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Der Tod Verhandelt Nicht

Der Tod Verhandelt Nicht

Titel: Der Tod Verhandelt Nicht
Autoren: Bruno Morchio
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auch den Kleinen verstummen ließ.
    »Jetzt passen Sie mal gut auf, Sie Möchtegerndetektiv. Hören Sie sofort auf, hier rumzubrüllen. Und falls Ihnen das nicht klar ist: Wir sind hier im Haus meiner Schwiegermutter, und ich kann Sie jederzeit hochkant rauswerfen, wenn mir danach ist. Warum auch immer Sie hier sind – halten Sie mich für so blöd? Natürlich weiß ich, warum Gabriele Sanna Sie zu mir geschickt hat. Hinter diesem ganzen Interesse für den kleinen, abgefuckten Junkie steckt doch viel mehr!«
    Ja, sie war jung. Aber schüchtern? Keine Spur.
    »Wollen Sie die Wahrheit wissen? Sie sind auf der falschen Fährte. Dieses Superhirn von meinem Schwiegervater und seine Anwältin haben nicht den leisesten Schimmer davon, wie Valentino wirklich ist. Sie bilden sich tatsächlich ein, dass ein Fixer wie er in der Lage ist, den Helden zu spielen und die Beute von damals ausfindig zu machen. Der Alte weiß gar nichts von seinem Sohn. Er sitzt seit zehn Jahren im Knast, und in dieser ganzen Zeit hat er Valentino vielleicht zehn-, zwölfmal zu Gesicht bekommen. Er verwechselt seine eigenen Bedürfnisse mit der Realität. Valentinos Hirn ist von den Drogen total benebelt. Der wäre nie im Leben dazu imstande, die Komplizen seines Vaters suchen zu gehen.«
    »Gabriele Sanna ist davon überzeugt, dass sein Sohn nach Sardinien gefahren ist.«
    Sie warf den Kopf nach hinten und lachte höhnisch auf.
    »Nach Sardinien! Gabriele Sanna ist ein armer Irrer. Sein Sohn wird gerade irgendwo in der Altstadt rumhängen, bis oben hin vollgepumpt mit Heroin.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Immerhin habe ich schon seit fünf Jahren das Vergnügen mit diesem Fixer. Fünf beschissene Jahre, in denen ich für ihn die Beine breit mache, damit er seinen Scheißtrieb abreagieren kann. Und das ist dabei rausgekommen.« Sie deutete auf den Jungen und dann auf ihren Bauch. »Zwei schöne Ergebnisse, finden Sie nicht? Zum Glück macht sich meine Schwiegermutter den ganzen Tag für uns krumm und putzt Bahnhofsklos.Valentino war ja nicht einmal in der Lage, auch nur einen Monatslohn nach Hause zu bringen. Wo soll der denn da den Mumm herhaben, den Anteil seines Vaters einzutreiben? Noch dazu von einem Raubüberfall, der mehr als zehn Jahre her ist! Valentino in Sardinien wie Indiana Jones auf der Suche nach dem verlorenen Schatz – so ein Schwachsinn! Der Alte hofft wohl immer noch, dass sein Sohn aus dem gleichen Holz geschnitzt ist wie er.«
    »Mein Auftraggeber macht sich große Sorgen. Seine Komplizen sind wohl nicht gerade zimperlich.«
    »Umso idiotischer. Dieser Hosenscheißer von Valentino hat sogar vor seinem eigenen Schatten Angst. Das widerlichste Zeug, das gerade in Umlauf ist, drehen die Dealer immer ihm an. Dabei sind das auch nur ein paar halbgare Versager.«
    Ihre Enttäuschung verriet eine Wut, die noch allzu nah dran war an der Liebe, der sie mal entsprungen war. Sie würde Valentino sofort wieder aufnehmen, wenn er zurückkäme. Wäre bereit, wieder die Beine für ihn breit zu machen. Mit ihrem Bauch und dem Kind. Mit dem Blümchenkleid vom Wochenmarkt, den großen Augen und den angespannten Lippen. Mit jenen samtigen Wangen, die sich jetzt purpurrot gefärbt hatten.
    »Na gut«, sagte ich versöhnlich. »Ich nehme an, das war alles.«
    »Was sollte denn sonst noch sein?«
    »Haben Sie nach ihm gesucht? Mal ein bisschen rumgefragt?«
    Ich stand auf und streichelte dem Kind über denKopf. Der Kleine zuckte erschrocken zusammen, aber immerhin weinte er diesmal nicht. Vielleicht hatte er für heute schon alle Tränen vergossen.
    »Na, und ob ich ihn gesucht habe! Ich habe seine Freunde gelöchert und die Schweine zur Rede gestellt, die ihm den Stoff verkaufen. Keiner hat ihn gesehen, keiner weiß etwas. Aber die sind ja alle genau wie er. Für einen Schuss würden die sogar ihre eigene Mutter verhökern.«
    »Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten: Würden Sie mir Bescheid sagen, wenn er sich meldet? Meine Telefonnummern stehen auf der Visitenkarte, die ich Ihnen gegeben habe.«
    »Wenn er sich meldet, schmeiße ich seine Sachen vor die Tür und schicke ihn zum Teufel. Oder soll ich ihn gleich zu seiner Signora Aliprandi schicken?«
    »Sie werden doch nicht auf Gina Aliprandi eifersüchtig sein. Sie könnte Ihre Mutter sein.«
    Die Art, wie sie mir antwortete, sprach Bände und bestätigte mir, dass ich richtig lag.
    »Ich eifersüchtig? Auf wen denn? Valentino kommt ohne mich nicht klar  – ebenso wenig wie ohne das
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