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Der Tod kommt wie gerufen

Der Tod kommt wie gerufen

Titel: Der Tod kommt wie gerufen
Autoren: Kathy Reichs
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University of Illinois und machte dann meinen Master an der Northwestern. Er studierte in Michigan, machte seinen Bachelor in Medizin und absolvierte dann eine Spezialausbildung in Pathologie. So war es die Forensik, die uns beide wieder in Kontakt brachte.
    Zu einem Wiedersehen kam es schließlich ‘92 anlässlich eines Falls, in dem es um ein Baby in einem Koffer ging. Corcoran hatte inzwischen geheiratet, war nach Chicago zurückgekehrt und hatte sich ein Haus am Longwood Drive gekauft. Auch wenn er jetzt ein wenig weiter östlich und in einer deutlich besseren Gegend lebte, war Corcoran doch zu seinen Wurzeln zurückgekehrt.
    »Jetzt hat sich herausgestellt, dass die Leiche die ganze Zeit hier war.« Corcorans Stimme brachte mich in die Gegenwart zurück. »Der Kerl war so dürr, dass er hinter einer fetten Frau auf einem der oberen Kühlregale einfach verschwand. Die Techniker haben ihn schlicht übersehen.«
    »Happy End«, sagte Ryan.
    Corcoran schnaubte. »Sagen Sie das Walczak.«
    Von Stanley Walczak hieß es, dass sein Ego seinen Ehrgeiz um Längen überragte. Auch seine Gerissenheit war gigantisch. Nach dem Rücktritt des früheren Medical Examiners vor neun Monaten hatte Walczak sein weit verzweigtes Netz politischer Beziehungen aktiviert und einige Gefallen eingefordert und war so, zur Überraschung einiger und zum Missfallen vieler, zum Cook County Medical Examiner ernannt worden.
    » Walczak ist sauer?«, fragte ich.
    »Der Mann hasst schlechte Publicity. Und ineffizientes Arbeiten.
« Corcoran seufzte. »Wir bearbeiten hier ungefähr zwanzig Einlieferungen pro Tag. Zwischen gestern und heute Morgen mussten unsere Leute sechzig Bestattungsinstitute anrufen, um herauszufinden, ob eine Lieferung vielleicht an eine falsche Adresse gegangen war. Vier Techniker und ein Ermittler mussten von ihren normalen Arbeiten abgezogen werden, damit sie mithelfen konnten, Zehenetiketten zu kontrollieren. Drei Mal mussten wir alles durchgehen, bis wir den Kerl gefunden hatten. O Mann, wir haben einen halben Kühlraum nur für langfristig Unbekannte reserviert.«
    »Fehler passieren schon mal.« Ich versuchte, ermutigend zu klingen.
    »Hier wird das Verlegen einer Leiche nicht gerade als karrierefördernder Schachzug betrachtet.«
    »Du bist ein fantastischer Pathologe. Walczak kann sich glücklich schätzen, dich zu haben.«
    »Seiner Ansicht nach hätte ich viel schneller Herr der Lage sein müssen.«
    »Erwarten Sie Konsequenzen?«, fragte Ryan.
    »Die Familie sieht sich vermutlich jetzt in diesem Augenblick nach einem Anwalt um. Es gibt nichts Besseres als ein paar Dollar, um unerträglichen Schmerz zu lindern, auch wenn niemand wirklich leiden musste. Die amerikanische Art eben.«
    Corcoran kam um den Tisch herum, und wir alle setzten uns.
    » Walczak sagt, er braucht nicht mehr lange. Er sitzt gerade im Konklave mit dem Familienanwalt der Jurmains. Ihr werdet ihn lieben.«
    »Ach so?«
    »Perry Schechter ist eine Legende hier in Chicago. Ich habe mal ein Interview mit ihm gehört. Bezeichnete seinen Stil als konfrontativ. Meinte, barsch zu sein bringt die Leute aus dem Konzept, verleitet sie dazu, Fehler preiszugeben.«
    »Charakterfehler oder Fehler in ihrer Aussage?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass dieser Kerl ein Pitbull ist.«
    Ich schaute Ryan an. Er zuckte die Achseln. Wie auch immer.
    »Bevor sie kommen«, sagte ich. »Warum sind wir hier?«
    Wieder dieses freudlose Lachen. »Schon mal einen Muh-Muh-Riegel oder ein Gack-Gack-Teilchen gesehen?«
    Als Harry und ich noch klein waren, hatte Mom uns immer kleine Gebäckteilchen in unsere Lunchpakete gesteckt. Ich wusste zwar nicht, was für eine Bedeutung das haben sollte, aber ich nickte, weil ich die Namen kannte.
    Ryan schaute verständnislos drein.
    »Denk an Vanchon«, übersetzte ich ins Québecois. »Jos. Louis. May West. Doigts de Dame.«
    »Süßes Gebäck«, sagte er.
    »Dreizehn Sorten«, sagte Corcoran. »Seit zwei Generationen gebacken und verkauft von Smiling J. Foods.«
    »Gibt’s die eigentlich immer noch?« Ich hatte diese kleinen Köstlichkeiten seit Jahren nicht mehr gesehen.
    Corcoran nickte. »Unter neuem Namen.«
    »Ein ziemlicher Schlag ins Gesicht der Freunde des ländlichen Lebens.«
    Nun schaffte Corcoran fast ein echtes Grinsen. »Das J. in Smiling J. stand für Jurmain. Die Familie verkaufte zweiundsiebzig an einen Konzern. Für einundzwanzig Millionen Dollar. Nicht dass sie die Kohle gebraucht hätten. Sie schwammen schon
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