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Der unsterbliche Highlander

Der unsterbliche Highlander

Titel: Der unsterbliche Highlander
Autoren: Karen Marie Moning
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blitzenden Mercedes vom Pagen entgegennahm. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, dass das Feenwesen zum Glück weiterging. Als sich der schnittige perlfarbene Mercedes in den Verkehr auf der Fifth Street einfädelte und verschwand - und mit ihm der Job ihrer Träume -, ließ Gabby die Schultern sinken. Mit einem tiefen Seufzer drehte sie sich um und schleppte sich die Straße entlang bis zum großen Parkplatz, wo einfache Studenten, die zu fahrig und nervös waren und deshalb nie Erfolg haben würden, ihre Autos parkten.
    »Fahrig und nervös, die spinnt wohl.« Sie legte die Stirn aufs Steuerrad. »Du hast ja keine Ahnung, wie mein Leben ist. Du kannst sie nicht sehen.«
    Miss Temple hatte vermutlich nur eine zarte Brise, eine leichte Temperaturveränderung gespürt und vielleicht einen Hauch des exotischen, erregenden Duftes in die Nase bekommen. Und falls das Feenwesen sie zufällig gestreift hatte - sie waren zwar unsichtbar, aber doch real -, würde Miss Temple irgendeine Erklärung dafür finden. Das taten alle, die die Feen nicht sehen konnten.
    Gabby hatte leidvoll erfahren, dass die Menschen nicht die geringste Toleranz für das Unerklärliche aufbrachten. Sie staunte immer wieder, welch windige Entschuldigungen sie anführten, um ihre Vorstellung von der Realität zu wahren. »Menschens-kind, ich glaube, ich habe letzte Nacht nicht genug Schlaf bekommen.« Oder: »Mann, ich hätte das zweite - oder dritte oder vierte - Bier beim Mittagessen nicht trinken sollen.« Und wenn alles versagte, griffen sie auf das schlichte »Ich muss mir das eingebildet haben« zurück.
    Wie sehr sie sich nach einer solchen Ahnungslo-sigkeit sehnte!
    Sie schüttelte den Kopf und versuchte, sich mit dem Gedanken zu trösten, dass das Feenwesen wenigstens keinen Verdacht geschöpft hatte und weitergegangen war. Sie war in Sicherheit. Noch.
    Gabby war der Überzeugung, dass die Feen für neunundneunzig Prozent der Probleme in ihrem Leben verantwortlich waren. Das letzte Prozent nahm sie auf ihre eigene Kappe, aber die Feen waren der Grund dafür, dass sie in diesem Sommer eine Krise nach der anderen durchmachte. Sie waren schuld daran, dass sie sich fürchtete, ihr Haus zu verlassen, denn sie wusste nie, wann und wo eines dieser Geschöpfe auftauchen oder wie heftig es sie erschrecken würde. Oder wie sehr sie sich zur Närrin machte, wenn sie versuchte, sich nicht zu verraten. Ihretwegen hatte ihr Freund vor fünfzehn Tagen, drei Stunden und - sie sah finster auf ihre Uhr - zweiundvierzig Minuten Schluss gemacht.
    Gabrielle O'Callaghan brachte den Feen einen ganz besonderen und sehr persönlichen Hass entgegen.
    »Ich sehe euch nicht. Ich sehe euch nicht«, murmelte sie vor sich hin, als zwei appetitliche Feenmänner an der Motorhaube ihres Wagens vorbeischlenderten. Sie wandte den Blick ab, dann nahm sie sich zusammen, stellte den Rückspiegel anders ein und tat so, als wäre sie mit ihrem Lippenstift beschäftigt.
    Sieh sie niemals zu scharf an, hatte ihre Großmutter Moira O'Callaghan immer gewarnt. Du musst dich ganz natürlich benehmen und lernen, deinen Blick über sie schweifen zu lassen, ohne innezuhalten oder dich zu abrupt abzuwenden, sonst wissen sie sofort, was mit dir los ist. Und sie werden dich mitnehmen. Du darfst dir nie anmerken lassen, dass du sie sehen kannst. Versprich mir das, Gabby, denn ich will dich nicht verlieren!
    Gram hatte sie auch gesehen. Die meisten Frauen in der Familie ihrer Mutter konnten sie sehen, aber manchmal übersprang diese »Gabe« eine
    Generation. Wie bei Gabbys Mom, die vor vielen Jahren nach Los Angeles übersiedelt war (als ob die Menschen in Kalifornien weniger seltsam wären als die Feen) und die siebenjährige Gabrielle bei der Großmutter gelassen hatte, »bis sie Fuß gefasst hatte«. Demnach hatte Jilly O'Callaghan nie Fuß gefasst.
    Warum bin ich nicht auch verschont geblieben haderte Gabby. Sie wünschte sich nichts sehnlicher als ein ganz normales Leben.
    Und es erwies sich als verdammt schwierig, ein ganz normales Leben zu führen, selbst im langweiligen Cincinnati. Gabby kam allmählich zu dem Schluss, dass das Leben hier im Tri-State - an der geografischen Schnittstelle von Indiana, Ohio und Kentucky - ein bisschen so war wie ein Leben am mystischen Sunnydale's Hellmouth.
    Im Mittleren Westen gab es zwar keine Dämonen und Vampire - o nein, hier gab es Feen: gefährlich verführerische, nicht menschliche, arrogante Kreaturen, die sie ergreifen und Gott weiß was mit ihr
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