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Der Teufel vom Waiga-See

Der Teufel vom Waiga-See

Titel: Der Teufel vom Waiga-See
Autoren: Stefan Wolf
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da.“
    Jetzt war Kommissar Glockner in
seinem Büro.
    Er behandelte Thea sehr
freundlich, berührte ihr Fortlaufen zunächst mit keinem Wort.
    „Worum es geht, weißt du ja
schon. Der Mann, der den Schlüssel wegwarf, ist aller Wahrscheinlichkeit nach
der Täter. Du kannst ihn beschreiben. Wir werden nachher die Vorstrafenkartei
durchgehen. Vielleicht erkennst du ihn wieder auf einem der Fotos. Wenn das
nicht funktioniert, werden wir nach deinen Angaben ein Phantombild herstellen.“
    Thea nickte.
    Ich täusche mich doch nicht,
dachte Tim. Seit wir hier im Büro sind, ist eine Veränderung mit ihr vor sich
gegangen. Sie wirkt befangen, unsicher, sogar ein bißchen unaufrichtig — als
verschweige sie was.
    Er beobachtete Thea.
    Offensichtlich gab sie sich
Mühe, den Täter zu beschreiben.
    Die Erscheinung des
Verdächtigen stimmte mit Tims Wahrnehmung überein: etwa 180 Zentimeter groß,
eher mehr, schlank, elegant.
    „Er hat helle, eisige Augen“,
erklärte sie. „Ist dunkelhaarig. Langes Haar, glatt gekämmt, wie mit
Frisiercreme. Im Gesicht sieht er gut aus. Man vermutet irgendwie, daß er
gesunde Zähne hat und sportlich ist. Er hat ein Grübchen im Kinn, die Nase ist
schmal und etwas gebogen. Ach so, daß seine Ohrläppchen angewachsen sind, ist
mir aufgefallen.“
    „Ist doch eine Menge“, lobte
Glockner.
    Er bemühte den
Vorstrafen-Computer.
    Der Datenspeicher traf eine Vorauswahl
aufgrund der eingegebenen Merkmale. Und so blieben nur ungefähr 100
Vorbestrafte übrig, deren Fotos Thea sich anschauen mußte.
    Etwa der 40. war’s.
    „Der?“ fragte Glockner nach.
„Du bist dir ganz sicher?“
    „Ganz sicher“, nickte Thea.

    Gabys Vater tippte auf der
Tastatur, und der Bildschirm brachte Wissenswertes über den Ganoven hervor.
    Glockner las ab.
    „Poldgar Prüffe, geboren 1950
in Wien, österreichischer Staatsbürger, vorbestraft wegen Betrugs, schwerer
Körperverletzung, Autodiebstahls im großen Stil und Raubüberfalls. Saß zuletzt
hier in unserem Bundesland hinter Gittern, ist aber ausgebrochen am 2. Mai.
Seitdem flüchtig. Na, also.“
    „Schwerer Junge“, meinte Tim.
    Ihm entging nicht, wie Thea
sich verfärbt hatte. Sie senkte den Kopf. Ihr Blick irrte umher.
    „Nach Prüffe wird also schon
gefahndet“, meinte Glockner. „Trotzdem konnte er sich ins Grand-Hotel
einschleichen. Daß er noch hier in der Stadt ist, glaube ich nicht. Er wird
versuchen, über die Grenze nach Österreich zu kommen. Wien ist seine Stadt. Von
dort hat er gestohlene Luxus-Autos in den Nahen Osten verschoben.“
    „Meine schöne Uhr“, murmelte
Tim. „Und — natürlich! — Tante Isas Schmuck. Wahrscheinlich können wir das
vergessen.“

5. Versteckt im Blockhaus
     
    Der Landsitz der Familie von
Durstilitsch war eine Mischung aus Gutshaus und Schloß. Das Herrenhaus stammte
aus dem
    18. Jahrhundert — jedenfalls
hatte einer der früheren Grafen damals die Grundmauern errichten lassen.
    Während der folgenden 200 Jahre
wurde immer wieder an- und umgebaut, renoviert, modernisiert, repariert.
    Jetzt, gegen Ende des zweiten
Jahrtausends nach christlicher Zeitrechnung, stand da ein scheußlich protziges
Gebäude inmitten grüner Landschaft und nur zehn Geh-Minuten von Goschendorf,
dem schönsten Dorf am Waiga-See, entfernt.
    Der protzige Landsitz besaß 38
Zimmer, die natürlich nicht alle bewohnt wurden. Denn die Familie bestand nur
aus drei Häuptern sowie dem Neffen des Hausherren, dem 19jährigen Oldo von
Durstilitsch, der zwar blendend aussah, es aber als Fiesling mit jedem
Höllenbraten aufnehmen konnte.
    Außer diesem Quartett gab es
Personal im Hause.
    Das Herrenhaus — wie man es
schlicht nannte — hatte Nebengebäude: die Remise, das Dienstboten-Haus, zwei
Doppelgaragen, eine — etwas entfernt stehende — Scheune.
    Von allen vorderen Fenstern
konnte man den Waiga-See sehen. Auf dem Kilometer bis dorthin buckelte sich
kein Hügel. Die Landschaft war flach. Die Berge standen weiter hinten, dort
aber besonders hoch. Daß der See riesig war, konnte man jeder Landkarte
entnehmen.
    Unmittelbare Nachbarn hatten
die Durstilitsches nicht — sah man ab von Dagobert Schelldorn, dem alten
Bauern, den alle Welt Fetzenschädel ( Blödmann ) nannte, freilich nicht
ins Gesicht. Aber auch Schelldorn wohnte außerhalb der Sichtweite.
    Bis nach Weinfurth, der
Kreisstadt, fuhr man nur eine Viertelstunde mit dem Wagen, Landhäuser und
kleine Gehöfte verteilten sich ringsum in der Gegend. Unten am Waiga-See
gehörte
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