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Der Tote im Kofferraum

Der Tote im Kofferraum

Titel: Der Tote im Kofferraum
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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losen Krimskrams ankommen.«
    Delia hatte strahlend erwidert: »Das werde ich aber auch nicht. Irgendwo halte ich an und verstaue alles im Koffer, aber jetzt habe ich keine Lust dazu.«
    »Wie ich dich kenne, vergißt du es, bis du vor dem Tor stehst, und dann hast du die Strafe für deine Schlamperei«, hatte ihre Mutter sie zum Schluß noch gewarnt.
    Nun war es also soweit. Nachdem sie sich verirrt hatte und jenem fremden jungen Mann begegnet war, hatte sie in der Aufregung ihren Vorsatz vergessen, und jetzt rollten vielleicht die Passionsfrüchte einzeln durch den Kofferraum. Der große Plastiksack aber, der ihren ganzen Privatkram enthielt, mußte den großen unbedarften Polizeibeamten vollends verwirren.
    »Es ist nichts weiter im Kofferraum — außer Shakespeare und einigen Passionsfrüchten«, sagte sie. Der Mann starrte sie an, als hätte sie den Verstand verloren. Gewiß, dachte Delia, die Kombination von Shakespeare und Passionsfrüchten klang seltsam.
    »Der Kofferraum ist nicht verschlossen, nicht wahr?« erkundigte sich der Beamte gleichgültig. »Sie müssen entschuldigen, Miss, aber Vorschrift ist nun einmal Vorschrift.«
    Er hantierte am Kofferraumschloß, das offensichtlich klemmte. Dann hörte sie, wie der Deckel mit einem dumpfen Knall aufsprang, sie vernahm einen entsetzten Ausruf, und dann war es plötzlich totenstill.
    Die beiden lesen wohl den Shakespeare, dachte Delia zunächst noch belustigt, dann aber wurde sie unruhig. Auch Polizisten können nicht stundenlang deine Habseligkeiten angaffen, sagte sie sich und wollte gerade aussteigen, um sie zur Eile anzutreiben, als der große dicke Konstabler zu ihr ans Fenster trat. Er starrte sie einen Moment lang schweigend an, und Delia bemerkte seinen eigentümlichen Gesichtsausdruck. Dann schluckte er, und sie beobachtete verwirrt, wie sein Adamsapfel auf und ab hüpfte, als säße er auf einer Sprungfeder.
    »Kommen Sie, Miss, und sehen Sie sich das an«, sagte er mit heiserer Stimme.
    »Was? Ich weiß, es ist eine fürchterliche Unordnung, aber warum sollte ich...«
    Die gebieterische Art, wie er ihr die Tür öffnete und sie für sie aufhielt, ließ sie stocken. »Schon gut, aber es ist einfach Zeitverschwendung«, sagte sie unsicher. Dann stieg sie verärgert aus und folgte ihm zum Heck des Wagens.
    Der Kofferraum war offen, aber in seinem Inneren waren jetzt mehr als nur Shakespeare und Passionsfrüchte verstaut. Delia sah ein angewinkeltes Bein und einen zusammengekauerten Körper. »Der Einbrecher! In meinem Auto! Aber wie?« rief sie überrascht aus.
    Der Konstabler ließ den Deckel ruhig ins Schloß fallen. »Das ist nicht der Einbrecher«, sagte er mit einem seltsamen Unterton. »Das ist ein Toter.«
    Später versuchte Delia sich zu erinnern, was sie gesagt hatte und was nach dieser unglaublichen Feststellung geschehen war. Sie glaubte fast, daß sie behauptet hatte, es könnte gar kein Toter sein, weil es ihr Auto wäre, mit dem sie am selben Morgen von daheim aufgebrochen wäre. Und dann hatte sie einfältig hinzugefügt: »Ich bin sicher, daß er nicht drin war, als ich losfuhr, weil ich den Kofferraum geöffnet habe, um Shakespeare und die Passionsfrüchte hineinzulegen.«
    Der Konstabler hatte kaum gesprochen, sondern nur sehr grimmig geblickt. Er vergewisserte sich, daß der Deckel fest geschlossen war, und gab seinem jüngeren Kollegen Anweisungen. »Berühren Sie nichts, verwischen Sie keine Spuren. Fahren Sie dieses Auto nach Lakelands — zur Wache. Ich nehme die junge Dame mit.«
    Das ärgerte sie. Warum konnte sie nicht mit ihrem eigenen Auto fahren? Warum nahmen sie nicht einfach den gräßlichen Toten aus ihrem Kofferraum heraus und ließen sie weiterfahren? Dann kehrte ihr gesunder Menschenverstand wieder zurück, und Delia erkannte, daß sie einen schweren Schock erlitten hatte und sich nun Mühe geben mußte, vernünftig zu wirken. Also stieg sie willig in das große Polizeiauto ein und setzte sich still neben den Polizisten.
    Als sie sich plötzlich heftig schüttelte, fragte sie der Konstabler mitfühlend: »Sie fühlen sich nicht gut, Miss, soll ich anhalten? Der Anblick des Toten hat Sie schockiert.« Aber Delia versicherte ihm, daß sie sich ganz wohl fühlte und auch an Reiseübelkeit nicht zu leiden pflegte.
    Reiseübelkeit nicht, sagte sie sich, aber übel fühlte sie sich trotzdem. Es war ein schrecklicher Verdacht, der sie plötzlich beunruhigte. Keith Wallace, dieser aufgeschlossene und freundliche junge
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