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Der Tod kommt wie gerufen

Der Tod kommt wie gerufen

Titel: Der Tod kommt wie gerufen
Autoren: Kathy Reichs
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wird.
    Warum so wenig Zeit im Hörsaal? Zurück zu der Sache mit der Subspezialisierung.
    Haben Sie mal versucht, einfach nur zum Arzt zu gehen? Vergessen Sie’s. Man muss zum Kardiologen. Zum Dermatologen. Zum Endokrinologen. Zum Gastroenterologen. Wir leben in einer spezialisierten Welt. In meinem Bereich ist das nicht anders.
    Anthropologie: das Studium des menschlichen Organismus.
Biologische Anthropologie: das Studium der Biologie, der Variabilität und der Evolution des menschlichen Organismus. Osteologie: das Studium der Knochen des menschlichen Organismus. Forensische Anthropologie: das Studium der Knochen des menschlichen Organismus zu juristischen Zwecken.
    Folgen Sie einfach den Verzweigungen, und dort finden Sie mich. Obwohl ich von der Ausbildung her Bioarchäologin bin und meine Karriere mit der Ausgrabung und Untersuchung uralter Überreste begonnen habe, wechselte ich vor Jahren in die Forensik. Habe mich auf die dunkle Seite geschlagen, wie meine ehemaligen Kommilitonen mich noch immer aufziehen. Verlockt von Ruhm und Reichtum. Ja, genau. Eine gewisse Ruchbarkeit vielleicht. Aber Reichtum auf keinen Fall.
    Forensische Anthropologen arbeiten mit den relativ frisch Verstorbenen. Wir werden engagiert von Ermittlungsbehörden, Leichenbeschauern, Staatsanwälten, Strafverteidigern, dem Militär, Menschenrechtsgruppen und Bergungsteams bei Massenkatastrophen. Ausgehend von unserem Wissen über Biomechanik, Genetik und Skelettanatomie beschäftigen wir uns mit Fragen der Identifikation, der Todesursache, des postmortalen Intervalls, auch Leichenliegezeit genannt, und der postmortalen Veränderung der Leiche. Wir untersuchen die Verbrannten, die Verwesten, die Mumifizierten, die Verstümmelten und Zerstückelten und die Skelettierten. Wenn wir diese Leichen zu Gesicht bekommen, sind sie oft bereits in einem viel zu schlechten Zustand, als dass eine Autopsie noch Ergebnisse liefern könnte.
    Als Angestellte des Staates North Carolina stehe ich sowohl bei der UNC-Charlotte unter Vertrag wie beim Office of the Chief Medical Examiner, dem obersten Leichenbeschauer, der Einrichtungen in Charlotte und Chapel Hill hat. Zusätzlich bin ich als wissenschaftliche Beraterin für das Laboratoire de sciences judiciaires et de médicine légale in Montreal tätig.
    North Carolina und Quebec? Außergewöhnlich. Aber davon später.

    Wegen meines grenzüberschreitenden Engagements und meiner doppelten Verpflichtung in North Carolina unterrichte ich an der UNCC nur einen Kurs, ein Oberseminar in forensischer Anthropologie. So verbringe ich zweimal jährlich ein Semester im Klassenzimmer.
    Und im Konferenzzimmer.
    Auf das Unterrichten freue ich mich. Was ich nicht ausstehen kann, sind diese endlosen Sitzungen. Und die Fakultätspolitik.
    Irgendjemand stellte den Antrag, dass die Fakultätsselbstbeschreibung an die Ausschüsse zurückverwiesen werden sollte. Was mich anging, hätte man das Ding auch nach Simbabwe schicken können, um es dort auf ewig zu verbuddeln.
    Doe kam nun zum nächsten Tagesordnungspunkt. Einrichtung eines Ausschusses für Berufsethik.
    Innerlich aufstöhnend, begann ich mit einer Liste meiner noch zu erledigenden Pflichten.
    1. Gewebeproben an Alex
    Alex ist meine Laborassistentin. Aus meiner Sammlung würde sie ein Knochenquiz für das nächste Seminar zusammenstellen.
    2. Bericht an LaManche
    Pierre LaManche ist Pathologe und Chef der gerichtsmedizinischen Abteilung des LSJML. Der letzte Fall, den ich vor meiner Abreise aus Montreal in der vergangenen Woche bearbeitete, war das Opfer eines Fahrzeugbrands. Nach meiner Beurteilung handelte es sich um einen gut dreißigjährigen weißen Mann.
    Pech für LaManche war nur, dass der Fahrer des Autos eine neunundfünfzigjährige Asiatin hätte sein sollen. Pech für das Opfer war, dass jemand ihm zwei Kugeln in den linken Scheitellappen gejagt hatte. Pech für mich war, dass der Fall ein Mord war und ich wahrscheinlich vor Gericht erscheinen musste.
    3. Bericht an Larabee
    Tim Larabee ist der Medical Examiner, der Leichenbeschauer des Mecklenburg County und Direktor der aus drei Pathologen bestehenden Einrichtung in Charlotte. Sein Fall war der erste
gewesen, den ich mir nach meiner Rückkehr nach North Carolina vorgenommen hatte, ein aufgeblähter und verwester Torso, der am Catawba River ans Ufer gespült worden war. Die Beckenstruktur hatte darauf hingedeutet, dass es sich um eine männliche Person handelte. Die Skelettentwicklung hatte das Alter auf
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