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Der träumende Delphin

Der träumende Delphin

Titel: Der träumende Delphin
Autoren: Sergio Bambaren
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er gelernt hatte, den Zeichen zu folgen, indem er auf die Stimme seines Herzens hörte, und daß er einem Geschöpf namens Mensch begegnet war, das ihm gezeigt hatte, wieviel Gutes und wieviel Böses in uns steckte. Vor allem erzählte er ihnen aber von seinem Traum, dem Leben einen tieferen Sinn zu geben, und daß sich dieser Traum erfüllt habe. Und daß er ein Delphin mit den gleichen Ängsten und Hoffnungen sei wie jeder andere, bis auf einen Unterschied: Er hatte seinen Traum nicht aufgegeben.
    Jemand sagte: »Du weißt doch genau, daß wir fischen müssen, um zu überleben.«
    »Wir müssen alle dafür sorgen, am Leben zu bleiben«, sagte Daniel, »und daran ist auch nichts auszusetzen. Solange wir niemals vergessen, daß wir fischen, um ein erfülltes Leben zu führen und unsere Träume zu verwirklichen.«
    »Willst du damit sagen, daß wir genauso glücklich sein können wie du?«
    »Ich versuche, euch klarzumachen, daß ihr so glücklich sein könnt, wie ihr wollt. Ihr müßt nur träumen, damit ihr euch wieder daran erinnert, wer ihr wirklich seid. Es ist niemals zu spät, noch einmal von vorne anzufangen.«
    »Zeig uns, wie man träumt, Daniel.«
    Er sprach sehr langsam:
    »Das wirkliche Geheimnis einer glücklichen, erfüllten Existenz liegt darin, daß man lernt, zwischen wahrem und falschem Reichtum zu unterscheiden. Das Meer, das uns umgibt, die Sonne, die uns Leben schenkt, der Mond und die Sterne, die am Himmel leuchten, all dies ist wahrer Reichtum«, sagte Daniel. »Es sind zeitlose Dinge, die man uns gab, damit wir niemals vergessen, welch ein Zauber uns umgibt; damit wir immer daran denken, daß unsere Welt voll von Wundern ist, die wir bestaunen sollten und die uns helfen können, unsere Träume wahr werden zu lassen.

    Statt dessen haben wir uns eine eigene Welt errichtet, in der nichts als falscher Reichtum herrscht. Wir haben unsere Träume aufgegeben und akzeptiert, daß der Sinn des Lebens darin liegt, soviel zu fischen, wie wir können.«
    Daniels Stimme wurde traurig.
    »An diesem Punkt habt ihr aufgehört zu träumen. Ihr habt die wahren Reichtümer des Lebens genauso verleugnet, wie ihr mich verleugnet habt an jenem Tag, als ich zum äußeren Riff schwamm. Damit ist der Traum in euren Herzen gestorben, und mit ihm all eure Hoffnung und Zuversicht. Ihr habt vergessen, wie man träumt, dabei war dies die einzige Verbindung zu eurem wahren Selbst. Und plötzlich war sie fort.«
    Er sprach weiter: »Habt ihr jemals gesehen, wie ein Delphinjunges zur Sonne, zum Mond und zu den Sternen hochschaut? Es hält sie für etwas Magisches. Und wißt ihr warum? Weil sie es in gewisser Weise auch sind. Ein junger Delphin hat noch Träume, und darum kann er noch Dinge sehen, die magisch sind, Dinge, die ihr nicht mehr sehen könnt. Genau das müßt ihr tun: träumen...«
    An diesem Abend kam den Delphinen des Schwarms allmählich ihre Erinnerung zurück. Und als sie wieder träumen konnten, begannen sie, die Welt um sie herum zu bestaunen, jene Welt, die schon immer dagewesen war. Damit hatte der Schwarm den Grundstein für ein glückliches, erfülltes Leben gelegt.
     
    Am nächsten Morgen hatte sich auf der Insel etwas verändert.
    Es schien ein normaler Tag im Leben des Schwarms zu sein, doch in den Herzen der Delphine hatte eine Revolution stattgefunden. Ihre Augen leuchteten wie Sterne, und sie wirkten viel glücklicher.
    Eine neue Zeit der Hoffnung war angebrochen.
    An diesem Spätnachmittag tummelten sich lauter Anfänger im Riff, die sich im Wellenreiten versuchten; und wer nicht surfte, genoß den letzten Schimmer des wunderbaren Sonnenuntergangs.
    Endlich hatten sie ein wenig Zeit zum Leben gefunden.
    Sie wußten wieder, wie man träumt.
    Daniel Alexander Delphin führte ein langes, schönes Leben. Er hörte nicht auf, zu reisen und neue Welten zu entdecken, in unbekannten Riffs zu surfen und jeden Sonnenuntergang von neuem zu bestaunen, das Leben voll auszuschöpfen und dabei immer weiter zu träumen...
    Bis er eines Tages in der Weite seines geliebten Meeres verschwand.
    Man munkelte, daß er von einer riesigen Welle verschlungen worden sei. Er kehrte niemals zurück.
    Doch dieselben Delphine, die ihn Jahre zuvor verleugnet hatten, weil er gegen das Gesetz des Schwarms verstieß, akzeptierten sein Schicksal nun. In ihren Herzen war die Idee des Traumes herangereift, und sie wußten, daß es auch ihnen eines
    Tages gelingen würde, ihre Träume wahr werden zu lassen.
    Sie wußten so sicher,
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