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Der Tote im Kofferraum

Der Tote im Kofferraum

Titel: Der Tote im Kofferraum
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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zu werden. Sie verabschiedete sich ein bißchen kühl und dachte, während sie losfuhr: Jetzt sind wir quitt. Und trotzdem war er nett — wirklich nett. Allerdings hat es keinen Sinn, wieder sentimental zu werden. Sicherlich hat auch er seine Ecken und Kanten. Schließlich hat er nichts davon gesagt, daß er nicht verheiratet sei. Das wird es sein. Er ist verheiratet — oder sonst in festen Händen.
     
     
     

2
     
    Delia fuhr vorsichtig auf dem grasbewachsenen Feldweg weiter. Wallace hatte ihr gesagt, daß der Weg nach wenigen Metern im rechten Winkel in die Landstraße einmündete, und dann brauchte sie nur noch auf die Wegweiser nach Greenvale zu achten. Es zogen noch immer Nebelschwaden über den See. Ab und zu konnte sie das ruhige tiefe Wasser durch die Bäume sehen, und sie schauderte bei dem Gedanken, wie bedrohlich nah der Feldweg am See entlangführte.
    Sie dachte wieder an den jungen Mann und seinen schwarzweißen Spaniel. Dabei lächelte sie: Wie befangen er doch wirkte, als er seine Schwäche für Tiere zugab! Er war freundlich und liebenswürdig. Erst als sie Henry Warwick-Smith erwähnte, verdüsterte sich seine Miene, und er wirkte verschlossen. Später dann, als er zum Zelt zurückkam und sie mit dem Foto in der Hand ertappte, wurde er noch förmlicher. Sie seufzte erbittert und dachte: Jetzt hast du wieder alles Porzellan zerschlagen. Aber was soll’s? Irgendeinen Haken hätte die Geschichte sowieso gehabt.
    Dann war der Feldweg zu Ende, und sie fuhr noch langsamer, um vorsichtig in die Landstraße einzubiegen. Sie war jetzt inmitten einer dicken Nebelschwade und erschrak, als zwei Männer plötzlich neben ihrem Auto auftauchten. Einer der Männer streckte seinen Arm aus, und Delia bremste scharf. Einen Augenblick lang dachte sie: Der Einbrecher! — Aber wieso waren es zwei? Dann bemerkte sie die Uniform der beiden. Es war Polizei. Was suchten sie hier in dieser einsamen Gegend, und warum blockierten sie ihr den Weg?
    »Entschuldigen Sie, Miss, daß wir Sie angehalten haben«, sagte der Ältere. »Wir fahnden nach einem Burschen. Ist Ihnen unterwegs jemand begegnet? Sie sind einen Umweg gefahren, Miss, nicht wahr?«
    Delia spürte die seltsame Befangenheit, die vollkommen unschuldige Leute befällt, wenn sie das erstemal mit der Polizei zu tun haben. Sie stammelte aufgeregt: »Ich — ich habe mich verirrt. Ich bin auf dem Weg nach Greenvale. Die Richtung stimmt doch, nicht wahr?«
    Dann erinnerte sie sich an den verflixten Fisch auf dem Rücksitz und dachte an den Rat von Keith Wallace, ihn keinem Waldaufseher vor die Nase zu halten. Sie hatte das ungute Gefühl, daß Waldaufseher und Polizei möglicherweise zusammenarbeiteten, und wollte deshalb einer längeren Befragung aus dem Weg gehen. »Darf ich jetzt weiterfahren? Ich habe mich bereits ziemlich verspätet«, fragte sie ängstlich.
    Der ältere Konstabler musterte sie daraufhin genauer. Er war etwas langsam und hatte ein ziemlich dümmliches Gesicht. Delia dachte: Er wundert sich über mich, wahrscheinlich hat er den Fisch gesehen. Dann strahlte sie ihn eine Spur zu freundlich an und sagte hastig: »Nun, ich habe niemanden gesehen, also kann ich genausogut weiterfahren.« Im selben Moment aber bereute sie ihre voreiligen Worte.
    »Tut mir leid, Miss, aber wir haben Anweisung, alle Autos zu durchsuchen.«
    Delia lachte gezwungen. »Nun, Sie können sich überzeugen, ich habe keinen Fahrgast im Auto, ich bin auch keinem verdächtigen Mann begegnet, deshalb...«
    Der Polizist schüttelte den Kopf, langsam und bedächtig. »Darf ich mal in Ihren Kofferraum sehen, Miss? Der Kofferraum ist groß genug für einen Mann.«
    »Einen Mann? Das ist doch barer. Unsinn«, erwiderte Delia mürrisch und ziemlich grob. Sie schämte sich nämlich für ihren Kofferraum und seinen unordentlich hineingestopften Inhalt. Da ihr zum sorgfältigen Packen die rechte Lust fehlte, warf sie immer alles, wie es ihr gerade unter die Hände kam, in den Kofferraum. Diesmal barg ein großer Plastiksack ihre Habseligkeiten. Dazu kam eine Ausgabe von Shakespeare, den sie liebte, seit sie in der Schule mit einem Aufsatz über ihn einen ihrer wenigen Preise gewonnen hatte. Und schließlich lag da ein Riesensack mit Passionsfrüchten, die es zu Hause in Hülle und Fülle gab und die am See, wie sie gehört hatte, nicht angebaut wurden.
    Ihre Mutter hatte ihr diese Unordnung noch vorgehalten. »Eines Tages wirst du dich schrecklich blamieren. Du kannst doch nicht mit diesem
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