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Der Ultimative Ratgeber Für Alles

Der Ultimative Ratgeber Für Alles

Titel: Der Ultimative Ratgeber Für Alles
Autoren: Dieter Nuhr
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Infantilität bezeugt. Wer mit 40 noch nicht mit den Deger-Zwillingen geschlafen hat, gehört ohnehin zu einer bedauernswerten minderheit. Die beiden sind doch völlig wahllos und lassen jeden ran (außer den Markus, aber wer würde das nicht verstehen! Der trägt Palomino-Jeans!).
    Wer heute noch keinen Facebook-Account besitzt, muss damit rechnen, dass alte Schulfreunde glauben, man sei verstorben. Die Weitergabe intimster Informationen gilt heute als Überlebensbeweis. Soziale Netzwerke haben dazu geführt, dass Menschen glauben, es gäbe andere Menschen, die sich für ihren Hautausschlag am Ellbogen, die alkoholischen Eskapaden in der Dorfdisco oder den Windelinhalt ihrer Nachkommenschaft interessieren. Und das Schlimmste ist: Die gibt es wirklich!
    Sollten Sie bisher nicht über einen Account in einem der angesagten Netzwerke verfügen, muss Ihnen jeder verantwortungsbewusste Ratgeber klar und deutlich zurufen: Worauf warten Sie noch? WENN SIE NICHT IN DER JÄMMERLICHEN ILLUSIONSLOSIGKEIT DER DREIDIMENSIONALEN WELT VERKÜMMERN WOLLEN, LEGEN SIE SICH EIN PROFIL ZU, VERÖFFENTLICHEN SIE IHREN BEZIEHUNGSSTATUS UND GEBEN SIE DER WELT ZUR KENNTNIS, DASS IHR GOLDEN RETRIEVER SCHON WIEDER DURCHFALL HAT! mein Mitgefühl ist Ihnen sicher. Aber kommen Sie bitte nicht bei mir vorbei mit dem Viech! Ekelhaft!

VERANTWORTUNG
    Die Infantilisierung der Gesellschaft bestimmt auch das Politische. Der Wähler glaubt, Politiker an sich seien dumm, korrupt und skrupellos. Das ist natürlich Quatsch, ist aber quasi die Fortsetzung des Glaubens an die Bösartigkeit des Lehrkörpers, nur eben in der Erwachsenenwelt.
    So wie am schlechten Abschneiden in der Schule am Ende immer der Lehrer schuld war und nicht die eigene Dumm-, Dreist-oder Faulheit, ist auch in der Welt der Erwachsenen niemand mehr schuld am eigenen Dasein, sondern immer die anderen: Gesellschaft, Politik, Wirtschaft.
    Verantwortung haben in unserer Gesellschaft immer die anderen. Wer zu doof ist, Kaffee zu trinken und sich dabei das Maul verbrennt, verklagt die Kaffeefirma, dass sie es unterlassen hätte, auf die Gefährlichkeit ihres Kaffees hinzuweisen. Jede Bedienungsanleitung enthält heute Hinweise wie man solle den Föhn nicht ins Badewasser werfen, wenn der Ehepartner noch bade, es sei denn, man verfolge eine begründete Tötungsabsicht.
    Wenn Sie Ihrer Familie ein sorgenfreies Leben ermöglichen möchten, dann fahren Sie nach Amerika! Lassen Sie sich von einem Pick-up-Truck Ihrer Wahl überfahren und verklagen Sie anschließend den Fahrzeughersteller, sofern Sie noch am Leben sind. Sollte dies nicht der Fall sein, ist bei dem Plan etwas schiefgelaufen. Sie hätten Ihre Familie vorher informieren müssen, welche rechtlichen Schritte sie im Falle Ihres Ablebens einleiten müssten. Jetzt ist es wahrscheinlich zu spät, und die Einfaltspinsel verpassen ein Riesengeschäft. Schade.
    Wer bei uns seine Ernährung auf Jägermeister umstellt, um in sozialer verwahrlosung dauerbetäubt dahinzuvegetieren, hält sich selbst meist für das schuldlose Opfer einer menschenunwürdigen Gemeinschaft, die es unterlassen hat, die Versorgung mit Alkohol durch Liebe, Geld, Erfolg und Spaß zu ersetzen.
    Wo der Einzelne schuldlos ist, wird der Misserfolg zur Krankheit, ein Begriff, der dem Opfer und seinen Mitmenschen verdeutlicht: Hier liegt keine Eigenverantwortung vor, es handelt sich um eine Infektion.
    Dabei weiß jeder Volltrottel, dass menschliches Verhalten im Kopf gesteuert wird, von einer Instanz, die wir als »ich« bezeichnen. Dieses Ich kann also nicht ganz unschuldig sein an den Handlungen des Körpers, den es bewohnt.
    Natürlich wissen wir aus der Hirnforschung, dass das Ich immer unschuldig ist, denn alles, was es tut, ist entweder chemisch, erblich, durch die elterliche Erziehung, gesellschaftliche, göttliche oder bakterielle Einflüsse bedingt. Das Ich basiert also auf einer Mischung aus Genetik und Umwelteinflüssen. Wenn Sie daraus den Schluss ziehen, der Mensch sei nicht mehr als eine organische Maschine, können Sie an dieser Stelle mit dem Lesen aufhören und in der Folge weitervegetieren wie eine Tulpe oder eine Pilzkultur. Alle anderen müssen akzeptieren, dass wir den Einzelnen für seine Handlungen verantwortlich machen, auch wenn sie klar erkennbare äußere Ursachen haben. Das hat sich im Leben bewährt. Wer mit dem Auto bei Rot einen Rentner überfährt, kann zwar auf eine schwere Kindheit verweisen, wird aber trotzdem ein Bußgeld zahlen müssen. Oft
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