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Der Todeskanal

Der Todeskanal

Titel: Der Todeskanal
Autoren: Isaac Asimov
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geworden. Jeder redet von Komplexen und Neurosen und Psychosen und Zwangsvorstellungen, und so weiter. Der Schuldkomplex des einen ist die ungestörte Nachtruhe des anderen. Wenn ich mit jedem, der Selbstmord begangen hat, sprechen könnte, würde ich vielleicht mehr wissen.«
    »Sie sprechen mit Ralson.«
    »Ja, ich spreche mit Ralson.«
    »Hat er vielleicht einen Schuldkomplex?«
    »Eigentlich nicht. Auf Grund seiner Vergangenheit würde es mich nicht überraschen, wenn er eine morbide Beziehung zum Tod hätte. Als er zwölf Jahre alt war, starb seine Mutter vor seinen Augen unter den Rädern eines Autos. Sein Vater siechte langsam an Krebs dahin. Trotzdem ist mir der Zusammenhang zwischen diesen Erfahrungen und seinen gegenwärtigen Schwierigkeiten noch nicht recht klar.«
    Darrity nahm seinen Hut.
    »Nun, ich wünschte, Sie kämen etwas schneller voran, Doktor. Irgend etwas Gewaltiges kommt auf uns zu. Etwas viel Gewaltigeres, als es die H-Bombe war. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, daß es etwas noch Gewaltigeres als die H-Bombe gibt, und doch ist es so.«
     
    Ralson bestand darauf stehenzubleiben.
    »Ich hatte eine schlechte Nacht, Doktor.«
    »Ich hoffe, Sie fühlen sich durch unsere Gespräche nicht gestört«, sagte Blaustein.
    »Doch, in gewisser Weise schon. Sie bringen mich wieder dazu, über dieses Thema nachzudenken. Und wenn ich nachdenke, verschlechtert sich mein Zustand. Wie, glauben Sie, fühlt man sich wohl als Teil einer bakteriellen Kultur, Doktor?«
    »Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Für eine Bakterie ist es bestimmt völlig normal.«
    Ralson hatte nicht zugehört. Er sagte langsam: »Eine Kultur, in der man die Intelligenz studiert hat. Wir studieren alles, was mit den genetischen Beziehungen zusammenhängt. Wir nehmen Fruchtfliegen und kreuzen die rotäugigen mit den weißäugigen, um zu sehen, was dann passiert. Im Grund sind uns sowohl die rotäugigen als auch die weißäugigen völlig egal. Wir versuchen nur, durch sie gewisse grundlegende genetische Prinzipien zu entdecken. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Sicher.«
    »Auch bei den Menschen kann man verschiedene physische Charakteristika feststellen. Derlei lernt man auf der biologischen Fakultät. Aber man kann Menschen nicht in derselben Weise kreuzen wie Fruchtfliegen. Menschen leben zu lange. Es würde Jahrhunderte dauern, bis irgendwelche Schlüsse gezogen werden können. Wirklich schade, daß es nicht eine bestimmte Menschenrasse gibt, die sich innerhalb von Wochen reproduziert, nicht wahr?«
    Er wartete auf eine Antwort, aber Blaustein lächelte nur.
    »Eine solche Rasse würden wir nämlich für andere Geschöpfe sein, die über tausend Jahre lang leben«, fuhr Ralson fort. »Für solche Wesen würden wir uns schnell genug vermehren. Wir wären kurzlebige Kreaturen, und sie könnten unsere Genetik studieren, beispielsweise unsere Musikalität, unsere wissenschaftlichen Fähigkeiten, und so weiter. Aber ich glaube nicht, daß diese Dinge sie mehr interessieren würden als uns die weißen Augen der Fruchtfliegen.«
    »Eine sehr interessante Bemerkung«, sagte Blaustein.
    »Es ist nicht bloß eine Bemerkung. Es ist die Wahrheit. Für mich ist das offensichtlich, und es ist mir egal, was Sie davon halten. Sehen Sie sich doch um. Sehen Sie sich einmal den Planeten Erde an. Was für eine lächerliche Tierart sind wir denn, daß wir uns zu Herrn der Welt aufspielen, nachdem die Dinosaurier keinen Erfolg hatten? Sicher, wir sind intelligent, aber was ist Intelligenz? Wir glauben, daß sie so wichtig ist, weil wir sie besitzen. Wenn der Tyrannosaurier sich eine Eigenschaft ausgesucht hätte, von der er glauben konnte, daß sie seine dominierende Rolle auf der Erde garantiert, wäre seine Wahl sicher auf Größe und Kraft gefallen. Und er hätte etwas Besseres daraus gemacht als wir aus unserer Intelligenz. Immerhin hat seine Spezies länger existiert, als es aller Voraussicht nach beim Menschen der Fall sein wird.
    Die Intelligenz an sich hat keinen großen Wert als Überlebensfaktor. Der Elefant schneidet ziemlich schlecht ab, wenn man ihn mit dem Sperling vergleicht, obwohl er viel intelligenter ist. Der Hund steht ganz gut da, solange er vom Menschen beschützt wird, aber nicht so gut wie die Hausfliege, gegen die sich jede Menschenhand erhebt. Oder nehmen wir doch die Säugetiere als Gruppe. Die Kleineren verstecken sich vor ihren Feinden. Die Großen haben kaum je etwas anderes zustande gebracht, als ihre Art zu
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