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Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee
Autoren: Susanne Mischke
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grässlich
riechen müssen …
    Â»Vorsicht bitte!« Ein Bett wird eilig über den Flur geschoben,
dahinter folgt ein Pulk von Leuten. Der Kommissar macht Platz und wirft einen
beiläufigen Blick auf den Patienten. Beinahe hätte er Boris Markstein nicht
erkannt. Der trägt eine Haube über dem Haar, und sein Wieselgesicht ist so
bleich und blutleer, dass es eher dem eines Vampirs ähnelt. Die Lider sind halb
geschlossen, ein Schlauch ragt unter der Decke hervor, das Laken ist blutig.
    Völxen nimmt die Verfolgung des Bettes auf. »Herr Markstein! Haben
Sie den Täter erkannt?«
    Â»Der antwortet nicht mehr«, sagt eine junge Frau aus der
Betten-Eskorte. Sie trägt eine Weste in Signalfarbe mit der Aufschrift Notarzt .
    Â»Ist er tot?«
    Â»Sediert.«
    Â»Seziert?!«
    Â»Sediert. Er hat ein starkes Beruhigungsmittel bekommen.«
    Ohnmächtig muss Völxen zusehen, wie Markstein hinter der Schwingtür
verschwindet. Seine Kehle ist trocken. Der Anblick des Journalisten hat ihn
mehr schockiert, als er sich eingestehen will.
    Die Notärztin kommt wieder heraus. Völxen stellt sich ihr in den
Weg. »Völxen, Polizeidirektion Hannover, wie steht es um ihn?«
    Â»Die Lunge ist getroffen, aber er müsste es schaffen.«
    Â»Waren Sie am Tatort?«
    Â»Ja, ich war am Einsatzort und habe die Erstversorgung vorgenommen.«
    Â»Hat er irgendwas gesagt?«
    Sie überlegt. »Im Wagen hat er sich Sorgen um seinen Mantel gemacht
und etwas von seinem Fotoapparat erzählt.«
    Â»Wo sind seine Sachen?«
    Â»Fragen Sie die Schwester im Stationsbüro.«
    Nach einigem Hin und Her hält Völxen schließlich den Mantel von Boris
Markstein und dessen Kamera in der Hand. Es ist ein ebenso edles wie
kompliziertes Gerät, und es dauert ein paar Minuten, ehe Völxen es schafft,
sich die letzten gespeicherten Bilder anzusehen. Aber dann überzieht ein
grimmiges Lächeln sein Gesicht. Der gute Markstein. Drei unscharfe Bilder von
einer Frau mit langer Jacke und einem Tuch um den Kopf, aufgenommen heute um 14.50 Uhr, wie die
Zeitangabe in der unteren rechten Ecke des Bildes verrät. Aber das vierte ist
schärfer. Zwar liegen die Augen der Frau im Schatten des Kopftuchs, aber den
unteren Teil des Gesichts erkennt man recht deutlich. Der Mund, die Lippen …
Sie haben Ähnlichkeit mit denen von Elise Wenzel, aber sie ist es nicht, kann
es auch nicht sein, denn als diese Bilder aufgenommen wurden, befand sie sich
in Odas Obhut. Und nun fällt Völxen auch wieder ein, was Dr. Fender gesagt hat
und was ihm vorübergehend entfallen war: Sie legte großen
Wert auf meine Schweigepflicht. Vor allem ihre Mutter sollte nichts davon
erfahren.
    Â»Das ist mit Sicherheit der schönste Gebissabdruck meiner
Laufbahn. Und dann noch von jemand Lebendigem!«
    Oda verdreht die Augen. Offenbar ein zwanghafter Flirter, dieser
Westenberg.
    Dr. Bächle hat heute frei, deshalb nimmt sein Assistent den Abdruck.
Doch Elise scheint das schmierige Kompliment zu erfreuen, sie lächelt
zögerlich. Offenbar bekommt sie nicht allzu oft Komplimente. Von wem auch, von
ihren Pinguinen?
    Â»Und, hat Ihre Tochter die Sektion gut verdaut?«, erkundigt sich Tim
Westenberg.
    Â»Danke«, sagt Oda kurz angebunden und lügt hinterher: »Sie hat
jedenfalls ihrem Freund ganz begeistert davon erzählt.«
    Â»Was soll nun mit dem Abdruck geschehen?«, will der Arzt wissen.
    Â»Den dürfen Sie demnächst mit einer Bisswunde vergleichen«, erklärt
Oda und bestellt zum Abschied die allerbesten Grüße an Dr. Bächle.
    Â»Mach ich gern.« Im Türrahmen grinst der Arzt Oda und Elise jovial
zu und fragt: »Frau Kommissarin, wissen Sie, was Orgasmus auf Schwäbisch
heißt?«
    Â»Nein«, bekennt Oda.
    Â»Jetzetle!«, sagt der junge Arzt und lacht so laut über seinen Witz,
dass es über den ganzen Flur schallt.
    Â»Den werde ich Bächle erzählen!«, droht Oda.
    Â»Der ist doch von ihm«, entgegnet Westenberg.
    Kopfschüttelnd verlässt Oda das Institut, Elise Wenzel folgt ihr
still.
    Â»Wie fühlen Sie sich?«, fragt Oda auf dem Weg zum Parkplatz.
    Elise nickt. »Ganz gut.«
    Â»Wie war das eigentlich, nachdem Sie wieder nach Hause gekommen
sind?«, fragt Oda.
    Â»Furchtbar«, antwortet Elise Wenzel unumwunden. »In der Schule …«
    Â»Ich meine Ihre Eltern, wie haben
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