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Der Tod des Maerchenprinzen

Der Tod des Maerchenprinzen

Titel: Der Tod des Maerchenprinzen
Autoren: Svende Merian
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nicht nur bumsen wollten. Aber sie kommen sich nicht so gedemütigt und «nuttig» vor wie Frauen, wenn sie abgewiesen werden.
    Deshalb konnte ich mich dann leichter dazu durchringen, den Typen das zu sagen, wenn ich mich in sie verliebt hatte, als sie nonverbal anzumachen. In so einem vertraulichen Gespräch eine Absage zu bekommen ist lange nicht so demütigend. Das erste Mal war’s noch ganz schön schwer. Obwohl ich die Möglichkeit schon lange mal ins Auge gefaßt hatte. Als wir in der neunten Klasse waren, also so fünfzehn ungefähr, hat mal ’ne Deutschlehrerin eine Werbung für so ’ne Deo-Seife durchgenommen. Es war eine Comic-Werbung mit lauter Bildchen. Auf dem ersten steht «sie» im Geschäft und überlegt, warum Edgar sie wohl nicht liebt. Er ist ihr Chef. Auf dem zweiten Bildchen schüttet sie ihr Herz ihrer Freundin aus, die ihr ganz im Vertrauen sagt, daß sie Körpergeruch hat und sich doch mal mit Rexona waschen soll. Sie wäscht sich also mit Rexona, und noch am selben Tag lädt Edgar sie zum Essen ein. Jetzt ist er endlich auf sie aufmerksam geworden, weil sie nun nach Rexona stinkt.
    Unsere Deutschlehrerin fragt uns, was sie denn sonst noch für Möglichkeiten gehabt hätte, ihn auf sich aufmerksam zu machen. Wir überlegen... eine Klasse von dreißig fünfzehnjährigen Mädchen überlegt. Uns fällt nichts ein... Sich vielleicht besonders hübsch anziehen oder so. Mal ’ne neue Frisur... nein? ... Auch nicht richtig?
    «Na, sie hätte ihm doch sagen können, daß sie ihn liebt», meint unsere Deutschlehrerin endlich ganz verzweifelt. Dreißig fünfzehnjährigen Mädchen fällt der Kinnladen herunter... Ach ja... hätte sie ja auch... da wären wir gar nicht drauf gekommen.

    Eine Deutschstunde, die in meinem Gedächtnis haftet wie keine andere. Manchmal ist Schule doch zu was nütze.
    Beim erstenmal war’s ganz schön schwer, diese Erkenntnis in die Tat umzusetzen. Meine ganze Frauengruppe mußte mir wirklich ganz autoritär das Lernziel stecken. Gab mir eine Woche Zeit. «Du sagst es ihm! Und nächste Woche wollen wir den Bericht hören!» Ohne diesen Druck hätte ich es bestimmt wieder nicht gemacht. Einen Tag später kommt «er» nach ’m Termin mit zu mir nach Hause. Hab ihm nur gesagt, daß ich ihn um ein «vertrauliches» Gespräch bitte. Stelle mich tapsig an. Ungeschickt und plump. Endlich ist es raus. Habe lange dafür gebraucht. Genauso lange braucht er, um mir rüberzubringen, daß er schwul ist. Wir unterhalten uns noch sehr dufte. Ich lerne ihn ein bißchen besser kennen, finde ihn noch viel netter als vorher und verknalle mich noch doller in ihn. Aber es ist alles gar nicht schlimm. Zwar schade, aber nicht irgendwie erniedrigend. Wenn ich den jetzt so angemacht hätte, hätte ich es viel schlimmer gefunden.
    Ich frage ihn, wie ich war. Daß es das erste Mal ist, daß ich so was mache. Dafür war es schon ganz gut, meint er.

    Ab jetzt mache ich es immer so. Habe Mut, weil es gar nicht schlimm war. Finde das viel befreiender, als immer nicht zu wissen, ob «er» nicht vielleicht doch auch in mich verknallt ist. Meistens ist das natürlich nicht der Fall. Die Typen sagen mir immer freundlich, aber bestimmt, daß sie nicht wollen. Nur einer ist mal drauf reingefallen.
    Aber ich finde es toll, daß ich das jetzt immer packe. Habe zwar jedesmal Herzklopfen und Angst, daß ich wieder ’n Korb kriege. Aber ich habe keine Angst mehr, mich daneben zu benehmen. Keine Angst mehr, mich blöde anzustellen. Ich finde das ganz normal. Finde allmählich, daß da gar nichts zugehört. Andere Frauen bewundern mich. «Ich könnte das nicht.» Ich bewundere mich gar nicht. Ich möchte endlich mal den Mund halten können und je-mannden, in den ich verknallt bin, einfach so in den Arm nehmen können. Da gehört viel mehr Mut zu, finde ich.
    Der zweite Typ, bei dem ich es so mache, sagt mir drei Jahre später, daß er eigentlich doch gewollt hätte und sich nur nicht getraut hat. Ich hätte mit ihm Zusammensein können, wenn ich den ersten körperlichen Schritt gemacht hätte! Obwohl er «nein» gesagt hat... Da verstehe einer die Männer. Wenn Männer «nein» sagen, meinen sie «ja». Und ich habe immer gedacht: Ein Mann. Ein Wort!

    Das weiß der junge Mann neben mir natürlich alles nicht, aber irgendwie ist es rübergekommen, daß ich Männer nicht einfach anmachen kann. Das hat er verstanden. Das reicht mir. Mehr will ich ihm jetzt auch nicht erklären. Sonst könnte er ja denken, ich will
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