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Der Ultimative Ratgeber Für Alles

Der Ultimative Ratgeber Für Alles

Titel: Der Ultimative Ratgeber Für Alles
Autoren: Dieter Nuhr
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Staates gewesen, der die Menschen mit Sicherheit in die Seligkeit geführt hätte, wenn nicht dunkle Mächte sich verschworen hätten. Die Parteisekretäre, natürlich nicht an der eigenen Macht, sondern ausschließlich an der Schaffung paradiesischer Zustände interessiert, hätten alles gut gemacht, wenn nicht das Böse über die Welt gekommen wäre, die dunkle Seite der Macht, Darth Vader, Satan persönlich oder Helmut Kohl!

    Die Wege Menschlichen Handelns sind verschlungen und seltsam.

    Die DDR, das Paradies der Arbeiterklasse, wird bis heute von vielen als beschauliche Episode der deutschen Geschichte wahrgenommen, weil man damals gemütlich beisammensaß. Man war frei vom Zwang zur Selbstverantwortung und sozial ungezwungen, denn damals wusste man noch, wie es um den Nachbarn bestellt war, schon weil man ihn selbst bespitzeln musste.
    Früher war alles besser, so lautet das Credo der Selbstbetrüger. Und man fragt sich: Wann war dieses »früher«, diese goldene Zeit? Im 19. Jahrhundert vielleicht, als die Kinder noch brav am Abendtisch saßen, weil sie tagsüber in der Kohlengrube gearbeitet hatten? Oder in den 20er Jahren, als man der lustigen SA beim marschieren-Üben zusehen konnte? Oder in den 50er Jahren, als Schwule noch ins Gefängnis kamen?
    Der Paragraph 175 des Strafgesetzbuches regelte, dass gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr mit Gefängnis zu bestrafen sei. Heute ist Konsens, dass es die Allgemeinheit einen Dreck zu scheren hat, wo der Einzelne seine Körperteile schubbert. Recht so! Soll doch jeder machen, was er will, zumindest solange alle Teilnehmer freiwillig dabei sind. Das sollte Voraussetzung sein! Steifftiere sind oft zu schüchtern, um ihre sexuelle Unwilligkeit offen zu äußern!
    Viele behaupten, die 80er Jahre seien die gute alte Zeit gewesen, diese glamouröse Epoche, als die Hosen bis zu den Brustwarzen reichten und Schulterpolster aus den Frauen Wandschränke formten. Sehr glamourös! Aber wahrscheinlich haben selbst in diesen glamourösen Zeiten die Menschen behauptet, früher sei alles besser gewesen.
    So ist der Mensch: Er sieht die Welt nicht, wie sie ist, sondern wie sie ihm genehm ist. Das führt oft zu Enttäuschungen, wenn sich die Wahrheit nicht mehr verbergen lässt! Ein Kleid in Größe 36 ist schön, passt aber nicht zu 88 Kilogramm Körpergewicht, es sei denn, die Dame ist 3,28 Meter hoch und kauft gerade ein eigentlich knöchellanges Kleid als Minirock. Es ist einfach eine Tatsache: Hüftringe verschwinden nicht durch Anprobieren. Realismus und Enttäuschung sind zwei Seiten einer Medaille.
    Weil die Gegenwart in ihrer Gnadenlosigkeit real ist, fokussiert der Selbstbetrug häufig auf Vergangenheit und Zukunft. Man glaubt an die gute alte Zeit oder an das Paradies in der Zukunft, das all jenen verwehrt sein wird, die böse waren: die Politesse, der Vorgesetzte, die Lehrer, der Feldwebel, die Nachbarn oder der Rottweiler von nebenan.
    Man glaubt gerne jeden mist, wenn die Geschichte nur schön ist und vor allem tröstlich. So entsteht auch der religiöse Glaube, nicht weil er wahr wäre, sondern weil er so rührend ist!
    Wer mit Inbrunst erklären kann, wie der heilige St. Jodelbert einst das Töchterlein eines armen Schneiders aus einer unterirdischen Höhle befreite, indem er einem Engel folgte, der ihm den Weg zeigte, wird in weinende Augen von Gläubigen blicken. Vielleicht wird vor Ort eine kleine Kapelle mit einer Reliquie an den Heiligen erinnern. Man wird seinen kleinen Finger in einem Goldkästchen aufbewahren und an Fronleichnam durch das Dorf tragen. Kein Mensch wird fragen, ob der Heilige wirklich gelebt hat und wer sich die Mühe gemacht hat, ihm vor seiner Beerdigung den kleinen Finger abzuschneiden. Derartiges gehört jedenfalls in unserer Familie nicht zu den üblichen Bräuchen. Es gibt Heilige in der katholischen Kirche, von denen in verschiedenen Kirchen bis zu dreißig kleine Finger aufbewahrt werden. Muss man deshalb gleich zweifeln? Sind Gottes Wege nicht wundersam? Und kann, wer Wunder wirkt, nicht auch Finger multiplizieren?
    Wer aber behauptet, eine offensichtliche Realität wie die erste Mondlandung habe nie stattgefunden, wird nicht für verrückt erklärt, sondern gilt als hochangesehener Verschwörungstheoretiker. Sicher, der Funkverkehr der Astronauten war weltweit abhörbar und zu orten, und nicht einmal die Russen haben den Erfolg von Apollo 11 geleugnet. Aber wer glaubt schon an Fakten?
    Fakt ist, wir glauben nur, was wir nicht
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