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Der träumende Delphin

Der träumende Delphin

Titel: Der träumende Delphin
Autoren: Sergio Bambaren
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Leben voller Träume. Er war schließlich kein Delphinbaby mehr, und an die Stelle von Träumen waren jetzt Pflichten getreten. War das nicht auch der Grund, warum er fischte? Was würden außerdem die anderen Delphine denken, wenn sie ihn auf den Wellen reiten sähen?
    Wenn er sich an seine Zeit als Surfer erinnerte, erschien sie ihm wie ein Teil seiner Jugend, wie etwas Vergangenes.
    Er hatte schon häufiger mit dem Gedanken gespielt, wieder einmal zu surfen, aber wenn er den ganzen Tag gefischt hatte, war er abends so müde, daß er immer einen guten Grund fand, es dann doch sein zu lassen.
    Michael sah seinen Freund an. Er versuchte, überzeugend zu klingen:
    »Eines Tages wirst du erwachsen werden, Daniel, und alles genauso sehen wie unser Schwarm. Es gibt keinen anderen Weg.«
    Und damit war Michael fort.
    Daniel war traurig, denn obwohl Michael sich seit der Zeit, als sie noch gemeinsam surften und immer auf der Suche nach neuen, geheimen Winkeln waren, sehr verändert hatte, liebte er ihn genauso wie damals. Er wußte, daß die Freude, die sie damals miteinander erlebt hatten, tief in seinem Herzen war, aber aus irgendeinem Grund hatte Michael aufgehört zu träumen.
    Daniel tat es in der Seele weh, aber er spürte, daß er nicht mehr tun konnte, um seinem Freund zu helfen.
    Er wußte, daß er auf Unverständnis stoßen würde, wenn er versuchte, sich den anderen mitzuteilen und ihnen das Freiheitsgefühl nahezubringen, das er beim Wellenreiten empfand.
    Aber Daniel Delphin wußte auch, daß die Faszination jenes Augenblicks, wenn er allein inmitten der endlosen Weite seines geliebten Ozeans hoch oben auf einer Welle ritt, ihn nie wieder loslassen würde.
    Er hatte beschlossen, nach seinen eigenen Prinzipien zu leben, und obwohl er manchmal einsam war, bereute er nichts.
    In den folgenden Tagen und Wochen lernte Daniel viel dazu. Er verbrachte den ganzen Tag in der Brandung am Riff und vergaß manchmal sogar, eine Pause zu machen, um etwas zu essen. Und obwohl das Leben, das er gewählt hatte, ihn glücklich machte, wünschte er sich, er hätte das, was er empfand, mit den anderen Delphinen seines Schwarms teilen können. »Wenn ich nur einen Weg finden könnte, ihnen klarzumachen, welches Freiheitsgefühl mich beim Wellenreiten packt«, dachte er, »vielleicht würden sie dann begreifen, wie wichtig es ist, seinen Träumen nachzugehen.«
    Aber vielleicht habe ich ja gar nicht das Recht, mich in ihr Leben einzumischen. Wer bin ich eigentlich, ihnen vorzuschreiben, was richtig ist und was falsch?
    Von jetzt an werde ich einfach versuchen, selbst so gut zu sein, wie ich kann. Es gibt immer noch viele Dinge, die ich beim Surfen herausfinden muß, ich werde also niemanden mehr belästigen.
    Daniel war zufrieden mit seiner Entscheidung. Er würde einfach weiter seinen Träumen nachgehen, wie er es schon immer getan hatte.
    Er schwamm zurück in Richtung Lagune, als er plötzlich eine Stimme hörte.
    Er konnte sie kaum verstehen, aber es waren eindeutig Worte, die ihm jemand zuflüsterte.
    Wer konnte das sein?
    In seiner Verwirrung verlor Daniel das Gleichgewicht und wurde beinahe ans Ufer gespült. Wer rief da nach ihm? Die Stimme klang so vertraut, als würde er sie seit jeher kennen. Er schaute um sich, doch er war eindeutig allein.
    Jetzt bekam er Angst. Verlangte die Einsamkeit - der Preis, den er für die Verwirklichung seiner Träume zahlte - ihren Tribut? War er verrückt geworden?

    Und dann hörte er die Stimme noch einmal. Doch dieses Mal war sie klar zu vernehmen:
     
Es kommt eine Zeit im Leben,
da bleibt einem nichts anderes übrig,
als seinen eigenen Weg zu gehen.
Eine Zeit, in der man die eigenen Träume
verwirklichen muß.
Eine Zeit, in der man endlich für die eigenen
Überzeugungen eintreten muß.
     
    Daniel fühlte sich äußerst unbehaglich. Jemand, der offenbar seine Gedanken lesen und seine Seele durchleuchten konnte, kam da seinem größten Geheimnis auf die Spur.
    »Wer bist du?« fragte er.
    »Ich bin die Stimme des Meeres.«
    »Die Stimme des Meeres?«
    »Ja, Daniel. Du hast etwas erreicht, das andere Delphine sich nicht einmal vorstellen können. Und jetzt werden sich die harte Arbeit und das lange, einsame Üben in der Brandung, bei dem du immer deinen Traum vor Augen hattest, endlich auszahlen.«
    Und dann hörte Daniel Delphin jene Worte, die sein Leben ein für allemal verändern sollten:
    »Du hast viel gelernt, Daniel, und jetzt wird dein Leben in eine neue Phase treten, in der du
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