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Der träumende Delphin

Der träumende Delphin

Titel: Der träumende Delphin
Autoren: Sergio Bambaren
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wenig ängstlich, aber es hatte etwas Schönes, Herr seiner Ängste zu sein. »Es ist eine so herrliche Nacht«, dachte er. »Was soll da schon schiefgehen?«
    Er war zufrieden mit sich, denn was auch immer geschehen mochte, er nahm wenigstens sein Schicksal selbst in die Hand. In dieser Nacht mußte Daniel nicht nur gegen die Gezeiten und Strömungen kämpfen, sondern auch gegen seine eigenen Zweifel.
    »Jetzt beginnt der harte Teil«, dachte er. Und er merkte, daß all die einsamen Stunden, in denen er sich geistig und körperlich vorbereitet hatte, ihm nun die Kraft gaben, nicht nur der ehrfurchtgebietendsten aller Wellen, sondern auch seinem eigenen Schicksal entgegenzutreten.
     

Zweiter Teil
     
    Am nächsten Morgen fand sich Daniel Alexander Delphin mitten in einem riesigen Ozean wieder. Da er nicht wußte, in welche Richtung er schwimmen sollte, ließ er sich einfach treiben.
    Die Größe dieses Ozeans, der sich jenseits seiner kleinen Insel erstreckte, überwältigte ihn. Hier war kein Riff oder Land in Sicht. Er war ein wenig verzagt. Was nun, jetzt, da er so weit gekommen war und sich selbst bis zum Äußersten getrieben hatte? Gab es denn sonst gar nichts um ihn herum?
    Trotzdem bereute er seine Entscheidung nicht. Die Angst, die er empfunden hatte, als er das Riff verließ, hatte sich gelegt, und jetzt, alleine inmitten dieser ungeheuren Weite, war er sicher, daß er den richtigen Weg eingeschlagen hatte, der zu einem Ort führte, von dessen Existenz er immer gewußt, obwohl er ihn niemals mit eigenen Augen gesehen hatte.
    Während Daniel in solchen Gedanken versunken war, brach plötzlich neben ihm, wie von einer gewaltigen Kraft emporgeschleudert, eine ungeheure Wassermasse an der Oberfläche hervor. Unter der Wasserfontaine erblickte er etwas Riesiges, das zehnmal so groß war wie er selbst. Er begriff sofort, daß er schon bei der geringsten Berührung zerquetscht werden würde.
    Noch nie hatte er etwas Derartiges gesehen, aber er fühlte sich keineswegs ängstlich oder bedroht; merkwürdigerweise war es fast so, als sei plötzlich ein alter Freund aufgetaucht, unerwartet, aber willkommen.
    »Wer bist du?« fragte Daniel.
    »Ich bin ein Buckelwal.« Der freundliche Riese schwamm weiter.
    Daniel mußte schnell schwimmen, um dicht bei ihm zu bleiben.
    »Was machst du?« fragte er.
    »Ich ziehe nach Süden. Ich muß warme Gewässer erreichen, ehe der Winter einbricht.« Er wandte sich zu Daniel um. »Und du, was machst du hier mitten im Ozean?«
    »Ich verfolge einen Traum«, sagte Daniel. »Ich habe vor einiger Zeit meinen Schwarm und meine Insel verlassen und bin auf der Suche nach der perfekten Welle, die mir zeigen wird, worin der Sinn meines Lebens liegt.«
    »Alle Achtung vor deiner Entscheidung«, sagte der Wal. »Es war bestimmt schwer, deiner Welt den Rücken zu kehren, um einen Traum zu verfolgen.«
    Er sah Daniel an. »Du mußt sehr vorsichtig sein auf deiner Reise. Gib acht auf alles, was du tust und siehst, dann wirst du viel lernen. Es geht nicht nur darum, deine Bestimmung zu erfüllen, sondern auch um die Reise selbst, die dir zeigen wird, welche Bedeutung die perfekte Welle hat und wie du sie finden kannst.«
    »Deine Weisheit ist groß«, sagte Daniel, »und ich danke dir, daß du mich daran teilhaben läßt.«
    Er wollte den Wal gerade fragen, welche Richtung er einschlagen sollte, als plötzlich eine schwarze Silhouette am Horizont auftauchte. Sie schien dicht über dem Wasser zu schweben und spuckte Rauch und Asche in die Luft.
    »Was ist das?« fragte Daniel.
    Der Wal begann zu zittern. Große Angst stand ihm plötzlich ins Gesicht geschrieben, und dann schwamm er ohne Ankündigung in hohem Tempo davon. »Wie kann ein so freundlicher Riese nur so ängstlich sein? Was mag jemandem, der so groß ist, einen solchen Schrecken einjagen?« dachte Daniel. Er wurde plötzlich ganz traurig und bekam auch ein wenig Angst.
    Daniel holte den Wal wieder ein und fragte ihn, ob er ihm helfen könne, doch der freundliche Riese schwamm einfach weiter. Ehe er Daniel verließ, sagte er aber noch:
    »Hüte dich vor einem Geschöpf namens Mensch. « »Was meinst du damit?« fragte Daniel. »Ich kenne niemanden, der so heißt. Auf meiner Insel sind wir, von ein paar freundlichen Möwen einmal abgesehen, alle Delphine.«

    »Hüte dich vor einem Geschöpf namens Mensch.« Das waren seine letzten Worte.
    »Ob der Mensch wohl ein böser Delphin ist?« fragte sich Daniel.
    In dem Moment spürte er, daß
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