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Der Tod Verhandelt Nicht

Der Tod Verhandelt Nicht

Titel: Der Tod Verhandelt Nicht
Autoren: Bruno Morchio
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Giovanni und Mario und sprangen in den Wagen.
    Der Mann, der noch immer die Pumpgun umklammert hielt, drehte sich in Richtung des BMW und begann zu rennen.
    Das nutzte einer der Sicherheitsmänner: Auf dem Boden liegend zog er seine Dienstwaffe, eine Beretta, zielte und drückte ab. Der Bandit, der ihn bis eben noch bedroht hatte, taumelte und brach zehn Meter vor dem BMW mitten auf der Straße zusammen. Der Fahrer des Fluchtfahrzeugs hielt seine Kalaschnikow aus dem Fenster und feuerte. Während der Geldtransportfahrer, der geschossen hatte, vor Schmerz aufschrie, schlugen die Wagentüren des BMW mit einem dumpfen Knall zu, und er raste schlingernd davon.
    Auf dem in Rauchschwaden gehüllten Asphalt lagen der Sicherheitsmann und der Kriminelle reglos in einer riesigen Blutlache.

Zwölf Jahre später
    In der Küche roch es nach Knoblauch und abgestandener Tomatensoße. Das Licht der Nachmittagssonne fiel durch das geschlossene Fenster, das auf den Bisagno hinausging. Draußen stand der Sommer kurz vorm Explodieren, doch von innen betrachtet wirkte er schon wie eine verblichene Erinnerung. Auch die Augen des Mädchens sahen traurig aus. Halb misstrauisch, halb gereizt schaute sie mich an, bevor ihr Blick zu dem Kleinkind weiterwanderte, das in triefnassen Windeln in einer Ecke auf dem Boden saß.
    »Valentino ist nicht da. Er ist abgehauen und hat mir dieses kleine Andenken dagelassen. Ohne einen Cent. Und zudem bin ich schon wieder schwanger.« Sie strich sich über den Bauch, der sich unter dem geblümten Kleid wölbte, das sie mit jenem nachlässigen Charme umhüllte, der billigen Fummeln vom Wochenmarkt anhaftet.
    Ich betrachtete sie eingehend und kam zu dem Schluss, dass man ihr mit nur wenigen Mitteln den Zauber der Jugendlichkeit, den sie allmählich zu verlieren drohte, hätte zurückgeben können. Auch der Kleine schaute mich an, in den Augen den gleichen Ausdruck wie seine Mutter. Plötzlich fing er an zu weinen.
    »Ich weiß. Deswegen bin ich hier. Ihre Anwältin, Signora Aliprandi, hat mir alles erklärt.«
    »Und was wollen Sie dann noch von mir?«
    »Informationen, die mir helfen könnten, ihn zu finden.«
    »Ihn zu finden?! Wieso das denn?«
    »Weil er sich sonst immer tiefer reinreitet. Die Anwältin konnte den Richter dazu überreden, noch mal ein Auge zuzudrücken, aber wenn er sich nicht bald auf der Polizeidienststelle sehen lässt, kommt er wieder hinter Gitter.«
    »Aha, Sie sind also Polizist.«
    »Nein, ich bin Privatdetektiv. Ich arbeite für Valentinos Anwältin und werde dafür bezahlt, ihn ausfindig zu machen, bevor der Überwachungsrichter den Aufhebungsbescheid für den Hausarrest unterschreibt.«
    Sie warf noch einmal einen Blick auf meine Visitenkarte, die ich ihr bei der Begrüßung überreicht hatte, dann zuckte sie mit den Schultern, legte die Karte in eine Schublade im Küchenschrank und ging zu ihrem Kind hinüber. Meine Worte schienen sie beruhigt zu haben.
    »Setzen Sie sich. Wollen Sie einen Kaffee?«
    »Danke, gern.«
    Ich holte mir einen Stuhl und setzte mich an den alten Tisch, der mitten in der Küche stand und mit Saugern und Fläschchen vollgestellt war. Die junge Frau beugte sich zu dem Kind hinunter und nahm es auf den Arm. Es war ungefähr ein Jahr alt, und seinen Speckfalten fehlte eigentlich nur ein bisschen Sonnenbräune und seinen Augen das Licht eines Lächelns.
    »Wo ist denn jetzt der Kinderstuhl? … Ah, er muss im Flur stehen. Könnten Sie ihn mir bitte bringen?«
    Ich fand den Stuhl im Schlafzimmer, wo er auf dem Bett neben einem Berg zerknitterter Wäsche und schmutziger Unterwäsche lag. Das Chaos ließ erahnen,dass sich der Alltag für sie als zunehmend anstrengend entpuppte. Ich half ihr, das Kind in den Stuhl zu heben. Es schluchzte noch immer. Von den Schulterriemen eingezwängt, saß es am Tisch und schaute durch den Schleier seiner Tränen mal mich, mal seine Mutter an, die nun Kaffeepulver in den Espressokocher füllte und ihn dann auf die Gasflamme stellte.
    »Wenn er eingebuchtet ist, kann er wenigstens nicht abhauen«, murmelte sie vor sich hin.
    »Wenn er eingebuchtet ist, kann er aber auch nicht arbeiten. Wovon wollen Sie dann leben mit dem Kind? Mit den zwei Kindern?«
    »Meine Schwiegermutter unterstützt uns. Sie zahlt auch die Anwältin. Wussten Sie das nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf, doch sie hatte mir schon den Rücken zugekehrt. Ich ließ den Blick über ihre Hüften wandern und versuchte mir vorzustellen, wie sie wohl ausgesehen
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