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Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Titel: Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Autoren: Gerhard Feix
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Transport eines Sarges (leer) von Berlin nach Ungarn und von dort zurück nach Hamburg (belegt) einen Gesamtbetrag von 14 820,22 Reichsmark. Auf einer beigefügten Rechnung war der Betrag spezifiziert.
    Nemeth informierte die Mutter über Abmessung und Aussehen des Sarges und erläuterte ihr die Vorschriften für den internationalen Eisenbahntransport von belegten Särgen. Er bat auch um Geduld, denn die Transportsituation wäre gegenwärtig nicht gerade rosig.
    Die Mutter zahlte befriedigt die restlichen 820 Reichsmark und 22 Pfennig und wartete. Wochen gingen ins Land, doch weder der Sarg noch eine Nachricht vom Institut „Concordia" trafen ein. Die beunruhigte Mutter zog bei Hamburger Beerdigungsinstituten Erkundigungen ein und erfuhr zu ihrem Entsetzen, daß das Bestattungsinstitut „Concordia" nirgendwo bekannt war. Sie engagierte einen Privatdetektiv, der in Berlin recherchierte. Auch dort war das angeblich international so renommierte Institut unbekannt.
    Die Mutter suchte Nemeth auf, der gerade im Begriff war, eine weitere Leichenüberführung zu arrangieren. Der Major, von der empörten Mutter zur Rede gestellt, hatte auch diesmal eine Erklärung parat. Das Institut „Concordia" hätte mittlerweile seinen Sitz von Berlin nach Wien verlegt, erklärte er. Als sich kurze Zeit darauf herausstellte, daß es auch in Wien kein derartiges Beerdigungsinstitut gab, behauptete Nemeth, das „Concordia" wäre nunmehr endgültig nach Budapest übergesiedelt. Und damit die Mutter einsähe, wie unrecht sie mit ihrem Mißtrauen hätte, wollte er mit ihr nach Ungarn fahren und die Angelegenheit in ihrem Beisein an Ort und Stelle in Ordnung bringen. Dazu wäre allerdings ein Reisekostenvorschuß von 10000 Reichsmark erforderlich.
    Zur Ausführung dieses Vorhabens kam es nicht mehr. Die Kriminalpolizei, der sowohl in Hamburg als auch in Lübeck bereits mehrere Anzeigen gegen Nemeth vorlagen, hatte endlich zugegriffen.. Von der britischen Besatzungsmacht autorisiert, hatte die Lübecker Kripo seit mehreren Wochen gegen den verdächtigen ungarischen Diplomaten ermittelt. Auch die Public Safety Branch (PSB), der die Kontrolle der deutschen Polizei in der britischen Zone unterstand, hatte Erkundigungen eingezogen. Schon die ersten Ermittlungsergebnisse zeigten, daß der Mann mit dem Diplomatenpaß ein gerissener Betrüger war.
    Die deutschen Banken, bei denen Nemeth angeblich Wertpapiere deponiert hatte, kannten ihn überhaupt nicht, und die Firmen, die er gegründet haben wollte und von denen er sogar Gründungsurkunden besaß, waren samt und sonders Schwindelfirmen. Sie existierten ebensowenig wie die acht Waggons Ungarwein oder das Bestattungsinstitut „Concordia". Und natürlich waren auch Diplomatenpaß und Doktortitel falsch. Die ungarische Regierung, die von den Aktivitäten erfuhr, die Herr
    Nemeth in ihrem Namen entwickelte, hatte durch Rundfunk bekanntgegeben. Nemeth wäre weder ungarischer Diplomat noch Direktor des Ungarischen Roten Kreuzes noch Bevollmächtigter eines ungarischen Repatriierungskomitees, sondern ganz einfach ein Betrüger.
    Doch für die Exfreunde des „Majors" sollte es noch schlimmer kommen. Als die Kriminalpolizei zugriff und sich ein bißchen genauer mit Nemeths Leben beschäftigte, stellte sich heraus, daß der von Hamburgs und Lübecks Hautevolee gefeierte Charmeur. Frauenliebling und Traumprofiteur der zwölfmal vorbestrafte Gewohnheitsverbrecher Istvan Geza Nemeth war. Schon vor dem Kriege hatte er vorzugsweise Hoteliers und Kaufleute geprellt, wobei er sich stets zeitgemäße und klangvolle Namen zulegte wie etwa den: Freiherr von Mansfeld. Zuletzt war Nemeth auf Antrag der Nazikripo als „gefährlicher Gewohnheitsverbrecher" in einem Konzentrationslager interniert worden.
    Als sich 1945 die Tore der KZs öffneten, gelang es Nemeth, gleich vielen anderen Kriminellen unterzutauchen und eine neue kriminelle Karriere zu beginnen.
    Und auch das war eine Erscheinung jener turbulenten Zeit: Im Chaos des Zusammenbruchs des faschistischen deutschen Staates öffneten sich die Zuchthaustore nicht nur für die gequälten, geschundenen und erniedrigten politischen Opfer nazistischer Blutjustiz, auch zahlreiche Kriminelle kamen frei. So konnten in den drei Westzonen mehr als 6000 Berufs- und Ge-wohnheitsverbrecher unerkannt im Strudel der politischen Umwälzung untertauchen. Nemeth, den das Landgericht Lübeck im Februar 1948 wegen fortgesetzten Betruges und schweren Wirtschaftsvergehens zu
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