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Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee
Autoren: Susanne Mischke
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nicht sofort vergleichen, denn der Umschlag befindet sich noch in der
Kriminaltechnik.
    Â»Jetzt brauchen wir nur noch eine Schriftprobe von Elise Wenzel, um
sie mit dem Brief an Strauch zu vergleichen«, meint Jule und wühlt bereits in
der Schublade des Sekretärs.
    Unter dem strengen Blick des silbergerahmten Herrn Pastor auf dem
Fernseher durchsucht Fernando derweil die Eichenschrankwand nach der Waffe,
wobei er zu Jule sagt: »Weißt du, was mir nicht aus dem Kopf geht?«
    Â»Liliane Fender?«, entfährt es Jule.
    Â»Der war nicht gut«, sagt Fernando, mehr traurig als eingeschnappt.
    Â»Entschuldige. Das war blöd von mir. Ich wusste nicht, dass es dir
so nahgeht. Oda erwähnte nur …«
    Â»Ach, Oda, dieser Eisblock. Was versteht die schon von amor ?«
    Â»War es dir wirklich so ernst?«, zweifelt Jule.
    Â»Ach, ich weiß nicht«, sagt Fernando unwirsch, während er
tonnenweise Nippes beiseiteschiebt. »Ich fühle mich so leer und so …
ausgenutzt.«
    Â»Du hast ihr doch nichts über die laufenden Ermittlungen verraten,
oder?« So dumm kann doch kein Mann sein, hofft Jule.
    Â»Nein, natürlich nicht«, versichert Fernando. »Das meine ich auch
nicht damit. Ich fühle mich sexuell ausgebeutet. – Was gibt es denn da zu
lachen?«
    Â»Nichts, gar nichts«, gluckst Jule.
    Fernando schweigt gekränkt und pfeffert eine Ladung Buchklublektüre
auf den Fußboden.
    Â»Ein bisschen mehr Respekt, das ist Literatur!«, mahnt Jule.
    Â»Bist du sicher?«, entgegnet Fernando.
    Â»Was ist es denn nun, das dir nicht mehr aus dem Kopf geht?«, nimmt
Jule den Faden wieder auf.
    Â»Bächles Sacktuch.«
    Â»Was, bitteschön?«
    Â»Bei der Obduktion von Offermann sprach Bächle von einem Taschentuch
aus Stoff, mit dem der Mörder möglicherweise die Zunge festgehalten hat, um sie
abzuschneiden. Und wer benutzt solche Tücher?«
    Â»Ã„ltere Damen«, sagt Jule, die sich im selben Moment den Anblick von
Gertrud Wenzel im Türrahmen ins Gedächtnis ruft. Wie hat es der Barkeeper
gleich noch mal ausgedrückt, als sie ihm Irene Dillings Foto zeigte? Schärfere Züge und verhärmt. War das nicht eine ziemlich
gute Beschreibung von Elise Wenzels Mutter? Das graue Haar passt auch. Und das
Phantombild, das nach Frau Schröders Angaben angefertigt wurde, hat zwar nicht
allzu viel direkte Ähnlichkeit mit Gertrud Wenzel, dennoch gibt es die hohen
Wangenknochen und die kleinen, tief liegenden Augen relativ gut wieder.
    Â»Mein Gott, ich bin so dämlich!«, ruft Jule, und ihr Herz beginnt zu
rasen. »Da drin ist ein Ordner mit Gehaltsabrechnungen. Gertrud Wenzel ist
Altenpflegerin. Sie weiß also, wie man schwere Körper …«
    Den Rest des Satzes verschluckt sie, denn sie hat ein Geräusch in
ihrem Rücken gehört – ein Geräusch, das sie kennt und das entsteht, wenn der
Schlitten einer Pistole zurückfährt.
    Â»Sind Sie ein Angehöriger?«, fragt die Stationsschwester.
    Â»Kripo Hannover.« Völxen weist sich aus. »Wird er denn durchkommen?«
    Â»Das dürfen Sie mich nicht fragen. Wozu haben wir hier Ärzte? Und
jetzt entschuldigen Sie mich, ich muss arbeiten.«
    Â»Ich auch«, murmelt der Kommissar und betrachtet nachdenklich die
Schwingtür, durch die immer wieder Menschen in grünen OP-Kitteln kommen oder
gehen. Nein, es hat keinen Sinn, hier herumzulungern. Er muss wohl oder übel
abwarten, bis Markstein operiert worden ist, und das kann er auch an einem
angenehmeren Ort tun. Außerdem muss dringend der Zeuge vernommen werden, der
Mann mit dem Hund, der den angeschossenen Reporter entdeckt hat. Vielleicht hat
er sogar die Täterin gesehen. Aber auf jeden Fall wird Völxen veranlassen, dass
Markstein während der nächsten Tage Personenschutz bekommt. Nicht, dass es diese
Verrückte noch einmal probiert, womöglich hier, in der Klinik.
    Keine voreiligen Schlüsse, Völxen, ermahnt sich der Kommissar. Noch
wissen wir gar nichts. Es kann auch jemand anderer auf den Journalisten
geschossen haben, ein Mann wie Markstein hat nicht nur Freunde. Andererseits –
ein Zufall ist der Mordversuch genau an dem Tag, an dem sein Artikel über
Strauch erscheint, wohl kaum. Derlei Gedanken in seinem Schädel hin und her
wälzend, marschiert Völxen den Gang entlang. Dass Krankenhäuser immer so
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