Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Todeskanal

Der Todeskanal

Titel: Der Todeskanal
Autoren: Isaac Asimov
Vom Netzwerk:
über kulturelle Trends hörten sich richtig dramatisch an – und – wie soll ich sagen – pseudowissenschaftlich. Verzeihen Sie, wenn ich eine indiskrete Frage stelle, Doktor. Ist Dr. Ralson einer von Ihren Patienten?«
    »Es geht Dr. Ralson nicht gut, und er befindet sich in meiner Obhut. Alles, was ich hier mit Ihnen bespreche, bitte ich Sie, streng vertraulich zu behandeln.«
    »Sicher. Das verstehe ich. Aber wie dem auch sei, Ihre Auskunft läßt mir einiges verständlich erscheinen. Manche seiner Ideen grenzten nahezu an das Irrationale. Er schien sich ständig Sorgen über die Zusammenhänge zwischen den kulturellen Ballungszeiten, wie er es nannte, und irgendwelchen Katastrophen zu machen. Nun wurden solche Zusammenhänge häufig festgestellt. Die Zeit der größten Vitalität einer Nation kann mit der Zeit größter nationaler Unsicherheit zusammenfallen. Die Niederlande sind hierfür ein gutes Beispiel. Die bedeutendsten niederländischen Künstler, Staatsmänner und Forscher lebten im frühen siebzehnten Jahrhundert, zur selben Zeit, als das Land in den tödlichen Kampf mit der damals größten europäischen Macht verstrickt war, mit Spanien. Zur selben Zeit, als das Mutterland vernichtet wurde, baute es das Kolonialreich im fernen Osten auf und fand Halt in den Gebieten an der nördlichen Küste Südamerikas, an der südlichsten Spitze von Afrika und am Hudson. Die niederländischen Flotten besiegten England. Und dann, als die politische Sicherheit der Niederlande wiederhergestellt war, begann die kulturelle Auflösung.
    Sicher, das ist nichts Ungewöhnliches. Gruppen wie Individuen können sich als Antwort auf eine Herausforderung zu einsamer Höhe erheben und dahinvegetieren, wenn die Herausforderung fehlt. Jedenfalls, als Dr. Ralson seinen gesunden Verstand verlor, trug sicher der Umstand dazu bei, daß in seinem Standpunkt sich die Begriffe von Ursache und Wirkung verwirrten. Er behauptete, nicht die Zeiten von Krieg und Gefahr brächten die kulturellen Eruptionen hervor, sondern es geschehe umgekehrt. Er stellte fest, daß zu jeder Zeit, wenn eine bestimmte Menschengruppe zu viel Vitalität und Fähigkeiten zeigt, ein Krieg notwendig wird, um die Möglichkeiten einer weiteren Entwicklung zu vernichten.«
    »Ich verstehe«, sagte Blaustein.
    »Ich fürchte, ich habe ihn damals ausgelacht. Vielleicht hat er deshalb unsere letzte Verabredung nicht eingehalten. Am Ende unserer letzten Unterredung fragte er mich in höchster Erregung, ob ich es nicht seltsam finde, daß ausgerechnet eine so fragwürdige Spezies wie der Mensch die Erde beherrsche, der doch nichts als seine Intelligenz aufzuweisen hätte. Da lachte ich laut auf. Das hätte ich vielleicht nicht tun sollen. Der arme Kerl!«
    »Das war eine ganz natürliche Reaktion«, erwiderte Blaustein, »aber jetzt werde ich Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Sie haben mir sehr geholfen.«
    Sie schüttelten sich die Hände, und Thaddeus Milton verließ Blausteins Arbeitszimmer.
     
    »Hier bringe ich Ihnen die gewünschten Informationen über die Selbstmordquote der Wissenschaftler«, sagte Darrity. »Können Sie daraus irgendwelche Schlüsse ziehen?«
    »Das sollte ich eigentlich Sie fragen«, sagte Blaustein sanft. »Das FBI hat doch sicher sehr sorgfältige Untersuchungen angestellt.«
    »Darauf können Sie sich verlassen. Es handelt sich jedenfalls um Selbstmorde. Da gibt es gar keinen Zweifel. Man hat die Selbstmordrate der Wissenschaftler mit der von anderen Berufsgruppen verglichen. Die der Wissenschaftler ist etwa viermal so hoch, wenn man auch das Alter, den sozialen Status und die wirtschaftliche Situation der Betreffenden in Betracht zieht.«
    »Und wie steht es mit den britischen Wissenschaftlern?«
    »Ähnlich.«
    »Und mit den sowjetischen?«
    »Wer kann das sagen?« Der Inspektor beugte sich vor. »Doktor, Sie glauben doch nicht, daß die Sowjets irgendwelche Strahlen haben, die die Leute zum Selbstmord treiben? Es erregt natürlich Verdacht, daß ausgerechnet die Atomforscher am stärksten von diesem Selbstmordzwang befallen sind.«
    »Tatsächlich? Vielleicht auch nicht. Die Atomphysiker arbeiten möglicherweise in einem besonders starken Spannungszustand. Das bedarf natürlich erst einmal genauer Studien, bevor man irgendwelche Behauptungen aufstellt.«
    »Sie meinen, es handelt sich um eine bestimmte Art von Komplexen?« fragte Darrity vorsichtig.
    Blaustein verzog das Gesicht.
    »Die Psychiatrie ist schon viel zu populär
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher