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Der Teufel vom Waiga-See

Der Teufel vom Waiga-See

Titel: Der Teufel vom Waiga-See
Autoren: Stefan Wolf
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Abfallkorb geworfen. Im Hauptbahnhof.“
    Der Portier starrte auf den
Schlüssel.
    „Äh, Frau Scheidlitz hat Zimmer
406.“
    Nach drei Sekunden Stille sagte
Gaby: „Oh! Tim! Das finde ich nicht gut.“
    „Moment mal!“ Tim klopfte auf
den Schlüssel. „Wie kommt dieser abreisende Mensch in den Besitz des
Schlüssels?“
    „Abgereist... nein. Seit vorgestern
ist 406 leer — gewesen. Ihre Tante kam gestern abend an.“
    Er griff zum Telefon, wählte,
horchte und lächelte nicht mehr. Nach einer Weile legte er auf.
    Tim grapschte sich den
Schlüssel.
    „Wir sehen nach.“
    „Ihre Tante könnte... Nein,
ausgegangen ist sie nicht. Ich... möchte mich auch überzeugen.“
    Die drei Fahrstühle befanden
sich im Hintergrund der Halle.
    Tim ließ Gaby den Vortritt.
    Sie hatte lässige Klamotten an
in den Farben Türkis und Senf. Der breite, erdbeerfarbene Gürtel war ein Blickfang.
Tim fand alles an ihr toll.
    Daß sie jetzt zweimal gegen
ihren goldblonden Pony pustete, verriet Aufregung.
    „Es gibt verschiedene
Erklärungen“, sagte Tim, „wir wollen nicht gleich Schlimmes befürchten. Obwohl
man damit meistens richtig liegt. Das sagt der Optimist (zuversichtlicher
Mensch) in mir.“
    War der Lift langsam!
    Im zweiten Stock stieg eine
schöne, blonde Frau zu. Sie seufzte gequält, weil es nicht gleich zur Halle,
sondern erst noch aufwärts ging.
    Vierter Stock!
    406 lag — hofseitig — gleich
hinter der ersten Biegung des Flurs.
    Tim klingelte.
    Hinter der Tür schnarrte es
dezent. Aber niemand kam, niemand öffnete.
    Tim schloß auf.
    Durch den Vorraum mit den
Wandschränken konnte man in das eigentliche Zimmer sehen.
    Das Bett war gemacht und mit der
Tagesdecke versehen.
    Zwischen Tisch und Doppelbett
ragten seiden-bestrumpfte Beine hervor. Die Füße hatten die lackledernen Pumps
verloren und waren — aneinander gefesselt.
    Tim hörte ein leises Stöhnen.
    Dann kniete er auch schon neben
der gefesselten und geknebelten Freundin seiner Mutter.

3. Ein Ganove hat zugeschlagen
     
    Der Portier war entsetzt, der
Direktor verzweifelt. Der Hotelarzt behielt glücklicherweise die Nerven.
    Am ruhigsten, stellte Tim fest,
war Isabella Scheidlitz.
    Sie trank das zweite Glas Sekt,
lehnte das angebotene Beruhigungsmittel ab und hatte sich schon mehrmals im
Spiegel gemustert — ob sie etwa schrecklich aussehe.
    Sah sie nicht! Jedenfalls war
sie nicht so entsetzensbleich wie die Hotelmenschen: eine 40jährige mit braunen
Augen im schmalen Gesicht. Sie war zierlich, aber flink wie ein junger Terrier.
    Im Zimmer herrschte Unordnung.
Der Räuber hatte alles durch wühlt.
    „Ausgerechnet mir passiert
das“, sagte Isa zu dem jungen Pärchen. „Wo ich mich doch für gewitzt halte. Die
Diebe werden immer dreister.“
    Tim ging umher. Er hatte
telefoniert.
    „Gabys Vater ist gleich hier,
Tante Isa. Persönlich! Das läßt er sich nicht nehmen. Im weitesten Sinne
betrifft es die Familie. Willst du gleich erzählen, oder erst wenn Herr Glockner
da ist?“
    Isa nahm ihr Glas mit, als sie
in die aufgerissenen Schubläden blickte.
    „Alles weg, Tim. Der ganze
Schmuck. Geld. Die Scheckkarten. Sogar... ja, auch deine Uhr hat er
mitgenommen.“
    „Was? Die auch?“ Tim merkte
sofort, daß er zu laut war. Und setzte hinzu: „Naja, kein Verlust im Vergleich
zu deinem Schmuck. Aber es ist ein Geschenk von Mutti. Wenn ich den Typ
erwische... Oh, hätte ich das vorhin schon gewußt!“
    Der Arzt fühlte sich
überflüssig und ging.
    Isa wandte sich an Portier und
Direktor. Die beiden standen auf der Schwelle zum Vorraum — wie auf der Flucht.
    „Vorhin“, sagte Isa, „ich habe
nicht auf die Uhr gesehen. Nur für einen Moment habe ich das Zimmer
offengelassen. Ich meinte, ich hätte das Zimmermädchen hinten auf dem Flur
gehört. Ich wollte ihr sagen, daß ich einen Bademantel brauche. Das
Zimmermädchen habe ich nicht gefunden. Aber als ich zurückkam, stand der Kerl
bereits hinter der Tür. Gesehen habe ich ihn nicht. Überhaupt nicht.
Hinterrücks wurde ich gepackt. Bevor ich schreien konnte, hat er mir einen
stinkigen Lappen — sicherlich ein Betäubungsmittel — aufs Gesicht gedrückt. Zum
Erbrechen übel war mir. Sofort. Dann bin ich weggetreten. Aus. Schwarzer
Vorhang. Als ich aufwachte, war mir immer noch schlecht. Ich lag dort — so wie ich
gefunden wurde. Ich hörte den Kerl. Er hustete. Heiser klang’s. Er war im
Vorraum, stöberte im Wandschrank und durchsuchte die Koffer. Dann wurde die Tür
von außen
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