem Unmöglichen«, rief ich. »Allem Unrealistischen.«
    An diesem
Tiefpunkt der Unterhaltung kehrte Dad mit einer modrigen Schriftrolle zurück,
die er sehr vorsichtig in den Händen hielt. »Historisch gesehen ist die Vorstellung
von der Existenz Untoter vielen Menschen unerträglich«, bemerkte Dad, während
er das Dokument behutsam auf den Tisch legte. »Und die späten Achtziger waren
für Vampire in Rumänien eine besonders verheerende Zeit. Alle paar Monate gab
es große Säuberungen. Viele sehr nette Vampire wurden ausgelöscht.«
    »Deine
leiblichen Eltern – die innerhalb ihrer Subkultur ziemlich mächtig waren – begriffen, dass sie wahrscheinlich dem Untergang geweiht waren. Bevor sie
ermordet wurden,
baten sie uns deshalb, dich bei uns aufzunehmen, in der Hoffnung, dass wir dich
hier in den Vereinigten
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