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Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Titel: Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Autoren: Gerhard Feix
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ungarischer Major das altehrwürdige Ratshaus in Lübeck. Er wies sich durch Diplomatenpaß als Dr. Stefan Gregor Nemeth. Bevollmächtigter des Repatriierungskomitees und Direktor des Ungarischen Roten  Kreuzes aus und verlangte mit charmantem Lächeln, jedoch sehr bestimmt, den Oberstadtdirektor zu sprechen, „dienstlich selbstverständlich".
    Das vielgeplagte Stadtoberhaupt der Hansestadt war keineswegs erbaut über die unvorhergesehene Störung, aber was blieb ihm schon übrig: einen ausländischen Diplomaten konnte man schließlich nicht warten lassen. Dr. Nemeth wurde also unverzüglich vorgelassen. Ein bestimmtes Anliegen hatte der Major nicht, er wollte lediglich dem deutschen Stadtoberhaupt von Lübeck, wie zuvor auch schon dessen Hamburger Kollegen,, seinen Antrittsbesuch abstatten. Da man ja künftig gewiß hin und wieder miteinander zu tun haben würde, konnte es nur von Vorteil sein, wenn man sich kannte. Der Oberstadtdirektor gab ihm recht, und da der Besucher keine Forderungen stellte, sondern nur ganz allgemein um Unterstützung seiner schweren, wenn auch dankbaren Samaritertätigkeit im Rahmen des Ungarischen Roten Kreuzes bat, fand ihn das Lübecker Stadtoberhaupt sogar ausgesprochen nett. Der Major informierte darüber, er würde mit dem Deutschen Roten Kreuz zusammenarbeiten, und stellte liebenswürdig seine Unterstützung in Aussicht, falls es einmal Schwierigkeiten mit ungarischen Flüchtlingen geben sollte.
    Der Oberstadtdirektor fand den Mann immer sympathischer, und die „besseren Kreise" von Lübeck und Hamburg teilten sehr bald seine Meinung. In beiden Städten hatte Major Nemeth eine Repatriierungsstelle eingerichtet und über das Deutsche Rote Kreuz von den zuständigen Wirtschaftsämtern Kontingente von 20 bis 25 Tagesrationen Lebensmittel für durchziehende ungarische Rückwanderer angefordert und bekommen. Später sollte sich herausstellen, daß kein einziger ungarischer Rückwanderer davon auch nur eine einzige Schreibe trockenes Brot bekommen hatte. Die Lebensmittel waren unter fleißiger Mithilfe der Stadthonoratioren von Nemeth selbst verbraucht worden. Doch das wurde erst viele Monate später bekannt. Im Frühjahr 1946 war Dr. Nemeth noch der fesche und charmante Ungar, so wohlgelitten und beliebt, daß es bei der Creme von Hamburg und Lübeck geradezu zum guten Ton gehörte, mit ihm bekannt zu sein oder gar in seinem Hause zu verkehren.
    Dieser liebenswürdige Mann mit seinem nachlässig-gemütlichen k. u. k. Dialekt war ein reizender Gastgeber und Gesellschafter. Dabei hatte ihm das Leben so übel mitgespielt. Doch nie hörte man ihn jammern, niemals auf „die Deutschen" schimpfen. Im Gegenteil! „Schuld an der Sache wohr halt dieser Hitler, nicht wohr, aber Sie, gnä' Frau, und der Herr Gemohl, Sie sein doch nicht der Herr Hitler!"
    Na bitte, so viel Objektivität! Welcher Ausländer brachte die damals schon den Deutschen gegenüber auf? ,
    Außerdem war dieser Ungar auch noch unverschämt reich. Einen großen Teil seines Vermögens hatte er freilich durch den Krieg verloren, wie er hin und wieder bei den Festen zu verstehen gab, die er gelegentlich für die bessere Gesellschaft oder - genauer - für das, was sich dafür hielt, veranstaltete. Aber was besagte dieser Verlust schon? Besaß er doch immer noch allein bei deutschen Banken Wertpapiere im Nominalwert von 900000 Reichsmark, von dem wertvollen Familienschmuck ganz zu schweigen, den er manchmal in weinseliger Laune scherzhaft eine der anwesenden Damen anprobieren ließ.
    Und er steckte offenkundig schon wieder bis zum Halse in profitträchtigen Geschäften. Eine stattliche Anzahl von Firmen hatte er bereits gegründet, die ausnahmslos hohen Gewinn abwarfen, wie die Bilanzen auswiesen, die Nemeth gern jedem interessierten Geschäftsmann aus seinem Bekanntenkreis vorlegte. Er war in so viele Geschäfte verwickelt, daß er zwei Privatsekretäre und einen eigenen Anwalt anstellen mußte. Natürlich war der großzügige Major auch in geschäftlichen Dingen kein Geizkragen, sondern stets bereit, diesen oder jenen zahlungskräftigen Freund an seinen Firmen zu beteiligen. Neben diesen Firmen hatte Nemeth noch eine Reihe anderer Transaktionen in petto: Da war beispielsweise das Geschäft mit feurigem Ungarwein, der nicht umsonst so beliebt und weltbekannt ist. Es ließ sich später nicht genau ermitteln, wieviel Hoteliers und Kaufleute gehofft hatten, bei dieser Weintransaktion reich zu werden. Fest steht, daß ihre Zahl
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