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Tochter Des Krieges

Tochter Des Krieges

Titel: Tochter Des Krieges
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Kapitel Eins
     
    Die Prim an Allerheiligen
    Im einundfünfzigsten Jahr der Regentschaft Eduard III. (Tagesanbruch, Montag, 1. November 1378)
     
    – I –
     
     
     
    Thomas saß die ganze Nacht lang wach und grübelte, maßlos wütend und verdrossen.
    Nachdem Will ein paar Worte mit einem Wachmann auf dem Gang gewechselt hatte, hatte er Thomas in ein kleines Gelass geführt, das etwa dreißig Schritte von Rabys Unterkunft entfernt lag. Will wies Thomas die Pritsche zu, die ein Wachtposten aufgestellt hatte, mit der unmissverständlichen Warnung, ihm den Bauch aufzuschlitzen, sollte er versuchen, zu fliehen.
    Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, hatte Will die Tür geöffnet, vor der drei Wachen standen: Männer mit tiefen Narben im Gesicht und kalten Augen, deren Hände auf den Heften ihrer Schwerter ruhten.
    Er war ein Gefangener… seiner eigenen Landsleute!
    Und des Ordensgenerals.
    Und er wurde von einfachen Soldaten gefangen gehalten.
    Er! Ein Neville. Ein dominikanischer Mönch. Ein Vertrauter des heiligen Michael!
    So saß er auf seiner Pritsche und haderte mit sich und seinem Schicksal bis in die frühen Morgenstunden hinein, als er auf einmal über sich lachen musste. Herr, vergib mir meinen Hochmut, betete er. Kein Wunder, dass der schwarze Prinz – und König Eduard, soweit er wusste – und sein Onkel wütend auf ihn waren. Kein Wunder, dass der Ordensgeneral ihn in Ketten zurück nach England gebracht haben wollte.
    Schließlich hatte er den Konvent in Rom ohne zu fragen verlassen. Er war ohne Erlaubnis durch halb Europa gereist. Und er hatte über merkwürdige Erscheinungen und noch seltsamere himmlische Aufträge geredet.
    Wer hätte ihm da Glauben schenken sollen?
    Und besonders, dachte Thomas nun endgültig ernüchtert, nach all den Missgeschicken und Missetaten in seiner Kindheit und Jugend.
    Es war auch kein Wunder, dass sein Onkel und der schwarze Prinz so wütend auf ihn waren. Der englische Thron und der Hochadel waren auf die Gunst der Kirche angewiesen. Das Oberhaupt eines der mächtigsten Orden innerhalb der Kirche zu verärgern – noch dazu eines, das ihnen die Inquisition auf den Hals schicken konnte! –, war ein unerhörtes Vergehen.
    Er holte tief Luft. Gott hatte ihn in dieses Dilemma geführt, um sein Durchhaltevermögen und seine Entschlossenheit auf die Probe zu stellen.
    Er würde nicht versagen. Die Umstände schienen zwar gegen ihn zu sprechen, doch er konnte sie zu seinen Gunsten wenden. Der Ordensgeneral wollte, dass er nach England zurückkehrte? Gut, denn dahin musste Thomas ohnehin reisen, um Wynkyns Schatulle zu finden, und wenn der Ordensgeneral wütend war, dann hieß das, dass er umso schneller dorthin gebracht werden würde.
    Wenn er erst einmal in England war, würde Thomas entscheiden, wie er am besten mit dem Zorn des Ordensgenerals umgehen könnte.
    Im Augenblick musste er das Vertrauen seines Onkels und das des schwarzen Prinzen zurückgewinnen.
    Und dann… war da noch sie. Die Hexe als Geliebte seines Onkels zu sehen, hatte ihn bestürzt, wenn auch nicht völlig überrascht. Es bestätigte für ihn nur, wie weit die Dämonen gehen würden, um ihr Ziel zu erreichen.
    Er hatte geglaubt, er könne sich einfach von ihr abwenden, ihr den Rücken kehren. Doch dass sich die Frau in der Nähe seines Onkels befand, bedeutete, dass er ihr nicht aus dem Weg gehen konnte. Wenn er sich von ihr abwandte, würden ihm die Dämonen außerdem einfach ein anderes Hindernis in den Weg legen, eine andere »Prüfung«, die er womöglich nicht so leicht erkennen würde. Nein, wie dieses verfluchte Höllengeschöpf in der Schlucht gesagt hatte, der Teufel, den man kannte, war besser als einer, der einem unbekannt war. Die Dämonen glaubten, sie könnten Thomas mit Margaret in Versuchung führen. Doch er war sich sicher, dass ihnen das nicht gelingen würde. Sie war schön und anmutig, aber all das war sicher nur dämonische Magie, mit deren Hilfe er verführt werden sollte. Nein, diese Margaret konnte ihn, Thomas Neville, niemals von seiner Liebe und Treue zu Gott abbringen.
    Thomas beschloss, dass er sie genau beobachten würde… vielleicht konnte er von ihr sogar noch mehr über die dämonische Verschwörung erfahren, die der Herrschaft Gottes und der Kirche über die Welt ein Ende setzen sollte. Jeder Krieger, ob nun in Rüstung oder heilige Gewänder gehüllt, wusste, dass ein Feind, den man verstand, einer war, den man bereits besiegt hatte.
    Doch wenn er sie beobachten
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