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Das Keltenkreuz

Das Keltenkreuz

Titel: Das Keltenkreuz
Autoren: Jason Dark
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Die Luft, die aus der Tiefe hochströmte, war kaum zu atmen. Sie stank nach Fäulnis, nach feuchtem Gemäuer, nach einem Burgkeller, der in den letzten hundert Jahren nicht ein einziges Mal gelüftet worden war.
    Duncan Cameron öffnete die Tür noch weiter, damit ich die breiten Stufen besser sehen konnte, die in das Dunkel hinabführten. Sie waren breit, aber auch hoch, und es war bestimmt nicht einfach, die Treppe schnell hinabzusteigen.
    »Was sagen Sie, Mr. Sinclair?«
    »Das ist also der Keller von Cameron Castle.«
    Der Clanchef lachte rauh. »Nein, nicht der Keller. Oder auch das. Tatsächlich ist es mehr ein Verlies, in dem meine Vorfahren diejenigen Typen untergebracht haben, die ihrer Arbeit nicht so nachgingen, wie es sein sollte.«
    »Ah ja, der Frühkapitalismus.«
    Camerons Stirn zeigte Falten des Unwillens. »Wie können Sie so etwas nur sagen?«
    »Das hat die Geschichte gezeigt, Mr. Cameron. Die Clanchefs waren die Herrscher im Land. Sie hielten sich Leibeigene, um sie schlechter zu behandeln als Ratten. Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, weshalb so viele Schotten und Iren in die Staaten ausgewandert sind? Weil sie hier ihres Lebens nicht mehr sicher waren und härteste Fronarbeit verrichten mußten. Das ist eine Tatsache.«
    »Die Sie mir aber nicht unterstellen wollen.«
    »Nein, nicht Ihnen persönlich. Oder haben Sie damals schon gelebt, Mr. Cameron?«
    »Gott bewahre.« Er wechselte das Thema, als er in das Dunkel wies.
    »Da unten gibt es zwar Licht, aber nicht an allen Stellen.«
    »Über der Treppe denn?«
    »Ja.«
    »Dann ist ja alles klar.«
    »Eines noch«, sagte Cameron, bevor er das Licht einschaltete. »Ich hoffe, Sie werden später anders über mich denken, wenn Sie gesehen haben, was ich Ihnen zeigen will.«
    »Sicher. Mein Chef sprach davon, daß Sie einen besonderen Gefangenen hier unten beherbergen.«
    »Das kann man wohl sagen.« Er nickte heftig. »Sie werden sich wundern, wenn Sie ihn sehen.«
    »Darf ich Sie dann bitten vorzugehen? Schließlich sind Sie hier der Hausherr.«
    Er brummte etwas, schaltete das Licht ein, dessen gelber Schein von verschiedenen Lampen abgegeben wurde und seinen größten Teil über die gewölbeartige Decke hinwegschickte, mit der dieser jenseits der Treppe liegende unterirdische Raum bestückt war. Er war wirklich sehr hoch, und ich konnte mich nur darüber wundern.
    Duncan Cameron ging mit schweren Schritten vor. Ich folgte ihm und überlegte dabei, welch ein Mensch da vor mir herging. Er war jedenfalls stockkonservativ und nicht gut auf die Engländer zu sprechen, wie fast alle Schotten. Mich sah er übrigens als einen Landsmann an – und er besaß eine große Macht. Noch immer, denn das Geschlecht der Camerons hatte einiges in Schottland zu sagen. Noch immer gehörten dem Clan Ländereien und Whiskybrennereien. Die Familie war sehr verzweigt, und der alte Cameron hatte zudem dafür gesorgt, daß seine Verwandten auch an den Schaltstellen der Politik und der Wirtschaft saßen, so daß er bestimmte Fäden ziehen konnte. Sein Einfluß reichte bis hinunter nach London, zu einem gewissen Sir James, der mich auf die Reise nach Schottland geschickt hatte. Hoch in den Norden, nicht weit von der Küste entfernt, wo die Sommer nie so richtig heiß wurden, was mich überhaupt nicht störte.
    Vom Alter her war Duncan Cameron schlecht zu schätzen. Er konnte sechzig, aber auch schon siebzig Jahre alt sein. Wahrscheinlich lag sein wahres Alter irgendwo dazwischen.
    Er war ein kerniger Typ. Das schüttere, rötlichblonde Haar trug er gescheitelt. Auf der breiten Seite hatte er es nach hinten gekämmt.
    Wenn einer wie er sich in die südliche Sonne legte, wurde er regelrecht gebraten, denn seine Haut war ziemlich hell und von zahlreichen Sommersprossen bedeckt.
    Er trug den Kilt und die dazu passenden Kniestrümpfe sowie geschnürte Schuhe. Alles perfekt, nur über die helle Haut der Beine mußte ich ein wenig grinsen. Ein Jackett hatte er ebenfalls übergestreift. Zum grasgrünen Stoff trug er ein grün und weiß gestreiftes Hemd und eine exakt gebundene Streifenkrawatte. Wer sein Gesicht beschreiben wollte, der kam um den Vergleich mit einem Felsen nicht herum, der zwar bearbeitet, aber nicht geschliffen worden war. Der Mund war breit, das Kinn eckig. Unter der dünnen Haut zeichneten sich die Wangenknochen ab, und die Nase wirkte ebenfalls wie ein Kanten. Dafür sahen seine Augen aus wie Kieselsteine, die bläulich schimmerten.
    Duncan Cameron lief
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