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Der Tod kommt wie gerufen

Der Tod kommt wie gerufen

Titel: Der Tod kommt wie gerufen
Autoren: Kathy Reichs
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Charlotte-Mecklenburg und fragte mich, wie viele potentielle Käufer schon an die verwitterte grüne Haustür des Bungalows geklopft hatten.
    Ich stieg aus, verschloss den Mazda und holte meine Ausrüstung aus dem Kofferraum. Zwei Häuser weiter unten warf ein etwa zwölfjähriger Junge einen Ball in einen am Garagentor befestigten Korb. Aus seinem Ghettoblaster hämmerte Rap, während der Ball mit sanftem Plonk auf die Kieseinfahrt fiel.
    Der Bürgersteig war holperig, weil Baumwurzeln die Platten anhoben. Ich hielt den Blick gesenkt, als ich die verzogenen Stufen zur Veranda hochstieg.
    »Sind Sie die, wo ich mit reden muss, damit ich nach Hause kann?«
    Ich hob den Kopf.
    Ein Mann saß in einer verrosteten und gefährlich schiefen Hollywoodschaukel. Er war groß und dünn, seine Haare hatten die Farbe von Aprikosenkonfitüre. Über seiner Brusttasche waren der Name Arlo und ein stilisierter Schraubenschlüssel eingestickt.
    Arlo hatte mit gespreizten Knien, die Ellbogen auf den Oberschenkeln
und das Gesicht in den Händen dagesessen, bis er meine Schritte gehört und den Kopf gehoben hatte.
    Bevor ich antworten konnte, stellte er eine zweite Frage.
    »Wie lange muss ich noch hierbleiben?«
    »Sind Sie der Herr, der neun-eins-eins angerufen hat?«
    Arlo verzog das Gesicht und zeigte dabei einen verfaulten Zahn unten rechts.
    Ich betrat die Veranda. »Können Sie beschreiben, was Sie gesehen haben?«
    »Hab ich schon.« Arlo verschränkte schmutzige Hände. Seine graue Hose war am linken Knie aufgerissen.
    »Sie haben eine Aussage abgegeben?« Sanft. Die Körpersprache des Mannes deutete auf echtes Leid hin.
    Arlo nickte, und der Kopf wippte gegenläufig zum Torso, der so schief hing wie die Schaukel.
    »Können Sie zusammenfassen, was Sie gesehen haben?«
    Jetzt wackelte der Kopf von links nach rechts. »Das Werk des Teufels.«
    Okay.
    »Sie sind Arlo …?«
    »Welton.«
    »Der Klempner.«
    Arlo nickte noch einmal. »Verlege seit dreißig Jahren Rohre. So was ist mir noch nie untergekommen.«
    »Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
    Arlo schluckte. Schluckte noch einmal.
    »Ich wollte die Anschlüsse auswechseln. Die Frau des neuen Besitzers will irgend ’ne neumodische Waschmaschine reinstellen, irgendwas Grünes, was die Umwelt rettet. Das Ding braucht andere Rohranschlüsse. Gott weiß, warum sie damit anfangen will, wo in dem Haus noch so viel zu richten ist. Aber das geht mich nichts an. Wie auch immer, ich fange also an einer Wand an, und mir fällt ein Ziegel runter, der ein Loch in den Bodenbelag schlägt. Ich denke mir, Arlo, wenn du den Bodenbelag kaputt machst,
dann ziehen sie dir die Reparatur von deinem Lohn ab. Also rolle ich den Bodenbelag zurück, und was finde ich drunter? Ein dickes, altes Holzbrett.«
    Arlo hielt inne.
    Ich wartete.
    »Weiß auch nicht, warum, aber ich stupse das Ding mit meiner Schuhspitze an, und das andere Ende kippt nach oben.«
    Wieder hielt Arlo inne, weil er sich, wie ich vermutete, an ein bisschen mehr als an einen Stups erinnerte.
    »Das Brett gehörte zu einer Luke?«
    »Das Ding hat so eine Art Schlupfloch abgedeckt. Ich muss zugeben, die Neugier war stärker als ich. Ich hab mir meine Taschenlampe geschnappt und reingeleuchtet.«
    »In einen Unterkeller.«
    Arlo zuckte die Achseln. Ich ließ ihm Zeit, damit er weiterredete. Er tat es nicht.
    »Und?«, fragte ich noch einmal.
    »Ich bin ein guter Kirchgänger. Immer Sonntag und Mittwoch. Gesehen habe ich den Teufel noch nie, aber ich glaube an ihn. Glaube, dass er in der Welt ist und unter uns sein böses Werk tut.«
    Arlo fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund.
    »Was ich gesehen habe, war der Satan persönlich.«
    Obwohl der Tag noch immer warm war, überlief mich ein Schauer.
    »Sie haben berichtet, Sie hätten einen menschlichen Schädel gesehen.« Sehr sachlich.
    »Ja, Ma’am.«
    »Was sonst noch?«
    »Will das Böse nicht in Worte fassen. Ist besser, Sie sehen es mit eigenen Augen.«
    »Sind Sie in den Unterkeller gestiegen?«
    »Auf gar keinen Fall.«
    »Was haben Sie getan?«

    »Bin so schnell nach oben, wie ich konnte. Hab dann die Polizei gerufen. Kann ich jetzt gehen?«
    »Der Beamte ist unten?«
    »Ja, Ma’am. Den Gang entlang, dann durch die Küche.«
    Arlo hatte recht. Besser, ich sah es mit eigenen Augen.
    »Danke, Mr. Welton. Das sollte nicht mehr lange dauern.«
    Ich ging über die Veranda und betrat das Haus. Hinter mir quietschte die Schaukel, als Arlo das Gesicht wieder in die Hände
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